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Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Titel: Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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sein kann, was andere Menschen unglücklich macht.«
    Die Zweifel und die Niedergeschlagenheit seines Chefs berührten Frank mehr, als es jeder Wutausbruch getan hätte, aber er hatte keine Worte des Trostes.
    »Fahren Sie nach Hause, Frank«, Kostidis legte dem jüngeren Mann seine Hand auf die Schulter, »Sie haben sich Ihren Feierabend verdient.«
    »Okay«, Frank nickte, »ich wollte Ihnen nicht den Abend verderben, aber ich dachte, es wäre besser, Sie erfahren die schlechte Nachricht von mir, als aus dem Radio.«
    »Ja, das stimmt. Danke.« Nick Kostidis richtete sich auf, als nun die ersten Zuschauer aus dem Halbrund des Freilichttheaters strömten. »Rufen Sie Jerome Harding und Michael Page an. Ich würde sie gerne morgen früh um zehn in meinem Büro sprechen, okay?«
    »Wird gemacht«, Frank nickte. Dann verabschiedete er sich von seinem Chef und machte sich nachdenklich auf den Heimweg.
    ***
    Mary Kostidis ließ sich langsam von der Menge treiben und hielt nach ihrem Mann Ausschau. Irgendetwas war wieder passiert, etwas so Dringendes, das nicht bis zum nächsten Morgen hatte warten können. Sie hatte den Rest der Theateraufführung nicht mehr verfolgt, weil sie darüber nachgedacht hatte, was vorgefallen sein könnte. Als sie nun ihren Mann erblickte, sagte ihr sein Gesichtsausdruck alles. Er war nicht zornig oder aufgebracht, sondern zutiefst frustriert. Mary Kostidis kannte ihren Mann seit 32 Jahren, und sie kannte ihn gut. Sie hatte ihn immer unterstützt und sein Engagement bewundert, aber sie sah mit Sorge, wie hart er kämpfen musste. Die Falten in seinem Gesicht waren tiefer geworden und sein volles dunkles Haar wurde von ersten grauen Strähnen durchzogen. Als Bürgermeister war er angreifbarer als je zuvor. Er stand viel mehr im Licht der Öffentlichkeit, und jeder kleine Fehler, der ihm unterlief, wurde von seinen Feinden gierig aufgegriffen und erbarmungslos ausgeschlachtet. Der Druck, unter dem er stand, war ungeheuer, und in den letzten Wochen war er so angespannt, dass er ihr oft überhaupt nicht richtig zuhörte. Irgendetwas beschäftigte ihn, doch sie wusste, dass es keinen Sinn hatte, ihn zu drängen. Wenn er es für richtig hielt, würde er sich ihr mitteilen. Nach außen wirkte Nick stark und unerschrocken wie immer. Die Umstände und die zermürbenden Jahre des Kampfes hatten ihn äußerlich hart wie Granit gemacht, aber in seinem Inneren war er ein sensibler und mitfühlender Mensch geblieben, der darunter litt, wenn seine Bemühungen scheiterten. Sehr oft hatte Mary schon Angst um ihren Mann gehabt, weil er sich mit mächtigen Männern verfeindete, aber Nick hatte sich nie gefürchtet. Er war wirklich ein ganz besonderer Mann und sie liebte ihn so sehr wie am ersten Tag, als sie sich das erste Mal an der Bücherausgabe der New York Public Library getroffen hatten. Mary bewunderte seinen Ehrgeiz und seine Gradlinigkeit, sie liebte seine Fähigkeit, sich eine Niederlageeingestehen zu können, ohne zu verbittern. Nick hielt sich nicht für den Mittelpunkt der Welt, aber er wollte für die, die an ihn glaubten und ihm ihr Vertrauen schenkten, eine bessere Welt schaffen. Immer wieder durchkreuzte er mit seinen Plänen die Geschäfte anderer Leute. Es hatte schon häufig Morddrohungen gegeben, feindselige Presseberichte und anonyme Telefonanrufe. Aber das alles hatte Nick nie davon abhalten können, das zu tun, was er für richtig hielt. Mary machte sich Sorgen, wenn er unmenschliche 16 Stunden am Tag arbeitete, wenn er mit der U-Bahn durch die Stadt fuhr oder im Fernsehen Missstände anprangerte, aber sie belästigte ihn nie mit ihrer Besorgnis. Wenn ein Mensch wusste, was er tat, dann war es Nick. Und sie würde ihn als seine Frau in allem unterstützen, was er tun musste, um seinen großen Lebenstraum, die Verbesserung der Lebensqualität in New York City für alle seine Bewohner, zu verwirklichen.
    »Was ist denn passiert?«, fragte sie, als sie ihren Mann erreicht hatte. Sie ergriff seine Hand und er wandte sich zum Gehen.
    »David Zuckerman, der Mann, der vor dem Untersuchungsausschuss aussagen sollte, ist erschossen worden«, sagte Nick, als sie schon eine Weile gelaufen waren. »Frank war hier und hat es mir gesagt.«
    »Oh Gott!« Mary wusste, wie viel es ihrem Mann bedeutet hatte, eine Aussage gegen Sergio Vitali zu bekommen, eine Möglichkeit, diesen mächtigen Feind, der immer wieder über ihn triumphierte, festzunageln. »Das ist ja furchtbar.«
    »Nein«, Nick lief mit

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