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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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muss schwindelig geworden sein.«
    »Ist wohl schwermütig«, wisperte einer aus der Mannschaft, und die Männer lachten.
    »Nun, der kommt gleich wieder zu sich, nehme ich an«, sagte Griffiths. Im selben Moment rührte sich der junge Mann und öffnete ein Auge halb. »Na also, Giles. Alles noch heil, wie ich sehe. Nichts gebrochen, keine durchtrennten Arterien, nicht einmal eine kleine Quetschung. Ich denke, du wirst es überleben. Nein, noch nicht hinsetzen, Junge. Bleib noch einen Augenblick so liegen, bis sich dein Kreislauf wieder stabilisiert hat.« Griffiths schaute auf zu Hayden und nickte. »Der ist gleich wieder auf den Beinen. Hat dem Deck einen hässlichen Aufprall erspart.«
    Hayden entfernte sich, gefolgt von Wickham, als ein Diener rief, die Mittagsmahlzeit sei fertig.
    »Was für ein Glück, dass er sich noch retten konnte«, meinte Hayden, als sie den Niedergang erreichten. »Sie kennen den Burschen also?«
    Wickham nickte. »Ja, Sir. Wir sind gleich alt, nur drei Tage auseinander.«
    Hayden wirkte überrascht.
    »Er ist sehr groß für sein Alter, nicht wahr?«, stellte Wickham fest.
    »Nicht nur für sein Alter, möchte ich behaupten.«
    Wickham blickte sich verstohlen um, beugte sich dann zu Hayden herüber und senkte die Stimme. »Haben Sie mitbekommen, dass die Männer untereinander flüsterten, Giles sei gar nicht gestürzt, Sir?«
    »Wie meinen Sie das, er sei nicht gestürzt? Wir haben ihn doch von dort oben fallen sehen ...« Erst da begriff er, worauf der junge Lord anspielte. »Die Männer glauben, es war gar kein Unfall?«
    »So habe ich es verstanden, Sir.«
    Hayden presste sich erschrocken die flache Hand gegen die Stirn. »Hat denn irgendjemand mitbekommen, was passiert ist? Hat etwa einer gesehen, dass der Junge geschubst wurde?«
    »Ich weiß es nicht, Sir.«
    »Schicken Sie den jungen Giles zu mir nach unten.«
    Kurz darauf ging Giles über den Niedergang unter Deck und traf Hayden vor der Offiziersmesse. Da Hayden nicht der Kommandant war, verfügte er nicht über eine geräumige Kajüte, in der man sich ungestört hätte unterhalten können. Daher nahm er den jungen Mann mit zum Orlopdeck und ging weiter zum Lazarett - zu dieser Tageszeit fand man keinen ruhigeren Ort. Auf Giles' großem Gesicht zeichnete sich so etwas wie Unsicherheit ab. Hayden fragte sich, ob das nur an dem jugendlichen Alter des Toppgasten lag oder auch dem Umstand geschuldet war, dass Giles von einem ranghohen Offizier vorgeladen wurde.
    »Fühlst du dich besser, Giles? Nichts gebrochen?«
    »Mir geht es wieder gut, Mr Hayden.«
    Hayden heftete seinen Blick auf den jungen Burschen und versuchte, Giles' eher ausdruckslose Miene zu deuten. »Sag mir die Wahrheit, Giles, bist du vom Besanmast gefallen, oder wurdest du gestoßen?«
    Hayden entging nicht, dass sich Giles' Augen für einen kurzen Moment vor Schreck weiteten. »Gestoßen, Sir? Warum, Mr Hayden ...«, fuhr er unsicher fort und verstummte schließlich. Dann setzte er leise hinzu: »Ich habe das Gleichgewicht verloren und bin gestürzt, Sir. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«
    »Bist du sicher?«
    »Ja, Sir.«
    Hayden musterte den Burschen eindringlich, doch da senkte Giles den Blick. »Wer war vorhin mit dir oben im Besanmast? Ich konnte das nicht sehen.«
    »Weiß ich gar nicht mehr so genau. Cole, glaube ich. Und dieser Holländer van Da ...« Er brach den Satz ab und erklärte dann: »Die anderen nennen ihn den Dämon, Sir, aber ich kenne seinen richtigen Namen nicht. Oh, und Smithers, aber der war da schon weiter oben.«
    »Und keiner hat dich gestoßen oder ist in irgendeiner Weise gegen dich geprallt?«
    »Nein, Sir. Ich habe einfach nur den Halt verloren, mehr nicht.«
    »Nun gut, du kannst gehen.«
    Hayden ging hinter dem Burschen die Treppe hinauf und traf vor den Unterkünften der Midshipmen auf Wickham, der schon auf ihn wartete. Der junge Lord schaute Giles nach, als dieser zum Kanonendeck stieg. Seine Schritte auf den Planken verhallten.
    »Giles beteuert, dass es ein Unfall war«, erzählte Hayden, als er die neugierige Miene des jungen Midshipman sah. »Aber ich bin nicht davon überzeugt, dass er mir auch die Wahrheit gesagt hat. Kennen Sie Cole und einen Holländer, den alle den Dämon nennen ...?«
    »Van Damon, Sir.«
    »... und einen Smithers?«
    »Harry Smithers, Sir. Den kenne ich, Mr Hayden. Er ist ein bisschen langsam im Denken, aber eine gute Seele. Van Damon und Cole kamen an Bord von der Hunter, als sie ausgemustert wurde.

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