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Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga

Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga

Titel: Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Röbel
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gewohnt, im heißen Sand des Outbacks barfuss zu laufen. Sie waren immer noch auf Mozzie-Land, als er am vierten Tag große Schmerzen in den Füßen bekam. Am Abend gruben sie sich eine Mulde in den Sand, und Benala schaute sich Neils Füße an zu.
    „Die sehen ja nicht gerade gut aus“, sagte sie.
    „Sie schmerzen auch sehr. Ich glaube nicht, dass ich weiter laufen kann. Ich muss bestimmt zurück zur Farm.“
    „Keine Sorge Neil, das bekomme ich schon wieder hin“, sagte Benala lächelnd.
    Um die Schulter trug sie einen geflochtenen Weidenbeutel. Darin waren zusammengerollte Blätter. Sie befeuchtete einige davon mit Speichel und zerrieb diese zwischen den Händen. Den Brei strich sie auf Neils Fußsohlen. Mit weiteren Blättern wickelte sie nun die Füße ein.
    „So, morgen früh wird es dir schon viel besser gehen“, sagte sie.
    Neil glaubte zwar nicht daran, aber er nickte ihr zu, damit sie merkte, dass er an ihr Wunder glaubte. Er mochte diese Frau, sie war sehr nett.
    Die Nacht war ungewöhnlich kühl für Neil. Da er nichts zum zudecken hatte, kuschelte er sich an Benala.
    Zu Neils großem Erstaunen sahen am nächsten Morgen die Füße tatsächlich viel besser aus.
    In den kommenden Tagen herrschte eine unerträgliche Hitze. Es war kein Vogel zu hören und auch kein Laut irgendeines anderen Tieres. Man spürte einfach nur die erbarmungslosen Sonnenstrahlen auf dem nackten Körper. Und wo man auch hinsah, war weiter nichts als roter Sand. Gelegentlich sah man die Wüsteneiche, Salzbüsche, einige Spinifex-Gräser und hin und wieder einen Geistereukalyptus. „Diesen erkennt man an seiner kalkweißen Rinde“, erklärte Googana „die einen großen Teil der Tageshitze abstrahlt und in den kalten Nächten den Baum schützt. An den ausgetrockneten Flussläufen stehen meist Flusseukalypten. Selbst wenn es seit Jahren nicht mehr geregnet hat, erreichen ihre tiefen Wurzeln den Grundwasserspiegel. Eines haben alle Eukalyptusarten gemeinsam, sie verlieren nicht die Blätter, sondern die Rinde.“
    Wo man auch hinsah, das Land war, bis auf dieses wenige Grün öd und leer.
    An einem der Flaschenbäume, die vereinzelt im Outback standen, löschte die Gruppe ihren Durst. Mit einem angespitzten Ast bohrte Googana ein Loch in den weichen, dicken Stamm. Schon kam die Flüssigkeit herausgelaufen, man brauchte nur noch die hohle Hand darunterzuhalten und zu trinken.
    Unterwegs sammelten die Frauen Samen, essbare Wurzeln, wilde Feigen, Buschtomaten, Beeren und wilde Pflaumen, um so den kleinen Hunger zwischendurch zu stillen. Die Männer machten Jagd auf Eidechsen. Da diese Tiere sehr klein waren, brauchten sie schon einige, um am Abend alle Stammesmitglieder satt zu bekommen. Es gab aber nicht jeden Abend Echsen. Manchmal fanden sie Honigameisen, die noch auf den Blättern saßen. Die Blätter formte man wie eine Tüte und füllte Wasser hinein. Die so eingeweichten Ameisen gaben dem Getränk einen Geschmack von Zitronenlimonade.
    Oft fanden sie auch die fingerdicken Larven eines Nachtfalters. Man konnte sie roh essen oder rösten. Neil zog es vor, sie geröstet zu essen, da er es nicht mochte, wenn sich die Nahrung noch im Mund bewegte. Geröstet schmeckten sie fast wie Nüsse.
    Neil wusste von seiner Mum, dass sich die Ureinwohner anders ernährten, aber dass er sich so schnell daran gewöhnen musste, damit hatte er nie gerechnet.
    Die Tage kamen und gingen, und Neil fühlte sich immer wohler in dieser Gruppe. Er hatte die Aufgabe bekommen, mit den Männern gemeinsam für Nahrung zu sorgen. Manchmal erlegten sie auch ein Känguru.
    Das Känguru wurde mit Haut und Haar zubereitet. Die Männer gruben mit den Händen eine Mulde und machten ein Feuer darin. Als die dürren Zweige nur noch glimmten, kam das Känguru auf die glutheiße Asche. Es wurde mit der Baumrinde des Geistereukalyptus, die man im Outback öfter fand, abgedeckt und obendrauf kam nochmals heiße Asche und Sand. Nach einiger Zeit war das Tier gar. Der Sand wurde abgeschüttelt, und man zog ihm das Fell ab. Das saftige Fleisch wurde unter allen gleichmäßig aufgeteilt.
    Neil staunte immer wieder, wie man in so einem öden Land Nahrung finden konnte.
    Und sie liefen immer weiter. Ein Außenstehender würde meinen, dass sie sich ziellos fortbewegten, aber sie hatten schon ihr bestimmtes Ziel. Der Stamm der Bundjalung wollte Neil in das Zentrum führen, zu dem roten heiligen Herz des Landes, dem Uluru. In seinem Inneren gab es geheiligte Wasserlöcher, die

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