Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
besorgt, »brandgefährlich. Er hat alles durchschaut.«
»Aber er hat keine Beweise«, wandte Massimo ein, »er redet und redet, und das ist alles.«
»Kostidis braucht keine Beweise«, antwortete Sergio grimmig. »Mit jedem Wort, das er sagt, verunsichert er die Leute, die wir auf unserer Seite haben. Niemand von denen wird sich mehr öffentlich zu uns bekennen, wenn er solche Dinge im Fernsehen von sich gibt. Sie können es sich nicht leisten, weil sie sonst ihre Jobs los sind.«
»Dann lass uns etwas gegen ihn unternehmen!«, rief Massimo heißblütig. »Wieso zeigen wir ihn nicht wegen Verleumdung und übler Nachrede an? Wie kann er so etwas behaupten?«
Sergio warf seinem Sohn einen Blick zu und schüttelte langsam den Kopf.
»Wir müssen tatsächlich etwas gegen ihn unternehmen«, sagte er.
»Aber was willst du tun?«, fragte Nelson. »Ich könnte versuchen, eine einstweilige Verfügung zu erwirken, die es ihm verbietet ...«
»Ach was«, schnitt Sergio ihm das Wort ab, »Kostidis schert sich einen Dreck um einstweilige Verfügungen und Verleumdungsklagen. Er ist besessen davon, im Recht zu sein, und wenn man es ganz genau nimmt, ist er das ja auch.«
»Wir stopfen ihm das Maul!«, sagte Massimo.
»Das ist leider nicht so einfach«, entgegnete Sergio. »Er ist der Bürgermeister dieser Stadt, er hat eine Menge Einfluss und er ist ungeheuer populär. In seinem Fall gibt es nur eine einzige Lösung.«
Es herrschte Totenstille. Jeder der Männer begriff, was Sergio meinte.
»Nein«, Nelson brach das Schweigen und erhob sich, »du kannst nicht den Bürgermeister umbringen.«
»Wer sagt etwas von umbringen?« Sergio starrte düster auf den Fernsehbildschirm. »Ein Unfall, ein tragischer, bedauernswerter Unfall. Ein Menschenleben ist so empfindlich.«
Nelson blickte seinen alten Freund an und erkannte, dass dieser es ernst meinte. Sergio befand sich in einer schwierigen Lage, gesundheitlich schwer angeschlagen und persönlich unter Druck durch den Tod von Cesare und Constanzias heftiger Reaktion. Alte Freunde ließen sich verleugnen, das Kartenhaus sensibler Beziehungen drohte einzustürzen. Dazu kamen die Probleme mit Ortega und am Hafen. Kostidis konnte mit seinen Worten großen Schaden anrichten und die Krise, in der sie sich befanden, hatte eine Dimension angenommen, die zweifellos sofortige Maßnahmen verlangte. Es bedurfte einer geschickten Strategie, um die Worte von Kostidis in der Öffentlichkeit zu entkräften.
»Er muss weg«, sagte Sergio in diesem Augenblick, »je schneller, desto besser.«
»Man sollte nicht sofort an die letzte Möglichkeit denken«, wandte Nelson behutsam ein. »Wir könnten Kostidis einschüchtern, ihm nachdrücklich mitteilen, dass es besser für ihn wäre, wenn er den Mund hält.«
»Einschüchtern?« Sergio lachte und verzog sofort schmerzerfüllt das Gesicht. »Wie willst du wohl diesen Mann einschüchtern? Kostidis fürchtet nicht einmal den Teufel persönlich!«
»Man könnte ihn ... körperlich einschüchtern.«
Sergio schnaubte verächtlich und hielt Luca sein leeres Glas hin, das dieser sofort wieder mit Whisky füllte.
»Er bringt es fertig, sich noch halbtot vor die Kameras zu schleppen, um seine Verdächtigungen herauszuposaunen.« Sergio trank das Glas mit einem Zug leer, nachdem er drei Schmerztabletten eingenommen hatte. »Nein, Nicholas Kostidis versteht keine Drohungen.«
»Aber wenn er tot ist, wird man dich sofort verdächtigen.«
»Wenn er nicht mehr da ist, habe ich endlich Ruhe. Vergiss nicht, dass die Männer, die seinen Tod untersuchen werden, auf unseren Gehaltslisten stehen.«
Nelson van Mieren schüttelte entschieden den Kopf. Es war ihm gleichgültig, ob Massimo und Luca Zeuge seiner Gehorsamsverweigerung wurden.
»Das mache ich nicht mit«, sagte er schließlich. »Ich war immer auf deiner Seite, Sergio, und ich habe mit dir manche Schlacht geschlagen und manchen Krieg geführt. Wir haben alles zusammen aufgebaut und es ist uns gelungen, den Schritt in die Legalität zu tun. Ich habe eingesehen, dass es ab und zu notwendig war, jemanden aus dem Weg zu räumen. Aber wenn du jetzt den Bürgermeister umbringen lässt, dann wird das so weite Kreise ziehen, dass wir uns nicht mehr retten können. Sein Tod wird uns alle in den Abgrund reißen!«
Sergio starrte seinen ältesten und treuesten Verbündeten erstaunt an. Von ihm war er so deutliche Worte der Opposition nicht gewohnt.
»Ich weiß, dass du dich vor nichts fürchtest«, fuhr
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