Untergang
schon, wie diese zweifelhafte Gleichung zu lösen war, sein Bruder Sauveur und Virgile Ordioni würden sie mit erstklassigem Schinken versorgen, drei Jahre altem Schinken, und mit Käse, mit etwas wirklich Außergewöhnlichem, so außergewöhnlich, dass wer auch immer davon kosten würde, zu Tränen der Dankbarkeit gerührt zum Portemonnaie griffe, und was den Rest betreffe, völlig zwecklos, sich zweitklassige Produkte aufzuhalsen, Schweinereien, die die Supermärkte als Produkte aus der Region verkauften, abgepackt in rustikalen, mit dem Kopf eines Mauren versehenen und ab Fabrik mit Kastanienmehlspray parfümierten Netzen, da könne man auch gleich ins Widerliche vorpirschen, frei heraus, ohne Schnickschnack, mit Schweinen aus China, übel zugerichtet in der Slowakei, die man für ’n Appel und ’n Ei wiederverticken könnte, aber Obacht, man dürfe die Leute auch nicht für dumm verkaufen, man müsse Farbe bekennen und dafür sorgen, dass sie die Preisunterschiede verstehen und nicht das Gefühl bekommen, einfach so gefickt zu werden, der Schmorbraten, geschenkt, Qualität, da musst du blechen, Ehrlichkeit sei unerlässlich an dieser Stelle, nicht nur weil sie eine beherzigenswerte Tugend an sich sei, sondern weil sie vornehmlich in etwa die Rolle von Vaseline spiele, Tabletts mit Kostproben müssten vorbereitet werden, damit die Gäste sich ein Bild machen könnten, Sie probieren zunächst und bestellen erst dann, aber nein, ich bitte Sie, nehmen Sie sich gern noch ein Stück davon, um ganz sicher gehen zu können, und diese skrupulöse Ehrlichkeit werde sich nur umso mehr auszahlen, als dass ihre Marge, wie auch immer schließlich entschieden werden würde, doch ungefähr die gleiche bliebe, sie würden sie bluten lassen, all diese Vollidioten, Arme wie Reiche, unbeachtet ihres Alters und ihrer Nationalität, bloß eben ehrlich, und sie währenddessen auch noch verhätscheln, ein Wirt müsse sich um seine Gäste kümmern, er dürfe seine Zeit nicht über seiner Kasse hockend verstreichen lassen wie dieser Armleuchter Gratas, er müsse zur Stelle sein, zuvorkommend, darauf bedacht, Freude zu bereiten, und somit wäre das eigentliche Problem, das es zu lösen gelte, die Kellnerinnen. Vincent Leandri nahm sie eines Abends mit zu einem seiner Freunde, der auf dem Festland mehrere Geschäfte betrieben hatte und nun am Strand eine schicke und diskrete Nachtbar führte, die ihm jedoch eine sofortige Verurteilung wegen schwerer Zuhälterei hätte einbringen müssen, wie Matthieu und Libero ziemlich schnell begriffen. Er empfing sie mit offenen Armen und verwöhnte sie mit reichlich Champagner.
»Ihr braucht jemand Zuverlässigen. Und einen, der weiß, wo’s langgeht.«
Er machte einen Telefonanruf und gab zu verstehen, dass Annie, eine erfahrene Kellnerin, die bereits für ihn gearbeitet hatte, interessiert sein könnte. Sie kam eine Viertelstunde später, äußerte, dass Matthieu und Libero reizend seien, trank einen halben Liter Champagner und versicherte, dass sie ihnen gern behilflich wäre.
Sie würde die Kasse führen und den Warenbestand verwalten. Für den Service aber müssten sie eine andere Kellnerin finden. Vincents Freund schüttelte den Kopf.
»Nicht eine. Eine, das reicht nicht. Eher drei oder vier.«
Libero erklärte ihm, dass die Bar nicht sehr groß sei, dass sie nicht so viele Mädchen bräuchten und dass er nicht sehe, mit welchem Geld sie zu bezahlen wären. Aber der Freund von Vincent insistierte.
»Es ist Sommer, wenn ihr nicht zwei Volltrottel seid, habt ihr den Laden bald voll. Wenn ihr den ganzen Tag und abends offen haben wollt, braucht ihr Personal für den Schichtbetrieb, ihr könnt nicht ein und dasselbe Mädel achtzehn Stunden lang arbeiten lassen, oder? Und wenn euch das zu teuer ist, dann könnt ihr immer noch zwei rausschmeißen, aber dann seid ihr es, die morgens aus den Federn müsst. Abends braucht ihr Mädels. Zwei Typen, das fördert den Umsatz nicht. Klar, heutzutage mangelt es nicht an Schwuchteln, aber ihr wollt ja keinen Schwulenclub aufmachen, wie?«
Er lachte feist, aus ganzer Leibesfülle. Libero hatte Lust, ihm zu antworten, dass er ebenso wenig vorhabe, einen Schwulenclub aufzumachen wie eine Nuttenbar, fürchtete aber, ihn zu beleidigen.
»Hast du’s kapiert?«
Libero bejahte.
»Und vor allem dürft ihr die Kellnerinnen nicht ficken, klar? Die Leute lassen ihr Geld nicht bei euch, um zu sehen, dass ihr die Kellnerinnen fickt. Ihr, ihr könnt die Gäste
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