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Untergrundkrieg

Titel: Untergrundkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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absolut stimmig. Die Schlüsse, die er aus seinen Prämissen zog, überzeugten mich. Und ich glaubte ihm.
    Daher wollte ich mehr über das Leben nach dem Tod erfahren und durchforstete eine Menge Material über Nahtod-Erfahrungen. Zu meiner Bestürzung waren die Erfahrungsberichte – japanische und ausländische – einander verblüffend ähnlich. Sie mussten aber authentisch sein, denn immer waren die Namen angegeben. Auch Fotos waren dabei. Die können sich schließlich nicht alle verschworen haben, ein und dieselbe Lüge zu verbreiten. Als ich später vom Gesetz des Karma erfuhr, klärten sich viele Fragen, die ich seit meiner Kindheit mit mir herumtrug.
    Mir ging auf, dass der buddhistische Glaubenssatz von der Vergänglichkeit allen Seins große Ähnlichkeit mit dem Gesetz von der Zerstörung des Universums hat, auf das ich selbst gestoßen war. Ich hatte das Ganze zwar viel negativer beurteilt, aber es bestand eine geistige Verwandtschaft, und die machte mir den Zugang zum Buddhismus sehr leicht.
    Murakami: Haben Sie auch buddhistische Werke gelesen?
    Keine richtigen buddhistischen Schriften. Sie sind mir zu verschlüsselt, zu wenig direkt. Ich kann kein »Rezept« darin entdecken. Es ist von allen möglichen Sutren die Rede, aber zum Kern der Sache konnte ich nie vordringen. Ich las und las, hatte aber nie das Gefühl, zu dem Teil zu kommen, der mich wirklich interessierte. Im Gegensatz dazu lieferten mir die konkreten Erfahrungsberichte der Leute ganz genau das, was ich wissen wollte.
    Trotzdem habe ich natürlich nicht alles geglaubt, was da stand. Aber ich bin überzeugt, dass ich die glaubwürdigen Teile von den unglaubwürdigen unterscheiden konnte. Vielleicht lag es an meinen eigenen Erfahrungen oder an meiner Intuition, jedenfalls war ich mir merkwürdig sicher, diese Unterscheidung treffen zu können.
    Murakami: Wenn ich Ihnen zuhöre, habe ich den Eindruck, Sie sondern automatisch alles aus, was nicht zu Ihren Theorien oder Ansichten passt. Nun gibt es aber vieles auf der Welt, das unseren eigenen Anschauungen und Empfindungen zuwiderläuft. Haben Sie sich denn auch einmal damit auseinander gesetzt?
    Schon in der Grundschule war ich den Erwachsenen in Streitgesprächen immer überlegen. Deshalb hielt ich alle Erwachsenen für Dummköpfe, auch wenn das nicht stimmt. Heute bereue ich das. Ich war eben unreif. Am Ende vermied ich alle Streitgespräche, aus denen ich als Verlierer hervorgegangen wäre. So brauchte ich mich nie unterlegen zu fühlen. Ich wurde ziemlich eingebildet.
    Mit meinen Freunden kam ich dagegen sehr gut aus, weil ich mich jeweils der Person anpasste, mit der ich gerade sprach. Ich wusste genau, was ich zu wem sagen musste, um zu gefallen. Zehn Jahre lang genoss ich meine Beliebtheit. Nur wenn ich einmal allein zu Hause war, fragte ich mich, ob das alles immer so weitergehen würde. Im Grunde gab es keinen einzigen Menschen, den das Gleiche interessierte wie mich.
    Ich bewarb mich nicht um einen Studienplatz, sondern entschied mich für eine Ingenieurschule. Ich studierte also Ingenieurwesen, aber eigentlich wollte ich etwas ganz anderes machen. Noch immer sehnte ich mich irgendwie danach, die Weisheit zu erkunden. Zum Beispiel war es einer meiner Träume, die östlichen Philosophien naturwissenschaftlich zu untersuchen.
    Denken Sie zum Beispiel an die Biophotonen, dieses Licht, das Lebewesen abgeben. Wenn man eine genaue Statistik über ihre Beziehung zu Krankheiten erstellen würde, könnte man vielleicht damit verbundene physikalische Eigenschaften errechnen. Zum Beispiel müssten sich doch solche Eigenschaften nachweisen lassen, wenn man Biophotonen mit dem Herzschlag in Relation bringt. Das nehme ich aufgrund meiner Erfahrungen beim Yoga an.
    Murakami: Das heißt, es ist Ihnen sehr wichtig, diese Energien messen oder konkret darstellen zu können?
    Ja, denn mit Hilfe von systematischen Experimenten kann man überzeugen. In dieser Hinsicht verfügt die moderne Wissenschaft über viele Möglichkeiten. Auch Aum hatte viele wertvolle Seiten. Ich wünschte, die Substanz davon, also sozusagen das Fleisch und das Blut, könnte erhalten bleiben. Ich bin allerdings der Meinung, dass Aum als Religion ausgedient hat. Aum sollte sich zu einer naturwissenschaftlichen Theorie entwickeln.
    Ich habe kein besonderes Interesse an Dingen, die nicht wissenschaftlich beweisbar sind, denn wenn der Wert einer Sache nicht messbar ist, kann er anderen auch nicht vermittelt werden. Und wenn etwas, das

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