Unter rauschenden Palmen
hatte. Sie wusste, dass das gegen Ende der Schwangerschaft normal war, dennoch litt sie darunter.
Manchmal träumte sie schlecht. Im Moment aber dachte sie an all die Komplikationen, die bei der Entbindung auftreten konnten: Kaiserschnitt, Beckenendlage, Saugglocke ... Sie fröstelte.
Selbst wenn alles glatt lief, war es noch schlimm genug. Sie' hatte es schon in Aufklärungsbüchern gelesen und auch von den Referenten im Kurs oft gehört: Alle Gymnastik, alle Atemübungen und Entspannungstechniken konnten eine Frau nicht wirklich auf die Wehenschmerzen vorbereiten.
Unruhig drehte sie sich um und lenkte ihre Gedanken auf Jerome. Er hatte sich in diesen letzten, für sie so schwierigen Wochen einfach vorbildlich verhalten. Er hatte instinktiv gewusst, wann ihr nach Zärtlichkeiten zu Mute war und wann sie sich nur einfach an ihn kuscheln wollte.
Nur eins hatte er noch nie getan. Er hatte ihr noch nie gesagt, dass er sie lieben würde. War es für ihn so selbstverständlich, dass er es nicht auszusprechen brauchte? Auch sie hatte ihm die wahre Tiefe ihrer Gefühle schließlich bisher verschwiegen.
Vielleicht lag es an ihren dunklen Gedanken, aber sie verspürte plötzlich das Bedürfnis, Jerome anzuvertrauen, wie es wirklich in ihr aussah. Sie stand auf, holte sich Briefpapier und Füller und setzte sich an den Kamin, um zu schreiben.
Lieber Jerome,
wie kann ich Dir nur sagen, dass ich Dich liebe? Am besten, ich fange von vorn an. Ich glaube, ich habe Dich vom ersten Augenblick an geliebt. Deshalb hatte ich wohl auch manchmal diese Schwierigkeiten mit unserer Beziehung. Schwierigkeiten, die ich mir damals nicht erklären konnte, denn alles schien so ideal: Wir stellten keine Forderungen aneinander und mischten uns nicht in das Leben des anderen ein. Kurzum, wir benahmen uns so erwachsen und modern. Wann aber wurde mir klar, was ich so lange verdrängt hatte? Als ich von meiner Schwangerschaft überrascht wurde und Angst hatte, es Dir zu sagen. Ich wusste nicht, woran ich bei Dir war, wusste nicht, ob Du mich nur gebraucht hast, um Serena vergessen zu können. Es gab eine Seite an Dir, die mir verschlossen blieb.
Als ich es Dir dann endlich sagte und Du mich sofort heiraten wolltest, kannte ich Deine Motive nicht, wusste inzwischen aber ganz genau, dass ich Dich liebe. Und daher wollte ich lieber eine allein erziehende Mutter sein, als einen Mann zu heiraten, der meine Gefühle nicht erwidert. Aus welchem Grund hast Du mich geheiratet? Das habe ich mich schon hundert Mal gefragt. Wegen Sean? Aus Pflichtgefühl, weil ich schwanger war? Vielleicht eine Mischung aus beidem - ich habe es immer noch nicht ergründen können. Aber ich spüre, dass zwischen Serena und Dir noch nicht alles aus ist, dass ihr Eure Trennung noch nicht verwunden habt, dass es Bereiche gibt, zu denen Du mir den Zugang verwehrst. Deshalb habe ich Dir meine Liebe noch nicht gestanden und werde es vielleicht auch nie tun. Warum ich Dich liebe? Du machst mich atemlos, du hast einen Teil meines Wesens lebendig gemacht, von dem ich vorher nichts geahnt hatte. Es ist wunderbar, Deine Geliebte zu sein, mit Dir zu lachen und zusammen zu sein. Ich weiß, dass das Leben ohne Dich grau und trist wäre, und freue mich aus einem ganz einfachen Grund auf die Babys: Es sind unsere.
Clarissa legte den Füller beiseite und rieb sich die Augen, aber die Tränen wollten nicht versiegen. Dann atmete sie einige Male tief durch und wurde ruhiger. Sie fühlte sich gestärkt und hatte wieder einen klaren Kopf.
Sie steckte den Brief in einen Umschlag, schrieb Jeromes Namen darauf und schob ihn zwischen ihre Unterwäsche im Schrank.
Danach ging sie hinunter, um Sean zu begrüßen, der aus der Schule gekommen war.
Ein paar Tage später sagte Jerome Claris sa, dass Serena angerufen habe. Die Schulferien standen vor der Tür, und Serena und Bruce wollten Sean einladen.
"Was sagt Sean dazu?"
"Er ist nicht abgeneigt. Offensichtlich hat Bruce ein Boot am Morton Bay liegen und plant einen kleinen Törn. Sean hat Bilder von dem Boot gesehen und ist tief beeindruckt."
"Das ist doch schön", antwortete Clarissa und lächelte. "An Hungerstreik und ähnlich drastischen Verweigerungsstrategien scheint Sean ja glücklicherweise nicht mehr zu denken."
Doch dann wurde sie ernst. "Was hältst du davon?"
Sie saßen auf einem Sofa in der Bibliothek, und Clarissa hatte die Füße in Jeromes Schoß gelegt, damit er sie massieren konnte. Es war gegen neun, und Sean und ihre Mutter
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