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Unterm Kirschbaum

Unterm Kirschbaum

Titel: Unterm Kirschbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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haben«, erklärte ihm Hinz. »Wie kommen die wohl dahin?«
    Klütz hatte einen seiner genialen Momente: »Na, ganz einfach: Weil ich mit Sandra zusammen war, und die mit Schulz im selben Haus in Wannsee gewohnt hat, da überträgt sich das eben.«

     
    *

     
    Gunnar Schneeganß behauptete von sich, ein lebender Lügendetektor zu sein, und so schwor er Stein und Bein, genau zu wissen, dass Klütz gelogen hatte.
    »Natürlich war er bei Schulz im Zimmer.«
    »Und warum sollte er lügen?«, fragte Hinz.
    »Weil wir ihn damit überführen können«, erwiderte Schneeganß. »Ein Motiv hat er, am Tatort war er.«
    Hinz stand auf, um sich eine Tasse zu holen, schrie aber nach dem ersten Schritt so theatralisch auf wie ein tödlich getroffener Krieger bei den Karl-May-Festspielen. »Mein Fuß! Das wird ein Ermüdungsbruch sein.«
    »Quatsch«, sagte Schneeganß. »Dir haben sie schon vor drei Jahren das Bein amputiert, wegen deiner Krampfadern damals, da kann nichts mehr brechen. Das ist der Phantomschmerz, nichts weiter.«
    »Höchstens meine Arthrose.« Hinz humpelte durch den Raum.
    »5,6 für den technischen Wert, 6,0 für die künstlerische Note«, sagte Schneeganß.
    Hinz goss sich seinen Kaffee ein und kehrte schlurfend wie immer an seinen Schreibtisch zurück. »Du scheinst dich richtig auf diesen Klütz eingeschossen zu haben. Aber wie soll er Schulz ermordet haben, wenn der morgens … und so weiter.«
    »Das ist der Knackpunkt, in der Tat …« Schneeganß dachte nach. »Bleiben nur zwei Möglichkeiten: Entweder Klütz hat mit einem Doppelgänger gearbeitet, oder er hat sich als Schulz verkleidet …«
    »Wo soll er so schnell einen Doppelgänger herbekommen haben?«, fragte Hinz.
    »Dann ist er selbst als Schulz davongefahren, etwa dieselbe Figur haben sie ja, hatten sie ja.«
    »Traust du ihm so viel … na, sag mal … Dingsda zu?«
    »Chuzpe? Ja. Klütz ist der Mittelfeldregisseur alter Schule, und da muss man kreativ sein. Und die nötige Portion an Aggressivität hat er obendrein, siehe seine vielen Roten Karten.« Das hatte er bereits eruiert.
    »Und, was willst du nun weiter machen?«, fragte Hinz.
    »Angreifen«, erklärte Schneeganß. »Als wir Wiederschein für den Mörder von Schulz gehalten haben, haben wir in seinem Garten nach der Leiche gesucht, und wenn wir jetzt Klütz für den Täter halten, dann müssen wir logischerweise auf dessen Grundstück suchen.«

     
    *

     
    Rainer Wiederschein liebte es, sich in der ruhigen Zeit zwischen 15 und 17 Uhr zu einer kleinen Pause zurückzuziehen und oben im Schlafzimmer ein kleines Nickerchen zu machen. Unten in der Küche kam Mohamadou allein mit allem klar.
    Angela Wiederschein war den ganzen Tag nicht aufgestanden, weil ihr wieder einmal ihre Migräne mächtig zusetzte. Sie stöhnte nur leise, als sich Wiederschein neben ihr niederlegte.
    Er war gerade eingenickt, als ihn lautes Hundegebell hochfahren ließ. Dazu hörte er Stimmen mehrerer Männer. In der Annahme, dass sich auf der Terrasse seines Restaurants ein heftiger Streit angebahnt hatte, lief er zum Fenster.
    »Was ist denn?«, fragte Angela.
    »Keine Ahnung.« Er trat auf den kleinen Balkon hinaus. »Nichts bei uns unten. Dann kann es nur bei Klütz drüben sein …« Wiederschein wandte sich zum Mansardenfenster, von wo aus man den besten Blick hinüber hatte. Was er dort sah, ließ ihn verstummen.
    »Was ist denn?«, fragte seine Frau.
    »Ich glaube, das ist die Kripo mit Suchhunden …«
    »Gott!« Angela Wiederschein sprang aus dem Bett. »Dann werden sie gleich kommen und uns mitnehmen.«
    »Quatsch!«, rief Wiederschein. »Wir sind doch aus dem Schneider, jetzt suchen sie da drüben, weil sie Klütz in Verdacht haben, Schulz …«
    »Rainer, wir können nicht zulassen, dass ein Unschuldiger …!«
    »Natürlich können wir.« Wiederschein war so gelassen, als ginge es lediglich darum, ob man einem Gast recht geben sollte, der schimpfte, dass die Trüffel auf seinem Filet nicht echt, das heißt, nicht aus Frankreich seien, sondern unecht und aus China. »Wir haben ja keine Todesstrafe mehr, und um Klütz tut es mir nicht leid, wenn der ein paar Jahre aus dem Verkehr gezogen wird. Die arme Sandra ist für diesen Dumpfmeier viel zu schade.«

     
    *

     
    Schneeganß hatte schon etliche Lokaltermine mitgemacht und staunte, wie gelassen Klütz das Anrücken der LKA -Leute erwartete. Selbst das Gebell der Suchhunde schien ihn völlig kaltzulassen. Wahrscheinlich hatte ihn das Dasein als

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