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Unter Menschen

Unter Menschen

Titel: Unter Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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eine Situation. Das Gebäude, in dem die Einkäufe stattfinden sollten, kam Sam gigantisch vor. George schob einen vergitterten Transportwagen auf die Eingangstür zu und schien kein bisschen aufgeregt zu sein. Viele Menschen liefen hin und her, manche mit Taschen, andere mit diesen Gitterwagen. Sam vergaß doch kurz zu atmen, als sie das riesige Kaufhaus betraten. Er brauchte ein paar Sekunden Zeit, um zu begreifen, was er sah. Die vielen bunten Dinge, Päckchen, Tüten und Flaschen, sie alle waren hier, um gekauft zu werden. Es war viel, so unglaublich viel. Das hatte er sich so nicht vorgestellt. Fremde Gerüche strömten auf ihn ein, Geräusche von Menschen, Stimmen, etwas piepste in regelmäßigen Abständen dazwischen und irgendwoher erklang Musik.
    „Alles klar?“, fragte George leise.
    „Hm“, sagte Sam.
    „Atmen nicht vergessen.“
    „Hm.“
    George steuerte den Wagen in einen Gang zwischen zwei Regale. Rechts und links gab es unzählige Flaschen in verschiedenen Farben und Größen.
    Reinigungsmittel! Sams Herz machte einen zarten Satz. Der Einkauf hatte begonnen. Er sah kurz zu George hoch, der ihm zunickte.
    „Wir brauchen Spülmittel“, sagte er.
    Sams Gesicht glühte, als er sich dem Regal näherte und nach einem der Fläschchen griff.
    Neill schlenderte hinter seinem Onkel und dem merkwürdigen Pflegesohn her. Der Kleine ging ihm auf die Nerven. Wahrscheinlich hatte George ihn aus Mitleid aus einem Behindertenheim geholt oder so was. Sein Onkel besaß eine altruistische Ader, wie Neills eigener Dad gerne abfällig bemerkte. Sein Dad war der Ansicht, man sollte Berufliches nicht mit Privatem vermischen und Neill unterstützte diese Einstellung. Er beobachtete Sam, der eine Flasche Putzmittel in den Wagen legte und dann zu George aufsah, als ob er seine Zustimmung einholen müsste. Sam sah zwar nicht behindert aus, aber er war es, ganz eindeutig. Stark geistig zurückgeblieben oder Borderline oder wie das ganze Zeug genannt wurde. Und George verschwendete seine Zeit mit diesem hoffnungslosen Fall. Sam legte eine weitere Flasche zu der ersten. Was für ein Schwachsinn. In der Wäschekammer der Cunnings stand alles voll mit diesem Putzkram. Womöglich ging es hier gar nicht um einen sinnvollen Einkauf, sondern um eine Übung, um bei Sam irgendwelche Phobien abzubauen. Ja, das musste es sein. Eigentlich hatte Neill sich ein paar Minuten zu zweit mit George erhofft, aber diese blonde Klette ließ keine Sekunde von seinem Onkel ab, und das Schlimme war, dass es George gefiel. Neill sah, wie sein Onkel den Arm um Sam legte und ihn kurz an sich drückte. Dann gingen die beiden weiter. Fast wie Vater und Sohn. Ein unangenehmer Gedanke stieg in Neill auf. Was, wenn George vorhatte, den Behinderten zu adoptieren? Das konnte seine eigenen Plänen durchkreuzen. Er wusste genau, dass er nicht sonderlich beliebt war, besonders bei spießigen Leuten. Laine mochte ihn nicht und ihren neuen Freund hatte Neill von der ersten Sekunde an als Macho klassifiziert. Und jetzt hielten die Cunnings sich auch noch so ein Waisenkind im Haus, um sich ihre eigene, wohltätige Art zu bestätigen. Widerlich. Und trotzdem tausendmal besser als sein eigenes Zuhause. Den Streit mit seinen Eltern hatte er satt. So satt. Dieses ewige Genöhle, die Ungerechtigkeiten, die aus seiner Sicht pausenlos stattfanden, das zerrte an seinen Nerven. Die Idee, vielleicht für ein Jahr oder länger bei seinem Onkel zu wohnen, war Neill ganz plötzlich gekommen. Danach war er volljährig und konnte tun, was immer er wollte. Vermutlich hätte George sogar zugestimmt, dass er bei ihm einzog, wenn er nur genug auf die Tränendrüse gedrückt hätte. Aber mit Sam im Haus lagen die Dinge nun ganz anders und die Karten mussten neu gemischt werden. Neill folgte den beiden und dachte dabei scharf nach.
     
    Mittlerweile hatte sich Sam an das Einkaufszentrum gewöhnt. Eifrig nahm er immer wieder den Einkaufszettel zur Hand, um die Liste zu kontrollieren. Man durfte nichts vergessen, dafür hatte er die Liste schließlich erstellt. Sam fühlte leisen Stolz deswegen und George schien mit seinen Einkäufen auch zufrieden zu sein. Sie hielten an einer gläsernen Theke, hinter der verschiedene Käsesorten aufgeschnitten oder am Stück zum Verkauf angeboten wurden. Aufmerksam ließ Sam seinen Blick über die gelblichen Stücke wandern. Es roch würzig und angenehm. George begann ein Gespräch mit der Frau, die hinter dem Tresen stand. Er zeigte auf verschiedene

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