Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter Tage

Unter Tage

Titel: Unter Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
Vom Netzwerk:
Sie meinen«, bemerkte deBorre nachdenklich. »Lahmer Anfang, stimmt’s?«
    Cornings lächelte erfreut. »Ich wußte, daß ich mich auf Sie verlassen kann, deBorre! So ist es! Immerhin wollen wir diese erste Szene schon vorab als Werbespot in den Sensikinos laufen lassen! Wir gewähren freien Eintritt, und die Leute kommen in Scharen, und damit sie sich später auch den ganzen Film ansehen … äh … oder wie man das auch nennen soll, müssen wir ihnen auch etwas bieten.« Er senkte die Stimme. »Im Vertrauen, meine Herren, MGM arbeitet mit Volldampf an einer historischen Abenteuergeschichte: Degen, harte Männer, schöne Frauen im Korsett, Kampf und Liebe, Sie begreifen?«
    Trusk kratzte sich gedankenverloren am Kinn. »Eine Frau«, murmelte er sinnend, »ja, natürlich. Wir müssen den weiblichen Gästen eine Identifizierungsfigur bieten. Oder« – er lachte hohl – »man beschuldigte uns noch der Anstiftung zum Transvestitentum.«
    »Bravo!« Cornings klatschte enthusiastisch in die Hände. »Ein Sensifilm macht alles möglich! Jedes unscheinbare Mauerblümchen kann in Die Erde schweigt zu der zart nach Rosen duftenden Ylyssa Majoreen werden! Jeder Hanswurst wird an den Ohrläppchen der platinblonden Sexbombe vom Mars knabbern! Meine Herren, wir werden in Geld schwimmen!«
    »Rosen? Ylyssa Majoreen? Mars?« echote deBorre verwirrt. »Wovon reden Sie?«
    »Von unserem weiblichen Star, deBorre!« erklärte Cornings ungeduldig. »Wer von uns beiden ist eigentlich der Autor? Hören Sie, diese Ylyssa muß direkt in der ersten Szene auftauchen, klar? Was halten Sie davon? Harris hat sie auf dem Mars …«
    »… Barnards Stern«, verbesserte deBorre entsagungsvoll.
    »… also irgendwo auf der Milchstraße aufgelesen und sie vor den hungrigen Mäulern von Menschenfressern oder Vampiren oder was weiß ich bewahrt, und aus Dankbarkeit verliebt sie sich in ihn und begleitet ihn zur Erde.
    DeBorre, Sie kennen sich doch aus! Lassen Sie sie mit den Wimpern klimpern, irgend etwas Romantisches wie So viele Sterne, liebster Hugh! hauchen und … aber warum erzähle ich Ihnen das? Schließlich ist das Ihre Angelegenheit! Ich bin nur der Produzent! Nur der Produzent!«
    DeBorre seufzte resignierend und kritzelte hastig eine Handvoll Notizen auf seine Pappmanschette.
    »Den Sex haben wir also«, resümierte Trusk und fingerte in den Taschen seines schweißdunklen Hemds. »Was ist mit der Action?«
    »Meteore!« DeBorre schob sich eine Locke aus den Augen. »Meteore gefallen! Sind auch wirksam, meine ich. Ssssss, und die Raumschiffswand ist durchlöchert. Ed Frame dichtet sie mit seinem Pilotenhandbuch ab und …«
    »Keine Einzelheiten«, unterbrach Cornings. »Wie oft soll ich das noch sagen?«
    DeBorre verstummte.
    »Was meinten Sie mit den Reizen?« Trusk zerrte eine zerdrückte Zigarettenschachtel aus einem seiner mit bunten Fransen verzierten Lederstiefel und sah sie forschend an. »Die Kälte vielleicht? Am Schluß, als Harris vor dem Tunnel …? Ein guter Gag, oder? Ich bekam doch tatsächlich eine Gänsehaut, so perfekt war die Illusion!«
    »Eben, Trusk, eben«, nickte Cornings grimmig. »Hören Sie, das geht nicht, das geht auf keinen Fall!«
    »Warum nicht?« DeBorre hatte seine Notizen beendet und überflog die krummen Buchstabenschlangen. »Wollten doch Realität, oder? Schließlich ist das ein Sensifilm und keine Gute-Nacht-Erzählung.«
    »Verstehen Sie mich nicht falsch, deBorre, es liegt nicht an mir, wirklich nicht.« Cornings gab Trusk Feuer. »Ich persönlich liebe Kälte, bin ganz vernarrt in sie. Aber ich habe Zweifel, ob die Rechtsabteilung damit einverstanden sein wird.«
    »Rechtsabteilung? Was hat die mit der Kälte im Tunnel zu tun? Begreife nicht, worauf Sie hinauswollen!«
    »Denken Sie doch einmal an die ahnungslosen Leute, die sich mit diesem Harris identifizieren, die Hugh Harris sind«, verdeutlichte Cornings. »Plötzlich werden sie in die Höhe gehoben und rasen auf den Tunnel zu, wo ihnen die Kälte Leben und Geist aussaugt. So weit, so gut! Das Sensisystem liefert Realismus. Die Leute begreifen das.
    Aber später! Am nächsten Morgen schon! Einige bekommen Schnupfen, weil sie in der Nacht bei offenem Fenster geschlafen und sich erkältet haben; andere wiederum, die aus irgendwelchen Gründen mit Vorliebe in nassen Socken herumlaufen, erkranken an einer handfesten Grippe; die dritten bilden sich Frostbeulen, Lungenentzündung und Keuchhusten ein und so weiter und so weiter! Und wer ist schuld

Weitere Kostenlose Bücher