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Unterm Kirschbaum

Unterm Kirschbaum

Titel: Unterm Kirschbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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jetzt ab jedes Wort billigen und schätzen, das Eckel noch sprach, und war beim Vaterunser zutiefst gerührt, als es hieß: Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern .
    Von Wiederschein ließ sie also ab, zumal sie eine Verleumdungsklage seinerseits befürchten musste. Und es war echte Reue, die sie da an den Tag legte, aber damit war das Böse in ihr nicht abgetötet, es suchte sich nur eine andere Zielperson, und die hieß Karsten Klütz.
    Seit sie den Exbundesligaprofi zum ersten Mal auf seinem Grundstück gesehen hatte, hasste sie ihn, und ihrem Freund Axel Siebenhaar gegenüber spuckte sie Gift und Galle.
    »Gibt es denn kein Gesetz, das es dem Plebs verbietet, nun auch noch unser schönes Frohnau zu besetzen? Ein Fußballer! Fußball ist barbarisch, ist Unkultur hoch drei. Und wie der Mann schon aussieht: Die Neandertaler sind zurück. Im Grundgesetz steht, dass die Würde des Menschen unantastbar ist, aber meine Würde ist in hohem Maße angetastet, wenn dieser Klütz, dessen Intelligenzquotient mit 70 noch zu hoch angesetzt ist, mein Nachbar wird. Außerdem, was ist denn das für eine Moral: Dieser Schulz wird noch vermisst, da nimmt er sich dessen Frau zur Geliebten. Das ist doch widerlich!«
    Der Polizist zuckte mit den Schultern. »Da kann man nichts machen: Geld regiert die Welt, und er hat es gehabt, um dem Professor Schönblick Grundstück und Rohbau abzukaufen. Und zwischen ihm und Ihnen liegt ja noch das Restaurant, als Puffer sozusagen.«
    Für Carola Laubach war das nur ein schwacher Trost, und es arbeitete in ihr, Tag und Nacht. Wie konnte sie verhindern, dass Klütz, war sein Haus erst fertig, wirklich den Frohnauer Lebensraum mit ihr teilte, wie konnte sie ihn eliminieren?
    Sie brütete lange über dieser Frage, dann hatte sie eine Möglichkeit gefunden, Klütz unter Druck zu setzen. Sie rief bei der Kripo an und ließ sich mit Gunnar Schneeganß verbinden.
    »Hier spricht Carola Laubach, die Nachbarin von Herrn Wiederschein … Frohnau, das ›à la world-carte‹, Sie wissen ja. Entschuldigen Sie die Störung, Herr Kommissar, aber es wird ja um zweckdienliche Hinweise im Falle Schulz gebeten, und da habe ich Ihnen von einer weiteren Beobachtung Kenntnis zu geben, die ich für wesentlich halte …«
    »Ja, und das wäre …?«, fragte Schneeganß.
    Carola Laubach zögerte nicht lange, um zum Eigentlichen zu kommen. »Wissen Sie eigentlich, dass Frau Schulz einen Liebhaber hat?«
    »Über unsere bisherigen Ermittlungsergebnisse darf ich Ihnen keine Mitteilung machen.« Schneeganß blieb förmlich und hielt sich bedeckt.
    »Sie hat einen, und der heißt Karsten Klütz. Ein Fußballer, der das Grundstück neben Herrn Wiederschein gekauft hat.«
    »Und wo ist da der Zusammenhang mit dem Verschwinden von Herrn Schulz?«, wollte Schneeganß wissen.
    »Was, den sehen Sie nicht?« Die Ignoranz des Kommissars war ein weiterer Beweis für sie, wie schnell die deutsche Gesellschaft verblödete. »Klütz hätte doch allen Grund gehabt, Schulz zu ermorden, um dessen Frau, Sandra heißt sie, für sich zu haben.«
    Schneeganß blätterte in irgendwelchen Papieren. »Als Herr Schulz frühmorgens in seinen Porsche gestiegen ist, hat Herr Klütz in Schönefeld am Schalter gestanden, um für einen Flug nach München einzuchecken. Er ist ja Spielerberater, und es gab da eine Möglichkeit für ihn, einen seiner Jungstars unterzubringen. Dies bitte ich, vertraulich zu behandeln. Es steht zwar im kicker, aber … Dann danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen einen schönen Tag.«

     
    *

     
    Marco Kurzrock hatte noch immer eine geschwollene und violett schimmernde Nase, die gehörig schmerzte, wenn er zum Taschentuch greifen musste. Aber auch das Küssen war alles andere als lustvoll. So hoffte er, dass es Vanessa an diesem Abend dabei beließ, mit ihm ins Kino zu gehen. Sie wohnte in einem langweiligen Häuserblock in der Geisenheimer Straße, in dem ein Haus aussah wie das andere. Er kam vom Rüdesheimer Platz und hatte Glück, Ecke Markobrunner Straße einen Parkplatz zu finden.
    Langsam stieg er die Treppen hinauf, denn geriet sein Blut zu sehr in Wallung, wurde es mit der Nase noch schlimmer.
    »Aufpassen!«, rief er, als die Verlobte ihre Wohnungstür geöffnet hatte, denn für gewöhnlich kam Vanessa regelrecht auf ihn zugeflogen.
    Doch heute dachte sie gar nicht daran, sich in seine Arme zu werfen, sondern gab sich mehr als distanziert und fauchte nur:

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