Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga
„New South Wales schafft die Todesstrafe ab – Das wird ja auch Zeit“, fügte er hinzu.
Franziska legte ihre Hand auf die seine und antwortete: „Ich verstehe, warum du so denkst, schließlich warst du auch neun Jahre unschuldig im Gefängnis. Aber trotzdem denke ich anders darüber. Mir fallen dabei sofort die zwei Sträflinge ein, die damals im Norden ausgebrochen waren und einen ganzen Stamm nur aus Lust am Töten auslöschten.“
„Du hast sicher Recht, Franziska, aber es wird immer solche und solche Verbrecher geben. Manche ändern sich in der Haft vielleicht und für alle Unschuldigen ist dieses Gesetz ein Segen. Es gibt ihnen Hoffnung.“
„Ja, aber auch für alle Mörder, ihnen wird nicht mehr viel passieren. Lebenslängliche Haft mit der Aussicht auf eine eventuelle Flucht, um dann von Neuem zu beginnen.“
„Wie auch immer unsere Meinung dazu ist, Franziska, ändern können wir nichts daran.“
Tief Luft holend und unzufrieden über Kevins Meinung, stand sie auf. Im Weggehen sagte sie nur: „Du hast Recht, lass uns dieses unerfreuliche Thema vom Tisch kehren.“
Angst um Mozzie
„Ich möchte eigentlich mal wieder nach Sydney. Wie wäre es, hast du Lust dazu?“, fragte Franziska, als sie unter der Dusche stand.
Kevin reichte ihr das Handtuch. „Findest du den Zeitpunkt nicht etwas ungünstig? Ich meine, wir stecken mitten in der Ernte. Da können wir doch nicht einfach so verschwinden?“
„Natürlich meine ich nicht sofort. In zwei Wochen haben wir die Ernte unter Dach und Fach.“
„Hast du was Bestimmtes in Sydney vor?“
„Ja.“ Sie kam aus der Dusche und rubbelte sich ihr Haar trocken. „Sabrina ist bereits vierundzwanzig, und ich möchte, dass sie nun endlich ihr Erbe antritt. Sie wartet schon ungeduldig auf diesen Moment.“
„Das hört sich an, als wolltest du dich zurückziehen?“
Während Franziska sich ein luftiges Kleid anzog, lachte sie. „Wie kommst du nur auf diese Idee. Mit dreiundfünfzig gehöre ich noch lange nicht zum alten Eisen. Es werden sicher noch einige Jahre vergehen, bis Sabrina auf unsere Hilfe verzichten kann. Wie lautet nun deine Antwort?“
Sie setzten sich auf die Veranda.
„Natürlich komme ich mit. Ich freue mich jetzt schon auf die Abwechslung. Wir könnten dort gut essen gehen, oder was hältst du von einem Kinobesuch?“
„Das ist eine gute Idee!“, stellte Franziska zustimmend fest. Am Horizont sah Kevin eine Staubwolke. „Ich glaube, da kommt jemand.“
Man konnte noch nichts Genaues erkennen. In der Hitze flirrte die Luft und ließ etwas Dunkles in der Ferne in wässrigen Luftspiegelungen über der heiß gebackenen roten Erde tanzen.
Franziska sah nun auch in die Richtung. Es dauerte nicht lange, bis sie ein Auto erkannten. Eine richtig teure schwarze Limousine näherte sich der Farm, die eine riesige rote Staubwolke hinter sich herzog. Als das Gefährt anhielt, konnte man durch die Fenster nichts sehen, sie waren getönt. Der Fahrer stieg aus, er war gekleidet wie ein Butler.
Kevin und Franziska gingen Hand in Hand auf das Auto zu. „Ich habe ein komisches Gefühl im Bauch!“, flüsterte Franziska.
„Ich auch“, gestand Kevin ebenso leise.
Der Chauffeur ging um die Limousine und öffnete die Wagentür. Es wurden zwei Beine sichtbar, die bis zu den Knien in roten Lackstiefeln steckten. Dann erschien eine viel zu elegant wirkende Lady mit schwarzem engen Kleid. Franziska fand es etwas zu kurz. Sie trug einen weitschwingenden roten Hut mit einer großen schwarzen Feder. Rote Lackhandschuhe bedeckten die Hände bis zu den Ellenbogen. Ein Zigarillo führte sie gekonnt zu ihrem spitz geformten, mit knallrotem Lippenstift bemalten Mund, während sie zu dem einfach gekleideten Pärchen schritt. Dabei kippelte sie auf den spitzen Absätzen, da diese für diesen Untergrund absolut ungeeignet waren. Bevor sie etwas sagte, blies sie noch kleine Wölkchen in die Luft. Ohne einen Gruß fragte sie mit irischem Akzent: „Sind Sie Mrs. Franziska Winter?“
„Ja.“ Mehr konnte Franziska nicht sagen. Sie spürte Gefahr.
„Gut, dann komme ich gleich zur Sache. Ich bin von diesem Anwesen Eigentümerin und möchte, dass Sie dieses so schnell wie möglich räumen.“
„Wie bitte?“, fragte Franziska, die glaubte, sich verhört zu haben. „Diese Farm gehört meiner Tochter. Die verstorbene Eigentümerin hat diese Farm meiner Tochter testamentarisch zugesprochen.“
„Eben, eben, das war der große Fehler. Sie hat mich in der
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