Unter Verdacht
»Und wenn ich das hinzufügen darf, mit der Tatsache seiner Spielschulden konfrontiert, hatte Bachmann sich in einem Gespräch mit mir bereits selbst widerrufen.«
»Der Herr Rechtsanwalt wird doch wohl nicht erwarten, dass wir seiner Aussage hier Beweiskraft anrechnen«, warf der Staatsanwalt kopfschüttelnd ein.
»Wenn Sie dazu nicht bereit sind, bitte ich Sie, mir eine einfache Frage zu beantworten. Warum hat sich denn der Zeuge entfernt, wenn er ein so rechtschaffener, glaubwürdiger Bürger ist? Ich werde Ihnen sagen, warum. Jemand, und zwar er selbst oder sein Auftraggeber, hat befürchtet, dass er sich während der Befragung in Widersprüche verwickelt. In Widersprüche der Art, dass seine Lügen erkannt werden.«
Der Staatsanwalt winkte ungeduldig ab. »Frau Richterin, das sind doch alles nur Spekulationen! Es geht hier nicht darum, die Motive des Zeugen zu ergründen, sondern um die Straftat der Angeklagten.«
»Das sehe ich nicht ganz so, Herr Staatsanwalt. Ich teile die Auffassung des Herrn Rechtsanwaltes in dem Punkt, dass, wenn er dem Zeugen eine Abhängigkeit nachweisen kann, durchaus dessen Aussage aus den Voruntersuchungen angezweifelt werden muss.«
»Sehr richtig.« Werner Mehring nutzte die Gunst des Augenblicks und brachte seine Verteidigung auf den Punkt. »Es handelt sich im hier verhandelten Fall nämlich nicht um eine Straftat meiner Mandantin, sondern um eine Verschwörung gegen sie. Einer sehr geschickt durchgeführten Verschwörung. So geschickt, meine Damen und Herren, dass sogar der Herr Staatsanwalt und die ermittelnde Behörde dieser aufgesessen sind.«
Ein Raunen ging durch die Zuhörer. Man erwartete gespannt die Erwiderung des Staatsanwaltes.
»Das ist eine unhaltbare Behauptung. Wir haben Beweise, die Frau Candela eindeutig als aktive Beteiligte am Betrug und an der Steuerhinterziehung überführen.«
Der Staatsanwalt brachte nun die Sprache auf die gefälschten Gutachten. Hier sah es nicht so gut für Karen aus. Ihre Unterschriften waren ausschlaggebend für die Beweisführung. Ein graphologisches Gutachten bestätigte die Echtheit der Unterschriften.
»Die Akribie des Herrn Staatsanwaltes ist lobenswert. Wir haben jedoch nie bestritten, dass die Unterschriften unter den Gutachten von Frau Candela stammen«, sagte Werner Mehring gelassen. »Wir bestreiten allerdings die betrügerische Absicht, die der Staatsanwalt Frau Candela unterstellt. Frau Candela unterschrieb lediglich vertrauensvoll die Gutachten, die ihr von ihrem Mitarbeiter vorgelegt wurden. – Eine Frage an Sie, Herr Staatsanwalt: Führen Sie jede Recherche zu Ihren Fällen persönlich durch?«
Widerwillig kam die Antwort. »Natürlich nicht.«
»Oder prüfen Sie die Ihnen vorgelegten Ermittlungsergebnisse alle noch einmal nach?«
»Sie wissen ebenso gut wie ich, dass das nicht möglich ist.«
»Ich weiß es. Und ich verlange ja auch nicht, dass Sie es tun. Sie sind es, der meiner Mandantin nicht zugesteht, dass sie sich auf die Zuarbeit ihrer Mitarbeiter stützt.«
»Frau Candela ist die Geschäftsführerin. Sie muss wissen, was sie unterschreibt. Wenn sie es nicht weiß, ist es ihre Pflicht, das zu prüfen.«
»Das ist wahr. Frau Candela war nachlässig.«
»Und wie erklären Sie, dass Frau Candela Inhaberin eines kostspieligen, weil wenig Gewinn bringenden Aktiendepots ist? Woher kommen die Einlagen dafür?«
»Das ist eine gute Frage. Ich würde sagen, vom wirklichen Betrüger. Er hat das Depot im Namen meiner Mandantin angelegt, um diese zu belasten«, erklärte Werner Mehring ruhig.
»Können Sie das beweisen?« fragte der Staatsanwalt stoisch.
»Noch nicht. Aber in Kürze.«
»Dann steht Ihre Theorie auf sehr wackligen Beinen.«
Die Verhandlung setzte sich noch eine Stunde mit solcher Art Für und Wider fort. Dann wurde dem Antrag Werner Mehrings auf eine Unterbrechung für die Dauer von drei Tagen entsprochen. Allerdings mit der Auflage, innerhalb dieser drei Tage die versprochenen Beweise beizubringen.
30.
K aren hatte Ellens Drängen nachgegeben und war zur Vernissage in die Galerie gekommen. Auch wenn ihr der Sinn eigentlich gar nicht nach Menschen stand, etwas Ablenkung vom Prozess würde ihr guttun.
»Du siehst deprimiert aus«, begrüßte Ellen ihre Schwester.
»Es geht mir gut! Es ist nett von dir, dass du dich sorgst, aber es ist völlig überflüssig.« Karen küsste Ellen auf die Wange.
»Na klar«, meinte Ellen leichthin. »Es wäre doch gelacht, wenn du dich von so ein
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