Unter Freunden
können, und dennoch kam er zu uns, durchdrungen vom Glauben an den Menschen und an die Zukunft und erfüllt vom glühenden Streben nach Gerechtigkeit. Wieder und wieder«, sagte Joav, »versetzte uns seine Gradlinigkeit und seine Treue zu seinen Idealen in Erstaunen. Er war ein Mann des Geistes und ein Mann der Taten, ein Mann der Prinzipien und der kompromisslosen Arbeit.« Am Schluss lobte Joav unsere Genossin Osnat, die Martin während seiner Krankheit aufopferungsvoll gepflegt habe. Und er schloss seine Rede mit der Hoffnung, dass die Erinnerung an unseren Freund und Genossen Martin weiterhin eine Quelle der Inspiration für uns alle bleiben möge.
Nach den Trauerreden spielte Osnat auf Joavs Bitte am offenen Grab »Spiel, spiel mit den Träumen«, ein Lied, das Martin besonders geliebt hatte. Einige der Trauergäste begleiteten sie mit einem leisen Summen, andere bewegten nur stumm die Lippen.
Zvi Provisor, Nachum Ascherow, Roni Schindlin und andere schaufelten Erde auf den Sarg, und der Sargdeckel hallte hohl, als die Brocken ihn trafen. Roni Schindlin stolperte beim Schaufeln und wäre beinahe der Länge nach hingestürzt. David Dagan hielt ihn fest und half ihm wieder auf die Beine. Osnat dachte über das Wort »kompromisslos« nach, das Joav Karni in der Trauerrede für Martin benutzt hatte und kam zu dem Schluß, dass sie dieses Wort nicht mochte. Sie empfand tiefe Zuneigung allen gegenüber, die zur Beerdigung gekommen waren, eine Zuneigung, von der sie nicht wusste, woher sie rührte, von der sie aber wusste, dass sie sie noch lange begleiten würde. Der Sarg war nun vollständig mit Erde bedeckt. Über dem Grab schwebte noch eine feine Staubwolke.
Roni Schindlin sagte: »Das war’s.« Und fügte noch hinzu: »Schade. Solche Menschen gibt es fast nicht mehr.«
Er sammelte die fünf Schaufeln ein, legte sie auf den kleinen Schubkarren und machte sich auf den Weg. Die Trauergäste folgten ihm in kleinen Grüppchen, jeder kehrte an seine Arbeit zurück. David Dagan erinnerte Mosche daran, dass die nächste Unterrichtsstunde in einer Viertelstunde anfangen würde, und ging. Mosche wartete noch zwei, drei Minuten, dann machte auch er sich auf den Weg. Osnat blieb noch eine Weile, sie standallein am Grab, lauschte dem Gezwitscher der Vögel und dem Rattern eines fernen Traktors, und ihr Herz war ruhig, als wäre dies nicht eine Beerdigung gewesen, sondern ein gutes, erfüllendes Gespräch. Auf einmal empfand sie den Wunsch, ein paar ruhige Worte auf Esperanto zu sagen, aber sie hatte ja noch nichts lernen können und wusste auch nicht, was sie sagen sollte.
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