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Unter Tage

Unter Tage

Titel: Unter Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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vierzig Science Fiction-Filme geschrieben. Jeder erfolgreich. Kenne die SF besser als meine Frau. Was gefällt Ihnen nicht? Charaktere? Handlung? Dialoge? Autor?«
    »Aber nein! Nein!« Cornings schnitt eine indignierte Grimasse. »Sie mißverstehen mich, deBorre. Alles ist erstklassig! Spannend, spritzig, und dieser Hugh Harris … Nun, er ist genau der smarte Typ, der ich schon immer gern sein wollte, als ich jung und picklig war …
    Und, zum Teufel, ich war dieser Hugh Harris, während der Sensiprojektor lief! Ich erwachte aus der Schutzparalyse! Ich fand den geheimnisvollen Zettel! Ich verschwand in diesem Tunnel! Es war das Größte, was ich jemals erlebte!
    Keine Sorge, deBorre, Ihr Drehbuch ist erstklassig, einwandfrei! Eines Ihrer faszinierendsten Werke! Das ist Science Fiction, wie sie die Leute lieben! Glauben Sie einem grauhaarigen Marktkenner!
    Nur, hm, einige Details, im Grunde natürlich völlig unwichtig, kaum der Rede wert, ich bin ja auch Laie, und Sie sind Fachmann … aber da sind so diese Marktzwänge, Sie verstehen? Außerdem dürfen wir keinesfalls vergessen, daß Sensifilme etwas absolut Neues, noch nie Dagewesenes sind!
    Wir müssen sehr behutsam und mit Fingerspitzengefühl an die Sache herangehen, oder Cornings Cinema Ltd. schaufelt sich ihr eigenes Grab: Bedenken Sie die Kosten …«
    Cornings überlegte angestrengt. »Begreifen Sie doch, was ein Sensifilm für einen normalen Menschen, für … ja, beispielsweise für Mister Smith bedeutet!
    Welche Möglichkeiten besaß denn Mister Smith bisher, um sein Alltagsleben, seinen rabiaten Chef, seine unzufriedene, keifende Frau, seine plärrenden, aufsässigen Kinder zu vergessen?
    Alkohol – aber nicht oft (seine Frau …) –, Comics, Pornos, Wildwestfilme. Alles in allem einige lächerliche, unvollkommene Hilfsmittel. Er ist ahnungslos, weiß also nicht, was eine andere Realität eigentlich bedeutet.
    Genauso ahnungslos also betritt er ein Sensikino, in dem gerade Elf Uhr morgens – Terror in Gun City, der erste Sensiwestern der Cornings Cinema Ltd., läuft. Plötzlich ist er nicht mehr Mister Smith, sondern er ist für zwei Stunden … Er ist Jim Colt auf dem Weg zum Duell mit den Morgan-Brüdern. Er ist Jim Colt!
    Er geht über die staubige Straße der kleinen Stadt, mit klirrenden Sporen, lockerem Revolver, den breitkrempigen Hut in den Nacken geschoben, er riecht den Schweiß der Pferde, spürt die Sonnenstrahlen heiß auf seinen muskulösen Rücken brennen, kommt am Saloon vorbei, wo der Whiskydunst seine Nüstern umspielt, wo ihn die Blicke von Kitty, der blonden Barsängerin, treffen, die aufgeknöpfte Bluse, unter der … Die anfeuernden Rufe der erregten, blutlüsternen Menge …
    Begreifen Sie, was dieses Erlebnis für unseren Mister Smith bedeuten muß? Eine neue Welt entsteht für ihn, und er begreift, daß dies für ihn die langersehnte Gelegenheit ist, in Zukunft seinen Alltagsproblemen zu entkommen!
    Und diese Hoffnung dürfen wir nicht enttäuschen.«
    »Halten Sie uns nicht für Idioten, Mister Cornings?« knurrte deBorre unwillig. »Sind mit den psychologischen Simulationsphänomen des Sensiprojektors bestens vertraut! Sagen Sie endlich, was Ihnen an Die Erde schweigt nicht paßt, oder ich lege die Arbeit nieder!« Er war rot vor Zorn und zitterte.
    Cornings zwinkerte irritiert, drückte dann seine Zigarre im Marmoraschenbecher aus, blickte hinauf zur Decke und murmelte: »Kein Sex. Keine Action. Zuviel Sensireize.«
    Trusk fuhr auf. »Haben Sie eigentlich das Drehbuch gelesen, Mister Cornings?« fragte er argwöhnisch. »Denken Sie doch an die vor Erotik knisternde Szene, in der Harris auf die frivol gekleideten Frauen in der Tiefschlafkammer stößt, kurz nachdem ihn der Zeitmoloch, dieses sechsbeinige, tentakelbewehrte Monster, bei einem heimtückischen Überfall beinahe umgebracht hätte! Nur die Silberne Göttin aus der Zukunft mit ihren enormen Laserbrüsten im Kampf mit den Androiden der Ewigen Tyrannen übertrifft diese Szenen noch an Dramatik! Da haben Sie Ihren Sex, Ihre Action!«
    »Ich lese jedes Drehbuch, das auf meine Kosten verfilmt wird, Trusk«, entgegnete Cornings betont. Auf seiner Stirn entstand eine steile Unmutsfalte. »Schließlich geht es um mein Geld, oder?«
    »Natürlich, Mister Cornings, natürlich!« Trusk schrumpfte sichtlich zusammen.
    In gewisser Hinsicht, dachte er philosophisch, haben Drehbuchautoren und Produzenten eines gemeinsam: Beide vertragen keine Kritik.
    »Glaube, ich weiß, was

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