Unter Menschen
ich Bill. Da rechnet der gar nicht mit.“
Neill wartete neben dem Einkaufswagen. Inzwischen wünschte er sich fast, er hätte keine Chlorallergie erfunden und wäre mit Laine und Bill ins Schwimmbad gefahren. Der Einkauf entpuppte sich als totaler Reinfall und sein Plan, George in einem Männergespräch ein wenig für sich einzunehmen, war gescheitert. Neill schob den Einkaufswagen Richtung Kasse. Er würde nicht mehr länger wie ein Schuljunge auf die beiden warten. Bei den Zigaretten blieb er stehen und checkte das Angebot. Seit er bei George eingetroffen war, hatte er keine mehr angerührt. Zuhause rauchte er heimlich. Seine Mutter wusste das, konnte ihm aber nichts nachweisen. Neill griff nach einer Schachtel und tat so, als lese er etwas auf der Packung. Dann ließ er sie unauffällig in die Tasche gleiten. Als er sich umdrehte, stand Sam vor ihm. Neill erschrak kurz innerlich, schaffte es aber, nach außen cool zu bleiben. Hatte Sam etwas bemerkt? Er war sich nicht sicher.
„Jetzt legen wir alles aufs Kassenband“, sagte George und begann, die ersten Produkte aus dem Wagen zu nehmen.
„Alles?“, fragte Sam.
„Ja, die Kette auch. Wenn sie bezahlt ist, bekommst du sie zurück.“
Sam legte sein Sternzeichen zögernd auf das Fließband. Während er George beim Umpacken half, ließ er es nicht aus den Augen.
„So, das war alles“, sagte George. Er stellte das Spülmittel zu den anderen Sachen.
„Eins fehlt noch“, sagte Sam eifrig. Bevor Neill wusste, was geschah, griff Sam in seine Tasche und zog die Zigarettenpackung heraus. Er legte sie auf das Band. George sah erst die Packung und dann seinen Neffen an. Neill fühlte sein Gesicht glühend heiß werden. Sam stand vor dem Fließband und behielt sein Sternzeichen im Blick, während George den seinen auf Neill ruhen ließ. Es vergingen ein paar Sekunden, die Neill endlos lange erschienen.
„Ich denke, das legen wir wieder zurück“, sagte George und reichte Neill die Zigaretten. In dem Moment, als Neill die gestohlene Packung zum Regal zurücktrug, hasste er Sam aus tiefstem Herzen und schwor sich, es ihm heimzuzahlen.
Als sie zu Hause ankamen, schleppte Sam, sein Sternzeichen um den Hals tragend, die Einkäufe ins Haus. Er sehnte sich nach einem Tauchbad. Seine Haut fühlte sich trocken an. Aber zuerst wollte er die Einkäufe wegräumen, in der Hoffnung, dass ein anderes Familienmitglied auf sein Sternzeichen aufmerksam wurde und ihn ansprach. Sam stellte sich vor, dass er in beiläufiger Selbstverständlichkeit darauf antworten würde: „Ja, das ist meins. Wo ist deins eigentlich?“
Wahrscheinlich würde das sehr menschlich wirken und er hoffte, ordentlich Eindruck damit zu machen. George hatte auf der Rückfahrt fast die ganze Zeit geschwiegen. Sam nahm an, dass er müde vom Einkaufen war. Auch Neill schien erschöpft zu sein, denn er redete nicht, sondern ging sofort in sein Zimmer. Vivian kam dazu, um Sam beim Ausräumen der Tüten zu helfen und es dauerte nicht lange, bis sie das Sternzeichen bemerkte. Sam vergaß vor Aufregung fast seinen Text aber seine Antwort klang beinahe selbstverständlich, wenn auch nicht ganz so professionell, wie er es geplant hatte. Vivian bestaunte die Kette und meinte, sie habe noch nie ein so passendes Sternzeichen gesehen wie dieses.
Als Sam wenig später die Kellertreppe zu seinem Becken hinabstieg, war er von Glücksgefühlen erfüllt.
Neill saß auf dem Bett und hielt seinen Laptop auf den Knien, als es an der Tür klopfte. George betrat das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
„Ich hätte gerne eine Erklärung“, begann er das Gespräch.
Neill sah trotzig auf.
„Was willst du hören? Ich hab sie wahrscheinlich in Gedanken eingesteckt. Mehr war’s nicht. Aber Sam musste mich ja bei dir vorführen. Der verhält sich, als hättest du ihn schon adoptiert.“
„Im Moment reden wir über dich, nicht über Sam. Was ist mit dir los? Hast du Ärger zu Hause?“
„Nichts, nur das Übliche. Du kennst die beiden ja.“
George sah seinen Neffen nachdenklich an.
„Und deswegen klaust du? Weiß Rita, dass du rauchst?“
„Tu ich gar nicht.“
George nickte. „In Ordnung, dann wollen wir das mal so stehen lassen. Du rauchst nicht und du stiehlst nicht. Das ist deine Aussage. Ich hoffe, du sagst die Wahrheit. Ich wäre sonst sehr von dir enttäuscht.“
Neill schwieg einen Moment. Dann sah er George direkt an.
„Vielleicht hat Sam ja die Zigaretten in meine Tasche
Weitere Kostenlose Bücher