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Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi

Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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bei der Lobbyisten-Mafia. Kann gut sein, dass er von ‚Pure Energy‘ gesponsert wird. Ich nehme an, Sie haben von denen schon gehört?“
    Ich nicke. „Sie meinen … die haben ihn gekauft?“
    Tina Bogner lächelt. „Hintergrundinformation, nichts, was Sie zitieren können. Wir sollten uns auf zum Fest machen. Es ist am anderen Ende des Dorfs beim Windpark. Wahrscheinlich ist Karl Novakschon dort. Wir betreuen die Griller. Und wer will, bekommt natürlich auch unsere Aufkleber. Außerdem kann man mit dem Kran zu einem Windrad hinauffahren. – Haben Sie Lust?“ Tina Bogner hat mich dabei angesehen, aber Vesna antwortet: „Natürlich! Sehr spannend!“
    Ich bin mir da nicht so sicher, andererseits wäre es schon gut, den Blick von oben im „Magazin“ zu beschreiben. Ein großer Wagen fährt vor, der Wirtschaftsminister und der Energieausschussvorsitzende steigen ein. Hat man ihn wirklich gekauft? Oder übertreibt Tina Bogner? Ich werde der Sache jedenfalls nachgehen. „Pure Energy“, die scheinen jedenfalls wirklich überall aufzutauchen. Die Blasmusikanten stellen sich in Marschformation auf, zwei junge Mädchen in Tracht bieten den verbliebenen Ehrengästen Schnaps an. Wirkt wirklich nicht wie die Feier einer Vorreitergemeinde in Sachen Energietechnologie. Ob ich mich dazustellen soll? Es ist Mittag. Und ich bin kein Ehrengast.
    „Wollen Sie auch?“, fragt Tina Bogner und deutet in Richtung der Marketenderinnen.
    „Haben Sie eigentlich eine Tracht?“, frage ich zurück.
    Die Werbefachfrau lacht. „Steht mir nicht, Anpassung hat ihre Grenzen. Zum Glück bin ich ja keine Landespolitikerin. Aber ich hab nichts dagegen. Wir müssen uns auch da von alten Vorurteilen lösen. Die Blut-und-Boden-Zeit ist vorbei. Nur weil die Nazis so vieles vereinnahmt haben, müssen wir es nicht auf alle Zeit ablehnen. Tracht hat es lange vor Hitler gegeben.“
    „Die Menschen, die im Krieg Kinder waren, leben noch“, erwidere ich.
    „Klar. Mein Vater wurde 1944 geboren. Aber für mich ist der Zweite Weltkrieg eben Teil der Geschichte. Wir müssen etwas gegen moderne Kriege unternehmen. Da geht es nicht mehr um Ideologie, sondern um Ressourcenverteilung. Um Energie.“
    Womit wir wieder beim Thema wären.
    „Ist Unsinn“, sagt Vesna unerwartet heftig. „In Jugoslawien es ist nicht um Energie gegangen, sondern um Rassismus. Um Religion. Und natürlich um Macht.“
    Tina Bogner sieht sie irritiert an. „Tut mir leid, manchmal machen wir es uns vielleicht zu einfach. Aber natürlich ging es auch um einen wirtschaftlichen Verteilungskampf.“
    „Und warum man hat dann reichere Slowenien schnell gehen lassen und im armen Kosovo gekämpft? Ist erst zwanzig Jahre her“, erwidert Vesna.
    „Ich muss leider dringend zum Festplatz …“, zieht sich die „PRO!“-Sprecherin aus der Affäre.
    „Von Politik die hat nicht viel Ahnung“, raunt mir Vesna zu. „Wer wirklich Zukunft verbessern will, muss über Tellerrand schauen.“ Sieht so aus, als würde sie Tina Bogner nicht besonders mögen.
    Inzwischen hat sich der Zug durchs Dorf in Bewegung gesetzt. Vorneweg die Musikanten, dann die Politiker und Medienleute, schließlich der Rest der Bevölkerung. Regina, die „Magazin“-Fotografin, winkt und kommt zu uns herüber. Ja, sie bleibe noch und werde am Festplatz fotografieren.
    Auf dem Weg dorthin rede ich mit einigen Leuten aus dem Dorf. Klar sei er für den neuen Namen, sagt einer, so stehe Ravensbach wenigstens auch einmal in der Zeitung. Ob er seine Heimatgemeinde in Zukunft Sonnendorf nennen werde? Wenn er nicht darauf vergesse, schon. Eine Frau erzählt, dass sie bei der Firma, die Windräder wartet, Arbeit gefunden hätte. – Und als was sei sie dort beschäftigt? – Na, als Technikerin. Es scheint sich doch etwas zu verändern in unserer Welt, vielleicht auch in Ravensbach alias Sonnendorf.
    Bei den Windrädern dann die nächste Überraschung: Hier sind weit mehr Leute versammelt als bei der Enthüllung der Ortstafel. Mindestens fünfhundert haben sich eingefunden, um den neuen Dorfnamen zu feiern. Hühner werden auf langen Spießen gebraten und riechen genau so wie auf vielen anderen Dorffesten. Wahrscheinlich sind sie wie auch sonst üblich unbarmherzig lang gegart und mindestens doppelt tot. Es gibt Weinstände, hinter einer Vitrine verkaufen Frauen Kuchen. Eine Hüpfburg ist von Kindern umlagert und an den vielen Heurigentischen trinken die Menschen auf den schönen Tag und ihr plötzlich interessant

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