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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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Entermesser. »Hast du schon einen Posten, Perse?«
    »Mr Landry hat mich als Pulveraffe eingeteilt«, erwiderte der Junge in seinem weichen irischen Akzent, »obwohl ich schon fast so stark wie die Männer an den Kanonen bin.«
    »Wir gehen alle ohne zu protestieren auf die uns zugewiesenen Positionen.«
    »Ich wollte ja gar nicht protestieren, Mr Hayden - zumindest nicht sehr.« Der Junge verbeugte sich kurz und huschte davon.
    Hayden zog sein Entermesser aus der Scheide und war zufrieden, als er sah, dass die Klinge sauber glänzte.
    »Cultellus«, sagte Hawthorne, der zwei Schritte neben Hayden stand.
    »Wie bitte?«
    »Das war Latein, Sir. Cultellus, so nannten die Römer das Entermesser.«
    Hayden lächelte. »Ihre Gelehrtheit ist immer wieder eine Quelle der Inspiration, Mr Hawthorne.«
    Der Leutnant der Seesoldaten lachte, wie auch Hayden.
    »Ich hoffe, ich kann diesem arroganten Mr William Stuckey mein Cultellus in den Leib rammen. Sind Ihre Seesoldaten bereit?«
    »Bereit, Kapitän.« Hawthorne suchte Haydens Blick. »Ich muss Ihnen sagen, Mr Hayden, es freut mich wirklich, Sie mit Kapitän anreden zu können.«
    »Ich bin nur Prisen-Kapitän, Mr Hawthorne, und bei meinen Karriereaussichten werden Sie mich gewiss bald wieder mit Leutnant anreden können.«
    »Kapitän Hayden, Sir?«, sagte Dryden vom Steuerrad aus. »Wir werden bald längsseits kommen, Sir.«
    Hayden schaute nach vorn und sah, wie sich die beiden Schiffe aufeinander zu bewegten. Obwohl das präzise Feuer von Bournes Geschützbedienung die Heckkanonen der Themis zum Schweigen gebracht hatte, begann nun der Beschuss durch Musketen. Hawthornes Seesoldaten erwiderten das Feuer von den Marsplattformen und vom Vorderdeck.
    »Passen Sie auf, Mr Dryden. Nicht mit unserem Klüverbaum am Heck oder an den Besanwanten hängen bleiben.«
    »Baldwin gibt Bescheid, wenn ich zu dicht herankomme, Kapitän.«
    Hayden wandte sich an den Leutnant der Seesoldaten. »Holen Sie bitte Monsieur Marin-Marie an Deck, Mr Hawthorne.«

K APITEL ZWEIUNDZWANZIG
    Im letzten Moment sprang Baldwin auf das Geschütz und gab mit einem Hemd Zeichen in Drydens Richtung, der daraufhin das Steuerrad herumriss. Langsam schwenkte das Schiff auf den neuen Kurs. Hayden konnte die Meuterer sehen. Bewaffnet und mit bloßem Oberkörper standen sie an der Reling und schauten mit einer Mischung aus Zorn und gespannter Erregung herüber. Die zweite französische Fregatte, die La Rochelle, stellte das Feuer ein, da sie nicht das vermeintlich eigene Schiff zu treffen beabsichtigte. Dennoch nahm sie nun schnell eine Position ein, von wo aus sie eine volle Breitseite auf die Themis abfeuern könnte, und das mussten auch die Meuterer befürchten.
    »Jetzt, Monsieur Marin-Marie«, sagte Hayden zu dem Gefangenen, »sprechen Sie mir jedes Wort genau nach. Und keine Tricks, denn sonst wird Mr MacPherson hier gezwungen sein, Ihnen die Klinge zwischen die Rippen zu stoßen. Haben Sie das verstanden?«
    Der Franzose nickte.
    Hayden wandte sich an die anderen. »Kein Wort in Englisch. Und, Mr Stock, treten Sie bitte hinter die Geschützbedienung, damit niemand Sie erkennt.« Hayden stellte sich hinter Marin-Marie und die Kanoniere der Tenacious.
    »Ihnen ist aber bewusst, dass wir beide die Uniform eines Capitaine tragen?«, merkte der Franzose leise an.
    »Diese Schurken würden den Unterschied nie merken. Mr Baldwin, können Sie mit Ihrem Geschütz auf die Karronade zielen?«
    Der Mann salutierte und hielt sich an die Anweisung, kein Wort Englisch zu sprechen. Mit seiner Handspake hob er den Lafettenschlitten an und schob das Geschütz mithilfe seiner Leute so weit nach rechts wie möglich. Die Kanone zielte nicht genau auf die Karronade, aber jetzt waren sie dem feindlichen Geschütz zumindest nicht hilflos ausgeliefert. Hayden sah nur wenige Männer an Deck der Themis. Die Übrigen hielten sich gewiss im unteren Kanonendeck an den großen Geschützen auf.
    Hayden legte eine Hand auf Marin-Maries Schulter. »Jetzt, so laut Sie können. ›Übergeben Sie uns Ihr Schiff. Wir wissen, dass Sie weniger als die halbe Mannschaft haben. Streichen Sie die Flagge, oder wir entern.‹«
    Der Franzose spielte seine Rolle erstaunlich gut. Sein Tonfall war bestimmt und mutig. Die Worte verfehlten ihre Wirkung offenbar nicht, denn an Bord der Meuterer kam es zu heftigen Wortwechseln.
    Schließlich löste sich einer der Männer - Jarvis - von der Gruppe und trat an die Reling. »Wir sind englische Meuterer!«, rief

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