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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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Besanmast hob sich ein paar Zoll.
    »Aufpassen!«, rief Hayden.
    Als der Mast ein wenig weiter angehoben wurde, schwenkte er plötzlich stark von einer Seite auf die andere.
    Die Männer am Gangspill drückten weiter gegen die Spaken und gingen im Kreis um die aufrecht stehende Winde, bis der Besanmast fast senkrecht stand. Das Halteseil, das durch einen Block an einem der Flaschenzüge verlief, wurde nun angezogen. Es war am Mast unter der Mastbacke befestigt worden, und dadurch zeigte der Mast fast senkrecht nach oben. Hayden und einige der größeren Männer drückten mit den Schultern dagegen, und mithilfe einer Talje gelang es den Männern, den Fuß des Masts über die Öffnung zu hieven, in der der Mast im Deck verankert wurde. Langsam ließ man das große Rundholz nach unten. Erst wollte es nicht sauber durch das untere Deck passen, doch nach einigem Manövrieren und Ziehen saß der Mast genau in der Halterung.
    »Er sitzt, Mr Hayden!«, rief jemand von unten.
    »Gut gemacht!«, sagte Hayden zu den Leuten an Deck und den Matrosen am Gangspill. »Wir sollten die Wanten aufspannen, Mr Franks«, ordnete Hayden an. »Vielleicht kann Aldrich Ihnen helfen.« Er war sich sicher, dass Aldrich bald den Job haben würde, falls Franks nicht im Weg stand, aber Franks überraschte ihn. Der Mann hatte sich bislang als nicht allzu geschickt erwiesen, zeigte sich aber nun lernbegierig, was ihm nicht unangenehm zu sein schien, obwohl manch anderer in seiner Position sein Unvermögen kaschiert hätte, um sich an Bord durchzumogeln. Dadurch stieg Mr Franks wieder in Haydens Ansehen. Bei einem Matrosen, der bereit war, etwas zu lernen, war noch nicht alles verloren.
    Dem widerspenstigen Stuckey bürdete er noch einen Tag mit erniedrigenden Arbeiten auf und ließ ihn nach wie vor vom Maat des Bootsmanns kontrollieren. Hayden wusste, dass ein solches Manöver auch nach hinten losgehen konnte, wenn die Mannschaft sich auf die Seite des Missetäters schlug. Aber wie es aussah, hatten nur wenige Mitleid mit Stuckey. Allerdings hatte auch niemand den Mut, den großen Mann zu verspotten, eine Tatsache, die Hayden sich merkte.
    Die Wanten wurden gespannt, und die Toppgasten kletterten hinauf. Hayden beaufsichtigte gerade eine Arbeit, als er aus den Augenwinkeln sah, wie etwas Großes von oben herunterfiel. Ein Matrose hatte den Halt verloren, bekam noch ein Tau in den Wanten zu fassen, rutschte aber ab, griff dann erneut in das noch schlaffe Tauwerk und rutschte daran nach unten. Auf den letzten dreißig Fuß verbrannte er sich die Hände und landete mit einem dumpfen Aufprall auf dem Deck. Der junge Mann rappelte sich wieder auf und lehnte erschrocken an der Reling. Wickham trat zu ihm.
    »Hast du dich verletzt, Giles?«, fragte der junge Adlige.
    Der Bursche schüttelte den Kopf und war noch ganz außer Atem. »Nein, Sir«, wisperte er. »Bitte um Entschuldigung. Bin gleich wieder okay, Sir.«
    Hayden überquerte das Deck und sah, dass der junge Mann, der immer noch am ganzen Leib zitterte, gut einen halben Kopf größer als er war und breitere Schultern hatte. »Giles? Ist das dein Name?«, fragte Hayden.
    »Aye, Sir«, antwortete der Junge. Er war ganz bleich im Gesicht.
    »Setz dich an Deck und nimm den Kopf zwischen die Knie. Jemand soll dem Jungen hier etwas Wasser bringen.«
    Giles glitt an der Bordwand zu Boden, fasste sich mit beiden Händen in den Nacken und stützte sich mit den Ellbogen auf den angewinkelten Knien ab. »Tut mir leid, Sir«, flüsterte er kaum hörbar.
    »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen«, sagte Hayden. »Du hast einen ganz schönen Schrecken durchlebt.«
    »Wenn ich die Wanten nicht zu fassen bekommen hätte ...«
    Hayden ging neben dem Burschen in die Hocke und versuchte, einen Blick vom Gesicht des jungen Matrosen zu erhaschen. Der Bursche schwankte zu einer Seite und wäre umgefallen, wenn Hayden und Wickham ihn nicht gestützt hätten. Da er bewusstlos war, legte Hayden ihn vorsichtig aufs Deck. Schließlich kam der Schiffsarzt dazu, da Mr Archer ihn gerufen hatte.
    Griffiths beugte sich über den jungen Mann und fühlte den Pulsschlag am Hals. »Was ist passiert?«, erkundigte er sich.
    »Er fiel aus dem Besanmast«, berichtete Hayden, »doch er konnte sich an den Wanten festhalten. Sonst hätte er sich wohl übel verletzt.«
    »Er ist also nicht aufs Deck gestürzt?«, fragte der Doktor nach.
    »Nein, er rutschte an einer Want nach unten«, sagte Wickham, »aber dann wurde er ganz blass. Ihm

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