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Unterm Kirschbaum

Unterm Kirschbaum

Titel: Unterm Kirschbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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Fußballprofi abgehärtet. Wer einen Elfmeter verwandeln konnte, wenn 50.000 gegnerische Fans ihn mit ihrem infernalischen Geschrei zu stören versuchten, den konnte auch eine solche Szene nicht erschüttern.
    Die Hunde brauchten nicht lange, um etwas zu wittern. An der Garage begannen sie, wie wild zu scharren. Man riss sie zurück und fing zu graben an, erst mit Spaten, dann mit großen Schaufeln, mit denen sich mit jedem Schwung eine Menge Erde aus der Grube heben ließ. Der Boden war noch locker, und die Männer waren schnell in einer Tiefe von zwei Metern angekommen.
    »Hier ist nichts!«, schrien sie nach oben.
    »Aber die Hunde …« Schneeganß trat an die Grube. »Zu vermuten ist ja, dass Schulz vergraben worden ist, bevor man die Grundplatte der Garage gegossen hat. Vielleicht können Sie uns da weiterhelfen, Herr Klütz?«
    »Nein, wie denn?«
    Die LKA -Leute maulten etwas. »Sollen wir vielleicht die ganze Garage abreißen?«
    »Ich möchte das nicht aus meiner eigenen Tasche bezahlen«, sagte Hinz. »Wir sollten uns erst mal absichern.«
    Schneeganß zog sein Handy heraus und telefonierte mit seinem Vorgesetzten. »Traut man den Hunden, liegt unter der Garage wirklich etwas. Aber deswegen alles abreißen …?«
    Man beriet sich noch eine Weile, dann wurde entschieden, eine Tiefbaufirma zurate zu ziehen und zu versuchen, von unten an den Toten heranzukommen, wenn denn dort wirklich einer liegen sollte. »Die sagen, sie könnten alles so abstützen, dass die Garage nicht einstürzen wird.«
    Es dauerte eine Weile, bis die Goyatz Bau mit ihren Geräten und einem Tieflader mit Brettern, Balken und Eisenträgern angerückt war. Schneeganß, Hinz und Klütz setzten sich inzwischen auf die Terrasse des ›à la world-carte‹ und tranken etwas.
    Wiederschein kam heraus, um sie zu begrüßen. »Von hier hat man einen so wunderbaren Blick auf die neue Grabung, dass ich Eintritt nehmen sollte. Vielleicht findet man diesmal einen Soldaten aus dem 30-jährigen Krieg, einen aus Wallensteins Lager.«
    »Der verströmt keinen Aasgeruch mehr, da wären die Hunde nicht so närrisch«, sagte Hinz.
    Wiederschein lachte. »Wer bei mir noch etwas essen möchte, gerne …« Dann wandte er sich an Klütz. »Wie geht es meiner, ja: Tante?«
    »Sandra?«
    »Frau Schulz, ja …«
    Schneeganß ging dazwischen. »Tut mir leid, aber …«
    »Pardon! Ich wollte wirklich nicht …« Wiederschein zog sich wieder zurück.
    Dass die Suchaktion so lange dauern würde, hätte Schneeganß nicht erwartet. Als er die Bauarbeiter fragte, ob es nicht etwas schneller ginge, bekam er die Antwort, ob er vielleicht verschüttet werden möchte.
    Um die Zeit totzuschlagen, fragte Hinz den Kellner, ob er ihnen Skatkarten leihen könne.
    Schneeganß verzog das Gesicht, denn inzwischen waren jede Menge Polizeireporter herbeigeeilt, und man konnte unmöglich mit einem mutmaßlichen Mörder Karten spielen. Inzwischen hatte sich die Sache herumgesprochen, und Schneeganß zählte mehr Schaulustige als bei ihrer Grabung in Wiederscheins Garten. Menschen lebten von ihren kleinen Geschichten, und das hier war etwas, was man bei jeder Party und Geburtstagsfeier mit leuchtenden Augen erzählen konnte: ›Ich war dabei, als man Schulz’ Leiche unter der Garage hervorgeholt hat.‹ Siebenhaar und seine Kollegen hatten wieder alle Mühe, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten.
    Schneeganß ließ Klütz in der Obhut von Hinz auf der Terrasse zurück und sah sich im Garten des Baugrundstücks um. Der Maschendrahtzaun zu Wiederschein hin war alt und an vielen Stellen durchlöchert. Dort eine Leiche hindurchzubugsieren, war sicherlich kein Kunststück, zumal der Garten von Klütz gut einen halben Meter tiefer lag. Und dass man hier in der Nacht zwischen 1 und 4 Uhr beobachtet wurde, war äußerst unwahrscheinlich. Klütz hatte also in aller Ruhe ans Werk gehen können. Nachdem er Schulz vergraben hatte, war Zeit genug, sich zu säubern und die Sachen des Opfers anzuziehen. Natürlich durfte er sich beim Aufbruch frühmorgens in kein Gespräch mit Wiederschein und dessen Personal einlassen, aber alle hatten ja ausgesagt, der angebliche Schulz sei am Morgen wortlos zu seinem Porsche gegangen, ohne zu frühstücken und groß Abschied zu nehmen. Schneeganß konnte sich genau erinnern, was Wiederschein zu Protokoll gegeben hatte: ›… Dann ist er einfach an uns vorbei, furchtbar missgestimmt …‹ Klar, wenn jemand Verdacht geschöpft hätte, nicht den echten

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