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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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Anstalten, sie einzusetzen. Vorbereitungen für die Seereise waren nicht getroffen worden, obwohl Kapitän Hart den Befehl erteilt hatte, dass das Schiff bei seiner Rückkehr abfahrbereit sein müsse. Stattdessen war das Schiff von Frauen zwielichtiger Herkunft bevölkert, und die Offiziere hatten die Situation nicht im Griff. Während der Abwesenheit des Kommandanten habe ich das Kommando übernommen und wieder für Ordnung gesorgt. Wir sind gegenwärtig dabei, uns mit allem Nötigen einzudecken.
Seit meiner Ankunft beunruhigt mich jedoch am meisten, dass die Offiziere und Deckoffiziere der Ansicht sind, der Mann namens McBride sei fälschlicherweise des Mordes an einem Matrosen angeklagt worden. Sollte sich das als wahr herausstellen, wäre die Hinrichtung ein furchtbares Fehlurteil.
Ich hoffe, dass es Ihnen gut geht und Ihre Bestrebungen vonstatten gehen.
     
Ich verbleibe, Sir, Ihr ergebener Diener,
Leutnant Charles Hayden.

K APITEL SIEBEN
    In der schwankenden Dunkelheit lag Tom Worth in seiner Hängematte, die in der leichten Dünung im Hafenbecken hin und her pendelte. Der aufdringliche Gestank seiner Kameraden war ihm selten aufgefallen, denn die HMS Themis war von zwei Dutzend anderen faulen Gerüchen durchzogen. Demnach konnte es nicht der Gestank gewesen sein, der ihn geweckt hatte. Dann hörte er das leise, hartnäckige Flüstern. Sie waren wieder bei dem Thema - dieselben verfluchten Argumente.
    »Die werden alle auspeitschen lassen ...«, hörte er die tiefe Stimme von Bill Stuckey. »Zumindest diejenigen, die nicht gehängt werden. Vergesst nicht, dass McBride die Schlinge um den Hals hatte. Wenn ihr diese Bittschrift unterschreibt, stellt ihr euch euer eigenes Todesurteil aus. Das ist die Wahrheit. Ich unterschreibe nicht, so viel steht fest.«
    »Du bist von deinem Kurs abgewichen, Bill«, wisperte jemand anders. »Ich weiß noch genau, dass du den Kommandanten mehr als alle anderen verflucht hast.«
    »Ich bleibe bei dem, was ich gesagt habe. Hart ist ein Feigling, ein Tyrann und taugt nicht zum Kommandanten. Aber weder eine Bittschrift noch eine Weigerung, in See zu stechen, wird dafür sorgen, dass er ersetzt wird. Alle, die das hoffen, täuschen sich. Die Kommissare der Lords lieben ihren blauäugigen Sohn zu sehr. Ob wir nun ausgepeitscht oder gehängt werden, nichts wird uns diesen Hurensohn vom Hals schaffen, aber mein Hass auf ihn nimmt nicht ab.«
    »Und dein Hass auf England«, murmelte einer der Männer.
    »Ich bin ein treuer Engländer wie alle anderen auch, Pierce, aber die englische Art des Regierens geht zu Ende. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Die Amerikaner und die Franzosen sind uns einige Jahre voraus, was das Streben nach Freiheit anbelangt.«
    »Aye, besorgen wir uns eine Regierung nach französischer Art - die Herrschaft des Mobs -, das würde zu uns passen.«
    »Ein paar Wochen werden wir noch ausharren müssen, ehe wir die Freiheit bekommen, die wir verdienen.«
    »Ausharren? Wir haben schon einen Mann mit abgetrenntem Finger verloren, der über Bord ging. Ein anderer wurde gehängt. Und wenn jemand anders als McBride der Mörder gewesen sein soll, dann nennt mir seinen Namen. Jetzt ist Tawney blutig geschlagen worden, und Giles stürzt einfach so vom Besanmast. Ich denke, wir haben genug gelitten und doch keine Freiheit bekommen.«
    »Freiheit erkauft man sich nicht so leicht, Pierce. Die Amerikaner haben eine Erklärung unterzeichnet, nicht eine verdammte Bittschrift.«
    »Wenn wir die Bittschrift nicht unterschreiben oder uns weigern zu segeln, was bleibt uns dann noch übrig, Stuckey? Kannst du uns das sagen? Sollen wir uns täglich von Hart durchprügeln lassen, während er vor jedem Schiff Reißaus nimmt, das eine Sechspfünder-Kanone an Bord hat?«
    »Wache ...«, zischte der Kamerad, der Schmiere stand. Die Männer eilten in ihre Hängematten.
    Letzten Endes traf die Hulk ein und hob mit ihrer Kranvorrichtung den Hauptmast in die Verankerung, woraufhin die Takler noch mehr Arbeit bekamen. Doch Hayden wusste, dass es noch schneller gehen könnte, wenn die Männer erst einmal Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten bekamen. Insbesondere der Bootsmann, der nur darauf gewartet zu haben schien, sein Handwerk zu lernen, aber offenbar nie die Gelegenheit dazu gehabt hatte.
    Da sie noch im Hafen lagen, traf die Post regelmäßig ein, und Hayden war überrascht, eines Tages ein sorgsam verschnürtes Päckchen aus London in Händen zu halten. Als er das

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