Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
Nettokapitalvorschriften. Vitali und Levy wollten natürlich nicht riskieren, dass ihre Beteiligung an diesen dunklen Geschäften ans Tageslicht kommt, deshalb machten sie St. John und mich zu den Inhabern. Er hat das herausgefunden und wahrscheinlich hat er sich das nicht so ohne Weiteres gefallen lassen wollen. Deshalb wurde er erschossen.«
»Alex«, sagte Nick mit beschwörender Stimme, »es heißt, dass Sie den Mann ermordet haben. Die Polizei und das FBI sind hinter Ihnen her. Können Sie nicht hierherkommen?«
»Ich habe es versucht«, Alex blickte sich um, aber niemand schien sich für eine Frau mit Basecap in der Halle des Port Authority Bus Terminal zu interessieren. »Ich bin vor der City HallSergios Männern in die Arme gelaufen und konnte sie nur mit Mühe abschütteln. Nick, diese Kerle wollen mich umbringen, weil ich Dinge herausbekommen habe, die Sergio todsicher ins Gefängnis bringen werden. Er weiß das und deshalb versucht er mit allen Mitteln, mich in seine Finger zu bekommen. Ich habe niemanden umgebracht. Ich war heute Nacht in St. Johns Büro, weil ich mit ihm über das alles reden wollte, und da habe ich seine Leiche gefunden.«
»Um Gottes willen, Alex. Sagen Sie mir, wo Sie sind. Ich schicke sofort jemanden zu Ihnen.«
»Nein«, sie schüttelte den Kopf, »das geht nicht. Ich traue niemandem mehr. Es sind zu viele, die mit Sergio unter einer Decke stecken.«
»Dann komme ich selbst.«
»Vitali lässt im Moment die ganze Stadt nach mir absuchen. Nick, Sie müssen die Informationen, die ich Ihnen gegeben habe, benutzen, bevor es Levy und Vitali gelingt, Spuren zu verwischen! Bitte!«
»Alex, lassen Sie mich zu Ihnen kommen!«
»Nein. Ich werde für eine Weile aus der Stadt verschwinden, aber ich werde mich wieder bei Ihnen melden, sobald ich kann.«
***
Es klickte in der Leitung und das Gespräch war unterbrochen. Nick starrte den Hörer in seiner Hand an und legte langsam auf. Ihre Stimme hatte verzweifelt geklungen, aber das, was sie gesagt hatte, hörte sich durchaus glaubhaft an. Nicht zum ersten Mal hätte sich Vitali eines unbequemen Mitwissers entledigt. Und nun versuchte er, den Mord Alex in die Schuhe zu schieben, um sie unglaubwürdig zu machen. Auf dem Fernsehbildschirm erschien Bundesstaatsanwalt John de Lancie. Der Reporter wollte von ihm wissen, welche Beweise die Staatsanwaltschaft dafür hatte, dass Alexandra Sontheim den Mord an ihrem Kollegen Zachary St. John begangen hatte.
»Mrs Sontheim war im Büro von Mr St. John«, s agte de Lancie ernst. Mit dem akkurat gescheitelten Haar und seiner stahlgefassten Brille wirkte er sehr autoritär und bestimmt.
»Wir haben die Bänder der Überwachungskamera mehrfach überprüft, und es besteht kein Zweifel, dass nach St. John nur Mrs Sontheim das Büro betreten hat. St. John wurde durch einen Kopfschuss aus nächster Nähe getötet. Er hatte die Waffe noch in der Hand, was darauf schließen lässt, dass die Tat als Selbstmord getarnt werden sollte. Ein weiterer Beweis sind Mrs Sontheims Fingerabdrücke auf dem Schreibtisch, der Tastatur des Computers und auf der Maus. Wie wir mittlerweile erfahren haben, hat sie vom Computer ihres Opfers aus eine große Geldsumme vom Konto der gemeinsamen Firma auf ihr eigenes Konto überwiesen. Wir nehmen an, dass sie, nachdem sie vom drohenden Bankrott der Strohfirma, mit der sie illegale Insidergeschäfte in großem Stil getätigt hat, erfahren hat, plante, sich mit dem Geld abzusetzen. Wahrscheinlich hat es einen Streit gegeben, in dessen Verlauf sie ihren Komplizen erschoss, um alleine in den Besitz des Geldes zu kommen.«
»Wo hält sich Mrs Sontheim jetzt auf?«
»Das wissen wir nicht. Sie ist bisher noch flüchtig. Aber nachdem wir einen bundesweiten Haftbefehl wegen Mordes an Zachary St. John gegen sie erlassen haben, wird sie nicht nur von der Polizei, sondern auch vom FBI und den US Marshals gesucht. Ich bin optimistisch, dass wir sie noch heute fassen werden.«
Nick starrte in das Gesicht seines Amtsnachfolgers. Die angeblichen Beweise für Alex’ Schuld waren erdrückend. Fingerabdrücke, Kameraaufnahmen und jetzt noch eine Unterschlagung! Und dazu kam, dass sie flüchtig war. Wäre sie unschuldig, konnte sie sich der Polizei stellen, so zumindest musste es der unbeteiligte Zuschauer empfinden. Nick wünschte, Alex Glauben schenken zu können, aber allmählich zweifelte auch er an ihrer Unschuld. Er kannte sie in Wirklichkeit kaum und die Tatsache, dass er mehr als bloße
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