Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
und den macht sie gut. Ich spreche mit ihr nicht über meine Geschäfte.«
Nelson atmete auf. Er hatte insgeheim befürchtet, Sergio hätte seiner Schwäche für diese Frau nachgegeben und sie in die geheimen Geschäfte eingeweiht, wie er es vorgehabt hatte.
»Du hast Angst, ich könnte wegen einer Frau ein Risiko eingehen?« Sergio lachte auf.
»Na ja«, erwiderte Nelson, »immerhin hast du mit dem Gedanken gespielt, sie zu deiner Vertrauten zu machen.«
»Das habe ich aber nicht getan. Ein sentimentaler Moment. Er ist vergangen.«
Er setzte sich wieder an den Schreibtisch, aber das Lächeln war von seinem Gesicht verschwunden und hatte einem grimmigen Gesichtsausdruck Platz gemacht.
»Hole mir McIntyre ans Telefon«, sagte er zu Nelson, »ich muss mit ihm sprechen, bevor er durchdreht.«
»Sergio!«, rief Paul McIntyre mit halblauter Stimme, die nach
nackter Panik klang. »Haben Sie schon die Zeitung gelesen?«
Seine selbstsichere und arrogante Art war wie weggeblasen.
»Ja«, erwiderte Sergio, »habe ich. Stand etwas drin, was mich interessieren könnte?«
»Herrgott«, McIntyre senkte seine Stimme zu einem aufgeregten Flüstern, »Zuckerman ist tot! Keine Untersuchungskommission mehr! Kostidis ist stinksauer und jetzt kommen sie sicher zu mir.«
»Unsinn. Wer sollte denn kommen?«
»Der Staatsanwalt, Kostidis, was weiß ich!«
»Es wird niemand kommen, Paul, das verspreche ich Ihnen. Jetzt beruhigen Sie sich erst einmal. Ich habe etwas mit Ihnen zu besprechen.«
»Beruhigen!« McIntyre lachte verzweifelt. »Die ganze Stadt steht Kopf und Sie sagen, dass ich mich beruhigen soll!«
»Wie war der Urlaub?« Sergio lehnte sich bequem in seinem Sessel zurück und legte die Schuhe auf die spiegelblanke Mahagoniplatte. »War alles zu Ihrer Zufriedenheit arrangiert?«
McIntyre verstand den Hinweis sofort. Er zögerte einen Moment, aber dann klang seine Stimme wieder etwas ruhiger.
»Natürlich. Es war perfekt, wie immer. Meine Frau war sogar tauchen.«
»Das freut mich. Hoffentlich hat sie ordentlich Geld ausgegeben.«
»Hm ... ja ....«
»Ich habe erfahren, dass wieder eine nette, kleine Summe auf Ihr Konto in Georgetown transferiert wurde.«
»Großartig«, McIntyre war noch immer angespannt, aber er hatte sich wieder unter Kontrolle.
»Paul«, sagte Sergio, »ich habe eine Bitte. Ein Freund von mir hat ein kleines Problem.«
Der Leiter der New Yorker Baubehörde verdrehte stumm die Augen. Dieser Satz aus Vitalis Mund war in bestimmten Kreisen der Stadt wohlbekannt und bedeutete alles andere als eine Bitte. Aber Vitali entlohnte denjenigen, der ihm einen Gefallen tat, fürstlich, das wusste McIntyre auch. Vor gut 15 Jahren hatte er als Sachbearbeiter in der Baubehörde das erste Mal einer seiner Bitten entsprochen, und er hatte es nie bereut. Seine Kinder hatten Privatschulen statt der schäbigen öffentlichen Schulen besuchen können, seine Familie konnte Urlaube in allen Hotels machen, die Vitali auf der ganzen Welt besaß, und das zu einem Freundschaftspreis. Und immer wurden sie behandelt, als seien sie enge Verwandte Vitalis. Außerdem verfügte McIntyre mittlerweile über eine ansehnliche Zusatzrente für sein Alter. Zwar musste er jetzt noch aufpassen, dass er nicht über seine Verhältnisse lebte, doch dafür konnte er später, wenn er erst im Ruhestand war, in Saus und Braus leben.
»Um was geht’s denn?«
»Charlie Rosenbaum hat Probleme mit seinem neuen Wolkenkratzer in der 52. Straße«, begann Sergio.
»Um Gottes willen! Da kann ich weiß Gott nichts tun! Der Bürgermeister selbst hat erst letzte Woche bei mir nachgefragt, ob Rosenbaum schon um eine nachträgliche Genehmigung nachgesucht hätte!«
Sergio spürte den heißen Zorn in sich aufsteigen, den er jedes Mal empfand, wenn er diesen Namen nur hörte. Kostidis! Dieser Schweinehund mischte sich auch überall ein! Hatte er als Bürgermeister nicht genug zu tun, dass er sich auch noch um den Job des Staatsanwalts und des Bausenators kümmern musste?
»Und?«, er zwang sich zur Gelassenheit. »Hat er?«
»Nein.«
»Na, also. Dann stellen Sie ihm jetzt eine aus. Kostidis hat im Moment andere Sachen im Kopf und wird so schnell nicht wieder fragen.«
»Unmöglich!«
»Das Wort kenne ich nicht, Paul.«
»Es kann mich meinen Job kosten.«
»Ich habe meinem Freund versprochen, dass ich ein gutes Wort für ihn einlege.«
Rosenbaum hatte Sergio als Entlohnung für seine Vermittlertätigkeit zur Baubehörde zwei wunderbar
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