Unter rauschenden Palmen
..."
"Wir leben schon länger als vorgeschrieben getrennt und haben auch die Schlichtungstermine bereits hinter uns."
Clarissa überlegte. "Gibt es Kinder, die zu berücksichtigen sind?"
"Einen Sohn. Er ist sechs - fast sieben."
"Wollen Sie das Sorgerecht beanspruchen?"
"Nicht, wenn meine Frau die Besuchszeiten großzügig regelt."
Clarissa biss sich auf die Lippe und legte den Stift aus der Hand. "Mr. Hewitt, gerichtliche Auseinandersetzungen um Sorgerecht und Besuchszeiten schaden genau dem, dem sie nützen sollen - dem Kind. Dann nämlich, wenn sich die Eltern verbissen darum streiten. Es geht mich zwar nichts an, aber ich möchte Ihnen dringend raten, diese Dinge privat und einvernehmlich zwischen sich und Ihrer Frau zu regeln."
"Das liegt auch ganz in meinem Interesse", stimmte er ihr zu.
"Schön. Wenn Sie sich also bereits völlig sicher sind, dass Sie die Scheidung auch wirklich wollen, können wir jetzt anfangen, den gemeinsamen Besitz aufzuteilen", schlug sie wie nebenbei vor, beobachtete Jerome Hewitt aber ganz genau dabei. Aus Erfahrung wusste sie, dass dieser Punkt ebenso problematisch war wie früher die Klärung der Schuldfrage. Es kam nicht selten vor, dass die Eheleute an dieser Stelle zögerten und es sich noch einmal anders überlegten.
Jerome schien ihre Gedanken erraten zu haben. "Keine Angst, Clarissa, die Entscheidung steht. Hier ist eine Liste mit den Sachwerten, um die es geht."
Eine halbe Stunde später wusste Clarissa nicht nur, dass Jerome Hewitt Macht über ein Wirtschaftsimperium besaß, sondern auch, dass er logisch denken konnte und gerecht und verantwortungsbewusst war. Serena Hewitt würde sich über die Höhe ihrer Abfindung wirklich nicht beklagen können.
Davon hingegen war Jerome nicht überzeugt. "Ob Sie es glauben oder nicht, Serena wird um jeden Blechlöffel kämpfen und völlig überzogene Ansprüche stellen. Zu verhindern, dass sie damit durchkommt, wird Ihre Aufgabe sein."
"Natürlich." Clarissa blickte ihn verstohlen an, denn sein Urteil über Serena hatte hart und verächtlich geklungen.
Hiermit betrachtete Jerome Hewitt die Besprechung als abgeschlossen, vereinbarte einen neuen Termin mit Clarissa und verabschiedete sich.
Aus dem Fenster sah sie ihm nach, wie er mit seinem dunkelbraunen Geländewagen davonfuhr. Unwillkürlich fragte sie sich, wie es wohl gekommen sein mochte, dass Serena Hewitt diesen gut aussehenden, cleveren und reichen Mann unbedingt loswerden wollte?
Natürlich kann es auch sein, dass er die Trennung will, dachte sie und zog die Gardine wieder vor. Ihr Gefühl sprach jedoch dagegen - und die nächsten zwölf Monate bestätigten ihre Einschätzung.
Serena focht alle Regelungen an. Sie behauptete, Vermögen und Grundbesitz seien zu niedrig angesetzt, und sämtliche Möbel und Kunstgegenstände des Familiensitzes würden ihr gehören. Sie beanspruchte sogar die beiden Irischen Wolfshunde Paddy und Flynn, weil sie diese als Welpen gekauft habe. Clarissa musste selbst um die nebensächlichste Vereinbarung hart kämpfen.
Nur in einer Beziehung zeigte sich Serena erstaunlich großzügig. Sie hatte nichts dagegen, dass Jeromes Besuchsrecht derart ausgeweitet wurde, dass er seinen Sohn Sean praktisch zu jeder Zeit sehen konnte.
Aber endlich war der Vertrag bis in die letzte Einzelheit formuliert, und die Scheidung wurde rechtsgültig. Nach dem Gerichtstermin bedankte sich Jerome bei Clarissa. "Gut gemacht, kleine Fee. Darf ich Ihnen ein Essen spendieren?"
Clarissa war überrascht, denn bisher war ihre Beziehung rein geschäftlicher Natur ge wesen -
bis darauf, dass es Jerome ab und zu gefallen hatte, sie "kleine Fee" zu nennen.
Jerome reagierte auf ihre skeptische Miene mit einem amüsierten Lächeln. "Falls Sie Gewissensbisse haben sollten, Mrs. Montrose, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass ich jetzt ein freier Mann bin. Außerdem haben Sie sich das beste Dinner, das man für Geld bekommen kann, redlich verdient. Sie haben gekämpft wie eine Löwin."
Clarissa musste ein Lachen unterdrücken. "Jetzt kann ich es Ihnen ja sagen, aber es hat Tage gegeben, an denen ich wünschte, Sie würden ihr wenigstens diese verdammten Hunde lassen!"
Jerome schüttelte den Kopf. "Paddy und Flynn sind halbe Kälber. Wie Serena solche Hunde in einem Apartment mitten in Sydney halten will, ist mir ein Rätsel."
"Wenn es so ist, nehme ich Ihre Einladung gern an, Mr. Hewitt."
Von da an erwähnte Jerome Serena nie wieder, weder bei dem Essen am Tag der
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