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Untergrundkrieg

Titel: Untergrundkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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Bowling.
    Nach der Schule habe ich neun Jahre und elf Monate bei der Yokohama-Kreditbank gearbeitet. Am Schalter. Kurz nach meiner Heirat habe ich aufgehört.
    Vor meiner Hochzeit habe ich bei meinen Eltern gelebt. Ich bin ein Einzelkind, aber ich habe viel Streit mit ihnen gehabt, besonders mit meinem Vater. Ohne besonderen Anlass. »Du hast das und das gesagt!« »Nein, habe ich nicht.« ( Lacht ). Auf dieser Ebene. Ich finde, ich war ziemlich egoistisch. Jetzt lebe ich auch wieder mit meinem Vater zusammen, aber wir zanken uns nicht mehr. Aber früher war es wirklich schlimm mit uns.
    Meinen Mann habe ich beim Skilaufen kennen gelernt. Ein Mädchen hatte einen Freund dabei, der bei Japan Tobacco arbeitete, und der hatte ihn mitgebracht. Das war im Februar 1991.
    Mein Mann war ein ausgezeichneter Skifahrer. Ich habe erst mit zwanzig angefangen und konnte da nicht mithalten. Aber ich bin doch ungefähr fünfmal in jedem Winter zum Skilaufen gefahren, obwohl meine Eltern immer dagegen waren. Sie fanden es zu gefährlich ( lacht ). Sie haben mich immer zu sehr behütet. Bis ich fünfundzwanzig war, musste ich noch um zehn zu Hause sein.
    Murakami: Sind Sie immer pünktlich gewesen?
    Natürlich nicht ( lacht ). Wenn ich zu spät kam, haben sie mich ausgesperrt, sodass ich bei einer Freundin schlafen musste. Wenn ich zurückdenke, finde ich mich ziemlich frech ( lacht ). Inzwischen weiß ich, dass sie sich nur Sorgen gemacht haben. Aber verglichen mit den Eltern meiner Freundinnen waren sie wirklich ganz schön streng.
    Meine Mutter ist vor vier Jahren gestorben. Mit Brustkrebs fing es an, aber dann breitete sich der Krebs in ihrem ganzen Körper aus … Mein Vater hat aufgehört zu arbeiten, um meine Mutter zu pflegen. Das war sehr schwer für ihn. Trotzdem habe ich dauernd mit ihm gestritten. Das tut mir heute sehr leid, aber damals konnte ich nicht anders. Andererseits kommen wir vielleicht jetzt gerade darum so gut miteinander aus, weil wir so viel gestritten haben.
    In letzter Zeit sagt mein Vater oft, ich hätte mich sehr verändert, sei nachgiebiger geworden, erwachsener vielleicht. Das liegt wahrscheinlich hauptsächlich an Asuka. Wenn ich sie ansehe, muss ich lächeln, auch wenn ich gerade wütend bin.
    Murakami: Was war Ihr erster Eindruck von Ihrem Mann?
    Auf der Piste wirkte er ausgesprochen abweisend. Kein bisschen liebenswürdig. Hinter seiner Schneebrille trug er sogar noch eine dunkelgrüne Brille. Mir fiel auf, wie kurz angebunden er war. Außer dem Skifahren schien ihn nichts zu interessieren. Als ob er keine Ruhe hätte, bis er alle überholt hatte. Er redete auch fast nicht.
    Doch am Abend, als wir etwas trinken gingen, war er wie ausgewechselt. Er redete und machte sogar Witze. Der Kontrast war so groß, dass es mir schon fast interessant vorkam. Wir übernachteten zwei oder drei Tage an diesem Skiort, aber wir kamen uns in dieser Zeit nicht persönlich näher. Allerdings waren wir uns sympathisch.
    Ehrlich gesagt, hatte ich sogar, als wir uns das erste Mal begegnet sind, instinktiv das Gefühl, ich könnte mich mit diesem Mann anfreunden, ja ihn vielleicht sogar heiraten. Es war so etwas wie weibliche Intuition. In der Überzeugung, dass er mich bestimmt anrufen würde, gab ich ihm meine Telefonnummer ( lacht ). Ich war ganz schön selbstsicher, oder?
    Wir waren beide sechsundzwanzig und tranken gern ein Glas – Bier, Whiskey, Sake, Wein, alles Mögliche. Er hatte großen Spaß am Feiern.
    Später verabredeten wir uns oft. Weil er in einem Wohnheim für ledige Angestellte in Kawaguchi wohnte, trafen wir uns meist im Zentrum von Tokyo. Wir gingen viel ins Kino. Wir verabredeten uns jede Woche und wenn möglich auch am Wochenende. Nur wenn mein Mann zu tun hatte, ging es nicht, aber wenn er Zeit hatte, verbrachten wir das ganze Wochenende zusammen. Wenn er sich nicht frei nehmen konnte, holte ich ihn von der Firma in Oji ab.
    Es war, als wären wir füreinander bestimmt. So etwas wie Schicksal. Wir gingen ein Jahr miteinander aus, aber es wurde nie langweilig. Wir hatten immer so viel zu bereden. Häufig gingen wir zum Trinken aus, und das machte noch mehr Spaß als das Kino.
    Im gleichen Jahr, im Juli 1991, stellte er sich offiziell meinen Eltern vor und trank mit meinem Vater Sake. Mein Vater konnte ihn auf Anhieb gut leiden.
    Um die Wahrheit zu sagen, im Mai oder Juni davor hätten wir uns beinahe getrennt. Wir hatten Streit, weil er sich mit einer früheren Freundin getroffen hatte. Ich war

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