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Unter Tage

Unter Tage

Titel: Unter Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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Südafrika, im Kongo, im Amazonasgebiet, in Arizona, und nun auch hier …«
    »Was für Unglücke? Was wissen Sie von diesen Sachen? Wie kommen Sie darauf? Was wollen Sie damit andeuten, Corton?«
    »Die Arbeiter in den Bergwerken … sie erhalten ihren vollen Lohn erst nach Ende der Arbeiten, wenn die Uranminen ausgebeutet sind und ein weiterer Abbau sich finanziell eigentlich nicht mehr rentiert. Bis dahin bekommen wir Bergleute nur eine Abschlagszahlung und freie Kost und Unterkunft. Zum Schluß der Arbeiten holt man die Fördermaschinen aus den Stollen; die kleinen Nebenflöze des Urans kann man dann nur noch per Hand abbauen. Man schickt die Arbeiter wie immer in die Stollen und dann …«
    »Was, und dann?« fuhr Benner dazwischen. Seine Stimme zitterte wie eine Vogelfeder im Wind.
    »Ich bin Sprengmeister. Sie sagten, ich solle alles für die Zerstörung des Bergwerks vorbereiten, damit es gesprengt werden könnte, wenn sie es nicht mehr verwerten können. Belogen, man hat mich belogen …«
    »Sie sind ja wahnsinnig, Corton! Das ist doch das Hirngespinst eines kranken Gehirns! Man bringt uns doch nicht so einfach um! Das ist nicht möglich, Corton!«
    »Es ist die billigste Methode«, sagte Corton leise. »Die Bergwerksgesellschaft spart die Löhne, die Abfindungen, die sozialen Folgebelastungen. Und niemand ist da, der bei der Konkurrenz die betriebsinternen Techniken ausplaudern kann.«
    »Aber die Zeitungen! Die Öffentlichkeit erfährt davon! Es ist doch noch nicht soweit, daß irgendwelche Leute Hunderte von Menschen kaltblütig ermorden können, ohne daß jemand davon erfährt, ohne bestraft zu werden!«
    In der Dunkelheit wirkten die Worte schal und leer.
    »Die Zeitungen«, hustete Corton. »Alle in der Hand der Konzerne. Keiner wagt etwas zu sagen. Zu viele Arbeitslose. Wer nicht dem Willen des Herausgebers nachkommt, verliert seine Stelle. Tausend andere stehen schon bereit. Das ist das Problem, Benner. Zu viele Menschen ohne Arbeit. Keine Solidarität mehr. Arbeit bedeutet Geld. Wissen Sie, wieviele Menschen von ein paar Mark Arbeitslosenunterstützung oder Sozialzuschüsse vor sich hin vegetieren? Menschen, die Familie haben?«
    »Nein. Es müssen Millionen sein. Aber warum unternimmt niemand etwas? Es muß doch Leute geben, die etwas dagegen unternehmen, die die Verbrechen, die Ungerechtigkeit erkennen. Warum unternimmt dann niemand etwas?«
    Cortons Husten hörte sich gequält und müde an. »Wird alles verboten. Menschen, die sagen, wie es wirklich ist, verhaftet, isoliert man. Bezeichnet sie als Verbrecher, Aufrührer, Geisteskranke, Umstürzler. Die Konzerne haben den Staat in der Hand. Er ist auf die Konzerne angewiesen. Und der Staat hat die Macht. Darum, Benner, kann niemand etwas machen. Alle werden überwacht. Alle.«
    »Und früher?« rief Benner. »Wie war es früher? Da hätte man doch noch etwas dagegen tun können. Warum haben die Menschen damals nicht erkannt, wo es hinging? Warum hat damals keiner etwas getan?«
    Corton hustete wieder. Es schmerzte in den Ohren. »Natürlich. Natürlich gab es früher Menschen, die erkannt hatten, was die Macht der Konzerne und der multinationalen Wirtschaftsspekulanten bedeutete. Aber die meisten Menschen hatten kein Interesse an den Dingen. Ihnen wurden beschönigende Nachrichten, tendenziöse Informationen vermittelt.
    Außerdem, sie hatten ihre Autos, ihr Fernsehen, ihre Modezeitschriften, ihre Drogen, all die Dinge, um sich abzulenken, um abgelenkt, manipuliert zu werden. Und diejenigen, die etwas dagegen zu sagen wagten, wurden verhetzt, mit Lügen diffamiert.
    Und bald, als es wegen der Automation und den stetig wiederkehrenden Rezessionen immer weniger Arbeit und immer mehr Arbeitssuchende gab, erhielten die Konzerne immer mehr Macht über das Volk und über die auf Steuereinnahmen angewiesenen Regierungen; sie infiltrierten den Staat, der sich ihren offenen und stillen Drohungen beugte, weil die Verwalter des Staates auf den Seiten der Konzerne standen. Immer. Gestern. Heute. Morgen.
    Und nun, nun sitzen wir hier. So wie Tausende vor uns und Tausende nach uns. Und können nichts mehr tun.«
    Corton atmete keuchend. Seine ganze Brust schien vor Schmerz in Flammen zu stehen.
    Benner fragte: »Wir müssen sterben, ja? Niemand kommt, um uns herauszuholen, nicht wahr? Die da oben wollen, daß wir sterben?«
    »Ja, wir müssen sterben«, antwortete Corton. »Sie wollen, daß wir sterben.«
    »Viertausend Mark Inflationsgeld, das ist ihnen für

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