Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
Bereits im Oktober des vergangenen Jahres war Zuckerman unter dem dringenden Tatverdacht der Bestechung, der verbotenen Preisabsprache und des Betruges in mindestens vier Fällen unter Anklage gestellt worden. Nachdem Zuckerman, Besitzer einer Villa auf Long Island und eines luxuriösen Wochenendhauses auf Cape Cod, sich bei der ersten Anhörung auf sein Recht zur Aussageverweigerung berufen hatte, wollte ihn die Staatsanwaltschaft aus Mangel an Beweisen auf freien Fuß setzen. Bürgermeister Kostidis, selbst langjähriger Bundesstaatsanwalt von Manhattan, sorgte aufgrund begründeter Zweifel an der Unschuld des Beklagten für eine Wiederaufnahme des Verfahrens, bei der sich der Verdacht in allen Punkten durch neue Beweise erhärtete. In die Korruptionsaffäre sind zahlreiche Bauunternehmen der Stadt verwickelt, an erster Stelle die VITAL BUILDING Corp., die den Zuschlag zum Bau der beiden Teilabschnitte des World Financial Center bekommen hatte. Ihr Inhaber Sergio Vitali ist in dieser Hinsicht kein unbeschriebenes Blatt. Schon mehrfach wurden ihm in Verbindung mit Bauaufträgen Bestechung und illegale Preisabsprachen vorgeworfen. Die Affäre um den Bau des World Financial Center ist jedoch der weitaus größte und umfangreichste Fall, in den zahlreiche renommierte Unternehmen und Banken verwickelt sein sollen. Die Staatsanwaltschaft erhoffte sich von der Aussage Zuckermans eine umfassende Aufklärung der Hintergründe und die Möglichkeit, Vitali für seine dubiosen und kriminellen Geschäfte endlich zur Rechenschaft ziehen zu können ...«
» Merda «, knurrte Sergio zornig und las weiter.
»... das FBI tappt auf der Suche nach dem Täter völlig im Dunkeln. Der Leiter des Einsatzkommandos, Truman McDeere, sagte gestern bei der Pressekonferenz: ›Das war ein eiskalter, brutaler Mord, der die Handschrift der Mafia trägt. Ganz offensichtlich befürchtete jemand, Zuckermans Aussage vor dem Untersuchungsausschuss könnte einige unangenehme Wahrheiten ans Tageslicht bringen ...‹«
»Ich hätte nicht gedacht, dass die Feds ein solches Aufsehen um die Sache machen«, bemerkte Nelson van Mieren besorgt, »ihr Versagen war doch eher peinlich.«
»Das kommt nicht vom FBI«, Sergio schlug mit der flachen Hand auf die Zeitung, »dieser Artikel ist auf Kostidis’ Mist gewachsen.«
Er lachte böse.
»Er dachte, dass er mich endlich hat und muss nun feststellen, dass ich ihm wieder einmal durch die Lappen gegangen bin.«
»Das gefällt mir überhaupt nicht, Sergio«, wandte der Anwalt ein, »dieses Gerede von Mafia und Korruption schadet deinem Ansehen. Es ist ein gefundenes Fressen für die Medien.«
»Ach was, ich scheiße auf mein Ansehen«, Sergio erhob sich und zerknüllte die Zeitung. »In ein paar Wochen kräht kein Hahn mehr danach. Kostidis kann so viel ahnen wie er will, er kann mir nichts beweisen. Und das weiß er genau.«
»Ich glaube nicht, dass sie diesmal so schnell Ruhe geben werden«, erwiderte Nelson, »es ist eine Möglichkeit, dich öffentlich zu diskreditieren. Du weißt doch selber, wie sensibel das Thema immer noch ist. Es wird schwierig werden, unsere Freunde bei der Stange zu halten, wenn die Presse die Sache aufgreift. Politiker hassen negative Publicity.«
»Aber sie lieben mein Geld«, Sergio lachte kalt, »mir ist es völlig gleichgültig, ob sie mich mögen oder nicht. Sie gehören mir. Ich weiß zu viel über sie und ihre geheimen steuerfreien Nebeneinkünfte, als dass sie mir in den Rücken fallen könnten.«
Nelson van Mieren seufzte. Es hatte lange Jahre harter Arbeit gekostet, Sergios Imperium einen legalen und seriösen Anstrich zu geben. Ein paar negative Schlagzeilen und Fernsehberichte konnten unglaublich viel zerstören. Und es würde ohne Zweifel Schlagzeilen geben, denn im Sommer war die Presse nach solchen Sensationen geradezu ausgehungert.
»Paul McInytre hat eben angerufen«, sagte Nelson.
»Der kriegt schon das große Flattern«, Sergio setzte sich wieder in seinen Sessel und lehnte sich mit einem kalten Lächeln zurück. »Er hat im letzten Monat 25.000 Dollar von uns bekommen! Was soll er schon tun? Er wird die Hand, die ihn füttert, nicht beißen.«
Er schwang seinen Sessel zur Seite und blickte auf das Empire State Building und die Wolkenkratzer von Midtown Manhattan.
»Schau sie dir an, Nelson«, sagte er, »zu unseren Füßen liegt meine Stadt! Ich bin der König von Manhattan und jeder, der hier ein Geschäft machen will, muss zuerst an mir vorbei!«
Er
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