Unter Sternenjaegern
Brüste hingen nach unten, weil sich ihre Schultern nach vorne krümmten. Eine Fleischrolle lag um ihre Hüfte. Sie stand da wie ein Klumpen.
Zitternd, entmutigt, mit tauben Händen und Füßen, taubem Verstand, sich aufgedunsen, häßlich fühlend, wandte sie sich vom Fenster ab und ging unsicher im Garten umher. Ihre Knie bebten. In der Mitte des Rasens brach sie zu einem Haufen zusammen, hielt sich an sich selbst fest, Tränen glitten lautlos über ihre Wangen hinunter, klebten an ihrer Haut.
Sie weinte und weinte, schwelgte in ihrer Trübsal, so daß sich der Zyklus immer wieder wiederholte, bis sich ihr Körper zu einer physischen Depression abkühlte, so tief wie die geistige.
„Aleytys!” Harskaris verärgerte Stimme fuhr scharf durch das Läuten des Diadems. „Hör mit diesem Unsinn auf.” In der schweren Dunkelheit in Aleytys’ Verstand formte sich das schmale, strenge Gesicht der längst toten Zauberin.
Aleytys schüttelte sich. Das Diadem war wieder die quälende Falle, die es am Anfang ihres unfreiwilligen Gewahrsams dieser von einem seit einer Million Jahre toten eifersüchtigen Mann geschaffenen Seelenfalle für sie gewesen war. Und die drei darin gefangenen Seelen waren höllengeborene Kobolde, die sie heimsuchten, sie bespitzelten, sie nie allein ließen. Sie versuchte, die Wellen von Angst, Wut, Haß, Verzweiflung auszusperren, die in wilden Wogen über sie hinwegspülten, rundherum, auf einer aufsteigenden Spirale, die sich in die Unendlichkeit erhob.
„Aleytys!” Harskaris körperlose Stimme war voller Abscheu. Sie wartete einen Augenblick. „Hör auf damit, Tochter.” Dann nickte das eingebildete Gesicht langsam. „So. Ich muß das tun. Offenbar kannst du dir nicht selbst helfen.”
Aleytys verspürte einen Schubs. Dann war sie in Stille und Dunkelheit getaucht, in ihrem eigenen Körper beiseite geschoben. Sie protestierte schwach und wurde ignoriert. In Dunkelheit zusammengekauert, in Schmerz und Entsetzen badend, fühlte sie ihren Körper aufstehen und zur Glastür hinübergehen.
Die Tür schnappte hinter ihr zu, und ihr Körper fiel schwer auf die Couch. Harskari zog ihren Einfluß zurück. „Übernimm, Tochter!”
Schwach paßte sich Aleytys wieder in ihren Körper ein. Das Erlebnis im Garten hatte sie schwer erschüttert. In allen Prüfungen ihres turbulenten Lebens war sie nie so nahe daran gewesen, sich selbst zu verlieren. Sie saß da und starrte auf Hände hinunter, die sich öffneten, schlossen und wieder öffneten. „Du hast dir lange genug Zeit gelassen, bis du etwas sagtest.”
„Du hast dich ertrinken lassen.” Harskari überhörte die Beschwerde und runzelte ungeduldig die Stirn. „Das war vollkommen unnötig.”
„Das mag schon sein.” AJeytys sprach laut, obwohl die andere Stimme nur in ihrem Kopf existierte. „Nun?” Sie berührte ihr Gesicht, verschränkte dann die Arme vor den Brüsten und schloß die Augen.
Harskaris bernsteingelbe Augen schienen sich zurückzuziehen, und die Konturen ihres Gesichts wurden verschwommen. Dann öffneten sich andere Augen. Purpurne Augen in einem Elfengesicht, umgeben von zerzausten, rotgoldenen Locken. Shadith, die Dichtersängerin. Und schwarze Augen in einem zerfurchten, narbigen Gesicht. Swardheld Waffenmeister.
„Ich denke, es ist Zeit.” Harskaris Stimme war hart vor Abscheu.
Die anderen nickten.
Mit geschlossenen Augen sah Aleytys sie wie in einem schwach beleuchteten Raum mit in tiefen Schatten verlorenen, erdachten Wänden stehen. Die drei beobachteten sie. Sie hatte das Gefühl, vor einem Tribunal zu stehen. „Was soll das?”
Shadith und Swardheld blickten Harskari an, zogen sich dann in die Schatten zurück. Harskaris Augen verengten sich. „Aleytys,”
sagte sie, „wir sind jetzt schon über fünf Jahre bei dir.”
„Was kann irgendjemand von uns daran ändern?”
„Wenn ich das wüßte …” Eine schmale, dunkle Hand hob sich und fiel, ein schneller Ausdruck ihrer Hoffnungslosigkeit. „Ich bin nur noch eine Andeutung dessen, was ich einmal war.” Eine weitere schnelle Geste ihrer Hand wischte dies davon. „Wir wollen sichergehen, daß der Schaden, den wir dir zufügen, auf das Mindestmaß reduziert bleibt.”
„Schaden?“Aleytys runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf.„Ich verstehe nicht. Wir sind Freunde. Oder nicht?” Sie schluckte. „Wir haben in den letzten paar Jahren eine Menge miteinander geredet.”
„Wenn du uns gebraucht hast.” Die goldäugige Zauberin milderte
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