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Unter Verdacht

Unter Verdacht

Titel: Unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Arden
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geben.«
    »Ja – bist du denn jetzt vollends verrückt?« Werner Mehring wurde selten laut, aber nachdem, was er eben gehört hatte, fiel es ihm sichtlich schwer, beherrscht zu bleiben. »Ist dir klar, dass ich dich jetzt eigentlich anzeigen müsste?«
    »Das kannst du nicht. Du würdest gegen die Interessen deiner Mandantin handeln. Das steht im Widerspruch zu deinem Anwaltskodex – oder wie ihr das nennt«, erwiderte Sylvia störrisch.
    »Das ist aber auch der einzige Grund, warum ich es nicht tue!« rief Mehring aufgebracht. »Nicht auszudenken, welche Folgen es hat, wenn das rauskommt. Schon mal etwas von Glaubwürdigkeit gehört? Was meinst du – wie groß ist die gegenüber Leuten, die in fremden Wohnungen auf Raubzug gehen?«
    »Aber . . .«
    »Nichts aber!« unterbrach Mehring scharf. »Wir können nur hoffen, dass ihr clever genug wart, keine Spuren zu hinterlassen. Andernfalls . . .«
    »Gregor hat keine Anzeige erstattet«, warf Sylvia ein.
    »Bis jetzt! Aber er kann sich denken, wer dahintersteckt. Hoffen wir, dass er die Fragen der Polizei mehr fürchtet, als ihm die Tatsache, Karen noch weiter zu belasten, wert ist.«
    Werner Mehring sah seine Tochter blass werden.
    Er senkte seine Stimme und meinte etwas milder: »Wie wäre es, wenn du in Zukunft mir die Sache überließest? Ich weiß, wie man so etwas macht. Im übrigen ist es eine goldene Regel des Handwerks, sich nie an einem Fall emotional zu beteiligen. Das weißt du doch. Ich verstehe ja, dass du ihr helfen willst, aber doch nicht so!«
    Sylvia schaute hoch. In ihren Augen standen Tränen. Mehring sah seine Tochter betroffen an.
    »Schon gut.« Er legte beruhigend seine Hand auf ihre Schulter. Was zur Folge hatte, dass Sylvia ihre angestauten Gefühle nicht länger unterdrücken konnte. Die Tränen kullerten nur so über ihre Wangen. »Ich hab’s verpfuscht«, schluchzte sie.
    »Na, na. Noch ist ja nichts verloren«, beschwichtigte ihr Vater.
    »Ich meine nicht deinen Fall. Ich meine die Sache mit ihr«, sagte Sylvia kläglich und gestand: »Ich liebe Karen.«
    Werner Mehring schwieg verblüfft. »Dieser Abend ist voller Überraschungen«, meinte er schließlich. »Und was ist zwischen euch passiert, dass du so am Boden zerstört bist?«
    »Nichts. Na ja, fast nichts. Das ist es ja. Ich habe zu lange gezögert.«
    »Und nun, da sie mit einer anderen Frau zusammen ist, bereust du es?«
    »Ja. Nein«, schniefte Sylvia. »Sie ist nicht mit einer anderen zusammen. Aber durch mein ständiges Hin und Her habe ich sie verletzt. Einmal zuviel. Nun glaubt sie mir nicht mehr, dass ich sie liebe. Sie hält es für eine vorübergehende Phase.«
    »Und? Ist es das?« fragte ihr Vater.
    »Nein. Jedenfalls nicht, was sie betrifft.«
    »Bist du dir sicher?«
    Sylvia nickte. »Ich weiß nicht, ob ich nur Frauen mag. Aber ich weiß sicher, dass Karen diejenige ist, die ich liebe. Ich habe noch nie so für jemanden empfunden. Das klingt übertrieben, aber es ist so. Nur, sie lässt mich nicht mehr an sich heran.«
    »Tja, das hört sich wirklich an, als wäre die Sache ziemlich verfahren.«
    Sylvia schossen erneut die Tränen aus den Augen.
    »Bis vor wenigen Wochen war ich noch zufrieden mit meinem Leben. Ich hatte meinen Job, meinen Kater, euch. Alles war in bester Ordnung. Und jetzt heule ich bei dem Gedanken, es könnte wieder so werden.«
    Werner Mehring umarmte seine Tochter. »Deine Mutter hat mir viermal einen Korb gegeben, bis ich sie das erste Mal überhaupt ausführen durfte. Glaube mir, wenn sie dich liebt, wird sich alles wieder einrenken.«
    Sylvia schluchzte. »Und was, wenn nicht?«

29.
    D ie Verhandlung war öffentlich. Sylvia hatte auf einem der harten Stühle der Zuschauerplätze im Gerichtsaal Platz genommen. Karen saß kerzengerade auf dem Stuhl neben ihrem Anwalt. Werner Mehring stand jetzt auf und sprach zur Richterin und Staatsanwaltschaft: »Wir können beweisen, dass der unter so mysteriösen Umständen verschwundene Zeuge Frank Bachmann einige menschliche Schwächen hat, die seine Glaubwürdigkeit sehr in Frage stellen. Er ist ein sehr labiler Charakter und durch Spielschulden in arger finanzieller Not. Das macht ihn, da werden Sie mir bestimmt zustimmen, Herr Staatsanwalt, doch wohl sehr anfällig für kriminelle Beschaffung, wozu auch bezahlte Falschaussagen zählen. Seine Zeugenaussage, zu der wir ihn nicht mehr befragen können, ist also sehr zweifelhaft.« Den letzten Satz sprach Werner Mehring mit erhobener Stimme.

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