Unter Verdacht
»Tun Sie sich das nicht an, Sylvia. Es bringt nichts.«
»Wir werden ja sehen«, meinte Sylvia. »Besser ein gescheiterter Versuch als gar keiner. Ich bin bald wieder da. Dann wissen wir, ob Sie recht haben.«
Das Tonband lief seit zehn Minuten mit.
»Ich war Zeuge, wie Gregor Frau Candela bedrohte!« Sylvia saß Sachs gegenüber. »Er gab offen zu, dass er das Geld unterschlagen hat, und wollte Karen zwingen, die Schuld auf sich zu nehmen.«
Sachs seufzte ergeben. »Frau Mehring, wenn Sie an meiner Stelle wären, würden Sie die Geschichte nicht auch als ziemlich abenteuerlich, ja fast absurd ansehen?«
»Ist das alles, was Sie dazu zu sagen haben?« Sylvia verstand Sachs nicht. Schon während sie das Gespräch mit Gregor wiedergab, hatte sie deutlich seine Zweifel an ihrer Aussage gespürt.
»Sie glauben mir kein Wort«, stellte Sylvia frustriert fest.
»Ich habe meine Gründe«, erwiderte Sachs.
»Und? Darf man die erfahren?«
Sachs zögerte, doch dann rückte er mit der Sprache heraus. »Frau Mehring, es ist ein offenes Geheimnis, dass Sie und Frau Candela eng miteinander befreundet sind. Will sagen, Sie haben ein Verhältnis miteinander. Ich verstehe, dass Sie Frau Candela helfen wollen. Aber bedenken Sie bitte, dass derartige Aussagen, wenn sie falsch sind, Sie vor Gericht bringen können.«
Sylvia traute ihren Ohren nicht. »Was sagen Sie da? Das glaube ich doch nicht.« Ruhig Sylvia! ermahnte sie sich. Du darfst jetzt nicht aufbrausen. »Erstens«, erklärte sie deshalb so gelassen wie möglich, »ist die Art meines Verhältnisses zu Frau Candela lediglich ein freundschaftliches. Und zweitens, selbst wenn es mehr wäre, wäre das völlig irrelevant. Ich bin nämlich nicht der Typ Frau, der als verliebte dumme blinde Kuh herumläuft. Ich sage die Wahrheit!"
Sachs zog die Augenbrauen hoch. »Gehen wir davon aus. Und gehen wir auch davon aus, dass der Unfall, wie Sie sagen, kein Zufall, sondern ein Anschlag war. Es kann alles Mögliche dahinterstecken: die Verzweiflungstat eines ehemaligen Angestellten, der Racheakt eines Konkurrenten, es kann auch ein ganz willkürliches Attentat gewesen sein.«
»Und Gregors Drohung und sein Quasi-Geständnis?« gab Sylvia zu bedenken.
»Wollen Sie das zu Protokoll geben?«
»Wenn das bewirkt, dass Sie mir glauben.«
»Hat Gregor wirklich gesagt, er weiß, wer Drechsler getötet hat?« hakte Sachs nach.
»Ja, und ich bin mir sicher, er erpresst denjenigen.«
»Wenn wir ihn vorladen und befragen, weiß er, dass wir die Informationen nur von Ihnen haben können. Das würde Sie gefährden«, meinte Sachs nachdenklich.
»Heißt das, Sie glauben mir jetzt?«
»Ich glaube nie etwas, bevor ich die Beweise schwarz auf weiß vor mir habe. Aber ich ziehe alle Möglichkeiten in Betracht.«
»Wie wäre es, wenn Sie Gregor beschatten lassen?« schlug Sylvia vor.
»Das zu entscheiden, müssen Sie schon mir überlassen«, meinte Sachs säuerlich. »Wir haben weiß Gott nicht so viele Leute, auf einen bloßen Verdacht hin jedem einen Mann hinterherzuschicken.« Er schaltete das Tonband aus. »Ich lasse das Band abtippen. Zur Unterschrift müssen Sie dann noch mal vorbeikommen.«
Sylvia ging. Sie war enttäuscht. Es war gekommen, wie Karen vorausgesagt hatte. Man glaubte ihr nicht. Sachs Reaktionen ließen kaum Zweifel daran, dass er sie, wenn nicht für eine Lügnerin, so doch für ein Opfer ihrer Emotionen hielt.
Wieder bei Karen im Büro, berichtete sie. Dabei schwankten ihre Gefühle zwischen Wut und Enttäuschung.
»Offensichtlich hält Sachs meine Aussage für das Ergebnis einer übergroßen Sympathiebezeugung, die ich nicht in der Lage bin zu kontrollieren«, meinte Sylvia sarkastisch und schwächte damit Sachs Version erheblich ab. Trotzdem konnte sie ihre Verlegenheit nicht verbergen.
»Er kennt Sie eben nicht. Er kann nicht wissen, dass Sie, wenn überhaupt, nie länger als ein paar Sekunden die Kontrolle über sich verlieren«, stichelte Karen.
»Schön, dass Sie das witzig finden. Ich frage mich, warum ich mir eigentlich die ganze Mühe mache. Weder Sie, die vor kurzem mit viel Glück einen Anschlag überstanden hat, noch die Kripo, deren Aufgabe es wäre, der Sache nachzugehen, zeigen sich irgendwie beteiligt an dem Vorfall.« Und ehe Karen es verhindern konnte, war Sylvia aus der Tür.
Sylvia setzte ihre Wut auf Karen in Energie um. Sie rief Anne an und fragte: »Steht dein Angebot noch? Hilfst du mir beim Renovieren?«
»Mach die Malerrollen klar,
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