Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi
halten. Wenn er ins Koma fällt, hab ich mir gedacht, wer weiß, ob er wieder aufwacht. Er muss total viel Blut verloren haben.“
„Dann hatten die Anschläge also doch mit ‚PRO!‘ zu tun.“ Ich überlege. Wer war informiert? Nur Tina Bogner? Auch andere?
„Nein, er sagt, dass die von nichts gewusst haben. Sie waren eine eigene Gruppe, sie wollten einfach klarmachen, wie anfällig Druckleitungen sind, damit endlich alle begreifen, dass sie ein Sicherheitsrisiko sind.“
„Und eine Flamme von vierzig Meter Höhe ist kein Risiko?“
„Er schwört, dass sie mit dem ersten Anschlag nichts zu tun gehabt haben. Damals hätte es sie als Gruppe noch gar nicht gegeben, die Idee sei erst danach entstanden, um der guten Sache nachzuhelfen, sozusagen. Sie wollten auch keinen großen Schaden anrichten und sie wollten schon gar nicht, dass Menschen verletzt werden.“
„Das Problem ist bloß: Es ist bei allen Anschlägen der gleiche Sprengstoff verwendet worden. Das weiß ich aus zuverlässiger Quelle.“
Stille in der Leitung. „Wirklich? Ich kann mir nicht vorstellen, dass er mich angelogen hat … Er hat gesagt, ein Kumpel hat den Sprengstoff vom Bundesheer abgezweigt.“
„Der war nicht aus Bundesheerbeständen.“
„Woher weißt du das?“
„Ich weiß es eben.“ – Und was, wenn der Generalleutnant nicht die Wahrheit gesagt hat? Unsinn, welches Motiv hätte er? Es gäbe noch eine andere Möglichkeit. „Du sagst, es gibt einen, der den Sprengstoff besorgt hat?“
„Ja, so hat es zumindest für mich geklungen.“
„Was, wenn der gelogen hat? Wenn er den Sprengstoff von anderswo hat?“
„Man kriegt Sprengstoff nicht so ohne weiteres. Beim Bundesheer kann man am einfachsten etwas abzweigen, heißt es. Oder war es ein selbst gemachter?“
„Nein, es dürfte sich um einen handeln, der in erster Linie bei Sprengungen im Gelände eingesetzt wird. Zum Beispiel, wenn man Leitungen gräbt und dabei auf Gesteinsbrocken stößt.“
„Du meinst … meinst du wirklich, da könnte einer von ‚AE‘ oder so eingeschleust worden sein? Du meinst, die machen so was?“
„Keine Ahnung. Wenn, dann wohl eher jemand von ‚Pure Energy‘. Einer, der daran arbeitet, dass ‚PRO!‘ und alles, was mit ihrer Kampagne zusammenhängt, einen schlechten Ruf bekommt. – Wir brauchen auf alle Fälle den, der den Sprengstoff besorgt hat!“
„Dorli sagt, dass sie von nichts gewusst hat. Ich glaube ihr. Sie ist bei ihrem Freund im Krankenhaus.“
„Und du?“
„Es ist halb sechs. Ich bin daheim. Ich brauche ein paar Stunden Schlaf. Dann mache ich mit dem Programm für die Videoaufzeichnung weiter.“
Ich sehe hinaus. Tatsächlich. Der Himmel hat einen graurosa Schimmer. Ein neuer Tag kündigt sich an.
„Ich stehe gleich auf“, murmelt Oskar, als ich endlich wieder ins Bett krieche. Danach atmet er gleichmäßig weiter. Eine Stunde hat er noch, dann muss er wirklich raus. Verhandlungstag. Ich streichle über seinen breiten Rücken und schließe die Augen.
Gismo. Irgendwo ist ein Riesenfeuer und Gismo verbrennt. Gismo! Sie steht neben meinem Bett und maunzt zum Steinerweichen. Ich sehe auf die andere Bettseite. Oskar ist bereits weg. Wie spät ist es? Etwas nach zehn. Der ist schon lang nicht mehr da. Offenbar hat er vergessen, die Tür zum Schlafzimmer zuzumachen.
Wie lang steht meine Katze schon hier und brüllt? Ich sehe auf die beiden Telefone. Keine neue Nachricht, kein Anruf. Fran wird noch schlafen. Ich muss ganz dringend mit dem angeschossenen Aktivisten reden. In welchem Krankenhaus ist er? Wie heißt er? Hat Fran mir das gestern gesagt? Ich stehe auf. Alle Versuche, das Geschrei zu ignorieren, sind zwecklos, ich weiß das. Ich füttere Gismo. Eigentlich sollte ich meiner Katze dankbar sein, höchste Zeit, dass ich so einiges unternehme.
Ich stelle mich unter die Dusche, versuche endgültig wach zu werden. Telefon. Nass renne ich hin, Fran.
„Von den Umrissen her kann der im Sack Gruber sein. Zumindest passt die Statur, auch das wahrscheinliche Gewicht. So viel hab ich mit meinem Programm zusammengebracht. Gar nicht schlecht. Ich versuche vielleicht, es der Polizei zu verkaufen.“
„Und was ist mit dem Wagen im Wald?“
„Das ist mir noch besser gelungen.“ Fran macht eine Kunstpause. Hat er wohl bei seiner Mutter gelernt.
„Also was?“
„Es ist tatsächlich ein schwarzer Hummer. Und ich konnte Teile des Kennzeichens entziffern. Mam hat schon vorgearbeitet und herausgefunden, welche
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