Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi
Liste gelandet ist, im „Göttinnen-Freiraum für Seele und Geist“ tut? Aber andererseits war ich eben auch zu neugierig, um gar nicht bei Facebook dabei zu sein. Ich bestätige die Freundschaftsanfrage von „PRO!“ und suche zum Ausgleich den Facebook-Eintrag von „Pure Energy“. Da gibt es allerdings bloß eine Fan-Seite. Und „Fan“ dieses Konsortiums zu werden, erscheint mir doch etwas zu viel.
Droch. Der müsste Ex-Vizekanzler Gruber eigentlich gut kennen. Droch ist seit ewigen Zeiten Politik-Chef beim „Magazin“. Einer der wenigen wirklich angesehenen Journalisten bei uns. Vor seinen treffenden Kommentaren erzittern Österreichs Politiker. Okay, die scheinen inzwischen vor bald etwas zu zittern, das in einer Zeitung steht und kein Inserat ist. Mir ist Gruber nur selten begegnet. In seiner Zeit als aktiver Politiker habe ich mich noch um die Society-Themen gekümmert. Ich kann mich erinnern, dass er auf irgendeiner Charity-Gala Rotwein über seinen scheußlichen weißen Smoking bekommen und sich schrecklich darüber aufgeregt hat. Wahrscheinlich nicht die beste Eintrittskarte, daran anzuknüpfen.
„Gruber?“, fragt Droch. „Er ist nicht dumm. Aber er hat sich immer missverstanden und unter seinem Wert geschlagen gefühlt. Er wollte Kanzler sein.“
Eine aktuelle Telefonnummer oder sonst einen brauchbaren Zugang zum jetzigen Chefberater von „Pure Energy“ hat er leider aber nicht. Ich erzähle Droch noch von der Bundesheerübung bei der Gasstation. Üblicherweise krachen wir aneinander, weil er es liebt, Institutionen und konservative Werte zu verteidigen. Natürlich auch, um mich auf die Palme zu bringen und dann als naiv verspotten zu können. Tut unserer Freundschaft keinen Abbruch. Generalleutnant Unterberger hält er für einen der wenigen guten Offiziere, die unser Heer hat. Dass man Übungen wie die in Treberndorf lieber so unbemerkt wie möglich durchführe, sei klar. Und wenn ich nun doch darüber schreiben dürfe, dann nur, weil Unterberger die ganze Sache eben nicht besonders wichtig finde.
„Terrorgefahr ist nicht wichtig?“, frage ich.
„Du bist es doch, die solche Bedrohungen dauernd kleinredet“, kontert er.
„Wenn du die Hubschrauber gesehen hättest: fast zum Angreifen nah, das unbeschreibliche Knattern, wie in Vietnam …“
„Jetzt bleib einmal auf dem Boden. Das war eine winzige Übung. Ich hab Hubschrauber erlebt, damals in Vietnam.“
Dass ich daran nicht gedacht habe. Droch war in jungen Jahren Kriegsberichterstatter. Der Vietnamkrieg ist schuld daran, dass er im Rollstuhl sitzt. Und ich rede da blöde über ein paar harmlose Bundesheerbrummer.
Droch grinst. „Schau nicht so. Du warst es nicht, die mir damals das Rückgrat gebrochen hat. Und Hubschrauber war es auch keiner. Es war das fehlende Wasser im Hotelpool, in den ich Idiot gesprungen bin. – Schon vergessen?“
„Dir kann niemand das Rückgrat brechen“, lächle ich. „Im übertragenen Sinn zumindest. Fragt sich, wie viel Rückgrat Gruber und die Typen haben, die aus der Politik zu den großen Energieunternehmen gewechselt sind.“
„Von irgendetwas muss der Mensch schließlich leben“, gibt Droch zurück und wir starten ein weiteres unserer harmlosen Scharmützel.
Ich habe keine andere Idee, als noch einmal Carmen anzurufen. Wenn sie glaubt, dass ich in Oskars Auftrag hinter ihr her spioniere, dann ist das eben Pech.
„Du willst ein Interview mit Gruber?“, fragt sie. „Kann ich versuchen. Wann hast du Zeit?“
Sieh an, Oskars Töchterchen scheint beste Beziehungen zu haben. Und das als Praktikantin. „Wie viele Leute arbeiten eigentlich bei ‚Pure Energy‘?“, will ich wissen.
„Ich hab keine Ahnung, wie viele es europaweit sind. Die haben in den meisten Ländern Büros. In der Türkei machen sie gerade ein ganz großes auf. Da fahre ich demnächst hin. In Österreich sind es wohl so zweihundert.“
„Und alle können mit Gruber Termine vermitteln?“
„Glaube ich weniger.“ Carmens Stimme klingt kühl. „Soll ich es nun versuchen oder nicht?“
„Ja klar, bitte versuch es!“
Am Nachmittag weiß ich, dass Carmen tatsächlich einiges bewegen kann. Zumindest den Ex-Vizekanzler. Er freut sich, mich morgen im „Fabios“ zu treffen. Beim Wiener Nobelitaliener. Kein Ort, um unbemerkt miteinander zu reden. Er scheint nichts gegen ein wenig Öffentlichkeit zu haben.
Und dann sitzen wir tatsächlich in der Auslage des Lokals, dort, wo uns alle sehen können. Gruber legt
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