Unter rauschenden Palmen
wenn Sean aus der Schule kam.
Seans Tage waren mit Sport und Verabredungen mit Freunden so ausgefüllt, dass er Clarissa als Gesellschafterin nicht brauchte. Trotzdem hatte er es gern, wenn sie ihm bei den Schularbeiten half oder mit ihm am Computer saß.
Er schien es auch zu mögen, wenn sie als Familie etwas unternahmen, wie zum Beispiel übers Wochenende in Clarissas Wohnung fuhren und das Strandleben von Lennox Head genossen.
Zwischen Sean und Clarissa entwickelte sich ein Verhältnis, das von Vertrauen und Kameradschaft geprägt war. Sean betrachtete es als seine Aufgabe, möglichst schöne Namen für die Zwillinge vorzuschlagen. Er hatte mit dem Computer eine Liste erstellt, die er ständig neu überarbeitete.
Der Gärtner, der die Pflege von Mays Rosengarten übernommen hatte und diesen genauso liebte wie May, war nur zu glücklich, Clarissa in die Geheimnisse der Rosenpflege einweihen zu dürfen.
Alles in allem, dachte sie, läuft es erstaunlich gut. Jerome war mit seinen Macadamias glücklich, Sean mit seinem Teleskop, und sie selbst war innerlich zur Ruhe gekommen. Sie begann sogar, sich für die Ernte zu interessieren, stellte Fragen und sah langsam die Plantage mit ganz anderen Augen.
Ihre Eltern blieben eine ganze Woche, und Jane und sie hatten viel Spaß, das Kinderzimmer einzurichten. Am meisten profitierte jedoch Sean von dem Besuch, denn Tom Montrose war ein begeisterter Hobbyastronom.
Serena und Bruce heirateten, und Sean wurde von Serenas Eltern zu der Feier abgeholt, um dann noch ein paar Tage bei ihnen zu verbringen. Als Sean zurückkehrte, war er tief beeindruckt. "Du hättest Serena sehen sollen", sagte er zu Clarissa. "Sie sah einfach irre aus!
Bruce hat die ganze Zeit gelächelt, und ich durfte sogar ein Glas Champagner trinken. Und dann das Essen! Wie geht es Dad?"
Clarissa zögerte. Sie wusste, dass sich die beiden schon gesprochen hatten. Seans Frage musste also einen tieferen Sinn haben. "Es geht ihm gut, Sean", antwortete sie ehrlich.
Sie spürte instinktiv, dass sich Sean Sorgen um seinen Vater gemacht und befürchtet hatte, er würde unter Serenas Widerheirat leiden. Jerome jedoch hatte nicht das geringste Anzeichen von Seelenkummer gezeigt.
Jerome und Valerie war es schließlich auch gelungen, Clarissa zur Teilnahme an einem Kurs zur Geburtsvorbereitung zu überreden. Zu Clarissas größtem Erstaunen wurde sie dort wie ein Star behandelt, weil sie Zwillinge erwartete. Ihr Sinn für Humor half ihr, Scheu und Vorbehalte schnell zu überwinden. Außerdem waren etliche junge Männer da, die zum ersten Mal Vater wurden, noch gehemmter waren als sie und blass um die Nase wurden, als der Videofilm einer Geburt gezeigt wurde.
Selbst an Jerome waren die Aufnahmen nicht spurlos vorübergegangen. "Allzu zimperlich durfte man bei diesem Video wirklich nicht sein, oder?" bemerkte er auf der Fahrt nach Hause.
"Nein." Clarissa blickte nachdenklich vor sich hin. "Ich habe natürlich etwas Ähnliches schon einmal im Fernsehen gesehen - aber nicht in so deutlichen Details. Und dabei war das eine ganz normale und einfache Geburt."
Er nahm eine Hand vom Lenkrad und legte sie ihr auf den Arm. "Ich bin mir ganz sicher, dass man schwierige Geburten heutzutage verhindern kann."
"Hoffentlich. Meine Mutter hat mich in zehn Stunden bekommen, ohne Betäubung und ohne Dammschnitt. Ich glaube einfach, dass es erblich ist - ebenso wie Zwillinge."
Jerome schwieg eine ganze Weile. "Ich glaube, ich brauche einen Drink", sagte er dann und lächelte selbstironisch.
"Da bin ich aber froh!"
"Froh?" Er blickte skeptisch.
"Ja. Ich hatte nämlich dir gegenüber stets Minderwertigkeitskomplexe. In allem, was Schwangerschaft betrifft, schienst du mir durch nichts zu erschüttern zu sein."
"Du hast dich bisher tapfer geschlagen, Clarissa", sagte er ernst.
"Ja. Aber die richtigen Schwierigkeiten fangen jetzt, im letzten Drittel, doch auch erst an - das hast du mir doch schon ganz zu Anfang prophezeit."
"Wenn ich damals gewusst hätte, was ich heute weiß, hätte ich den Mund gehalten", gestand er.
Fragend sah ihn Clarissa an.
"Ich habe es damals in der Hitze unseres Wortgefechts gesagt. Ich wollte dich wirklich nicht erschrecken."
"Das hast du auch nicht. Du hast mir lediglich die Augen geöffnet, was ich zu erwarten habe."
"Du bist sehr großmütig, Clarissa."
"Dieser Kurs bringt mir doch mehr, als ich dachte", wechselte sie bewusst das Thema.
"So?" Jerome bog in die Auffahrt nach Rosemont ein.
"Ja.
Weitere Kostenlose Bücher