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Unterm Kirschbaum

Unterm Kirschbaum

Titel: Unterm Kirschbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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auch mal rund um die Uhr. Mein Name ist Vanessa Sauer, und ich komme wegen der Sache da oben in Frohnau …«
    »Wunderbar«, sagte Schneeganß. »Nehmen Sie Platz. Sie sind die Spur Nummer 200, herzlichen Glückwunsch.«
    Hinz hatte das Gefühl, den Kollegen bremsen zu müssen. »Entschuldigung, aber wir sind etwas genervt, weil durch die ausgesetzte Belohnung viele Anrufe kommen, die in den Papierkorb gehören.«
    Schneeganß verzog das Gesicht, denn falscher konnte ein Bild nicht sein, besann sich aber auf die Würde, mit der er sein Amt auszuüben hatte. »Schön, Frau Sauer, wenn Sie so nett sind, uns in kurzen Worten darzulegen, was Sie zu uns geführt hat …«
    Vanessa tat es nüchtern und ohne jede Phrase, sodass es sogar auf Schneeganß Wirkung zeigte.
    »Sie meinen also, dass sich die Herren Schulz und Klütz furchtbar gehasst haben, und dass Klütz nach der Attacke durch Ihren Freund, hinter der er natürlich Schulz vermutet hat, zum Gegenangriff geblasen hat?«
      »Ja, für mich ist Sandra Schulz durchaus ein Motiv.«
    Schneeganß verfluchte Menschen, bei denen es zur Sucht geworden war, Krimis zu sehen, zu hören und zu lesen. Irgendwie deformierte das, und sie konnten nicht mehr anders, als anzunehmen, dass jeder Konflikt in einer Mordtat endete.
    Andererseits … Als Vanessa gerade gegangen war, sah er nachdenklich zum Berliner Himmel hinauf.
    »Was meinst du denn, Gisbert, haben wir in Karsten Klütz einen neuen Tatverdächtigen?«
    »Ja, leider.« Hinz sah schon eine Menge Arbeit auf sich zukommen. »Denk nur mal an den Anruf dieser Nachbarin, dieser Laubach, die hat ebenfalls Klütz im Visier gehabt.«
    »Das ist es ja, was mich stutzig werden lässt«, sagte Schneeganß und wiederholte dann den Lieblingsreim seines ersten Ausbilders. »Es ist nichts so fein gesponnen, ’s kommt doch alles an die Sonnen.«
    »Da müsste dieser Klütz aber ganz schön fein gesponnen haben«, sagte Hinz. »Ein Fußballer …«
    »Die werden immer intelligenter, lass mal.«
    »So intelligent, dass sie herausbekommen, wann einer von wo los will und wohin er fährt?«, fragte Hinz, konnte aber in seinem Gedankengang nicht fortfahren, weil es in seinem Kopf gepiekt hatte. »Au!« Er presste die linke Hand gegen die Schläfe.
    »Das wird nur ein kleiner Schlaganfall sein«, sagte Schneeganß. »Du hattest heute noch keinen. Eine Gehirnblutung schließe ich mal aus, da bist du erst letzte Woche dran gestorben.«
    »Mit so etwas spaßt man nicht!«
    »Womit denn sonst bei dir? Aber vielen Dank für deine Vorlage. Ich nehme den Ball mal auf … Also: Klütz hält sich auf seinem Baugrundstück auf und bekommt mit, dass Schulz drüben bei seinem Neffen ist. Die beiden unterhalten sich draußen im Garten, und Klütz hört ganz deutlich, dass Schulz am nächsten Morgen ganz früh zur Ostsee hoch will. Daraufhin fährt er, Klütz, nach Frohnau hinaus, stellt sich auf der Brücke an den Straßenrand und wartet, bis Schulz vorbeikommt. ›Wir müssen mal über alles reden. Kann ich ein Stück mitkommen?‹ Klütz steigt ein – und irgendwo zwischen Frohnau und Oranienburg tötet er Schulz. Motiv Sandra, wie wir eben gehört haben. Kein schlechtes Szenario – oder?«
    Hinz hatte immer noch mit seinen Kopfschmerzen zu tun. »Ich weiß nicht … Meinst du, der Schulz wäre so dumm beziehungsweise so leichtsinnig gewesen, anzuhalten und den Klütz mitzunehmen?«
    »Schon, aber …« Schneeganß lachte und ließ seiner Fantasie freien Lauf. »Vielleicht hat er sich die Sache auch viel einfacher gemacht und den Schulz getötet, als der im Gästehaus nebenan ganz friedlich geschlummert hat.«
    »Ja, und der tote Schulz ist dann morgens in seinen Wagen gestiegen und losgefahren!«, höhnte Hinz.
    »Warum nicht?«, fragte Schneeganß. »Für diesen Fall haben wir schließlich unsere beiden Möglichkeiten: 1) den Doppelgänger, 2) den als Schulz verkleideten Klütz.«
    Hinz winkte ab. »Ach!«
    »Wieso? In diesen Zeiten ist alles möglich.«
    »Willst du damit zum Chef gehen?«, fragte Hinz. »Wir machen uns doch lächerlich damit.«
    »Irgendwann macht sich jeder einmal lächerlich«, sagte Schneeganß. »So ist das Leben eben. Jedenfalls kann uns niemand Untätigkeit vorwerfen, wenn wir den Medien nun Klütz als mutmaßlichen Täter zum Fraß vorwerfen.«
    »Ein bisschen Butter müsste aber noch bei die Fische«, sagte Hinz.
    Schneeganß überlegte. »Am schönsten wäre es ja, wenn man in dem Zimmer, in dem Schulz übernachtet hat,

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