Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga
ausreichende Frist bestehen und erst, wenn beide Parteien das Urteil angenommen haben und keiner in die Berufung gegangen ist, wird das Urteil rechtskräftig. Und solange, wie ich eine Chance sehe, diesen Streit für Sie zu gewinnen, würde ich bis zur letzten Instanz gehen, und das kann Jahre dauern.“
„Was sollen wir jetzt tun. Wir hatten eigentlich die Absicht, zwei Wochen in Sydney zu bleiben. Ich darf nicht hoffen, bis dahin etwas Neues zu erfahren?“, fragte Franziska vorsichtig.
„Sie können sich ja am letzten Freitag bei mir melden. Mal sehen, was sich bis dahin getan hat. Und sollte wider Erwarten vorher eine Nachricht eintreffen, dann weiß ich, wo ich Sie zu finden habe.“
Mit gemischten Gefühlen verabschiedeten sie sich voneinander.
Auf dem Flur nahm Kevin seine Franziska in die Arme und drückte sie an sich. „Sei nicht traurig. Du hast ja gehört, dass er, wenn nötig, bis zur letzten Instanz gehen will.“
„Ja, und auch dass es Jahre dauern kann. Bis dahin bin ich vielleicht tatsächlich bankrott. Ich muss mich unbedingt mit Will McArthur in Verbindung setzen und ihn fragen, wie lange ich das finanziell durchstehen kann.“
„Mach das mein Schatz, aber ich glaube, er wird dich nur belächeln, denn soviel ich weiß, könntest du sicher bis an dein Lebensende klagen.“
Sie planten sich zwei schöne Wochen in Sydney ein. Kevin gab sein Bestes, um Franziska abzulenken. Sie gingen über die „Harbour Bridge“ und dabei fiel Franziska wieder ein, dass damals auf der ‚Marie Ann’ Kapitän Ignatz ihr erzählt hatte, dass die Einheimischen diese Brücke den ‚Kleiderbügel’ nennen. Als sie es Kevin erzählte, sagte er: „Das weiß ich, schließlich bin ich ein gebürtiger Australier.“
„Stimmt, daran habe ich im Moment nicht gedacht.“
Im Hyde Park machten sie Rast in einem kleinen Gartencafé. Sie fanden einen Tisch unter einem großen Jacarandabaum.
Seine hellblau-violettfarbenen Blüten verströmten einen angenehmen Duft. Von hier aus war die Aussicht über den Park hervorragend. Kevin bestellte Tee und für jeden ein Stück Kuchen.
„Franziska, was hältst du davon, wenn wir uns angewöhnen würden, einmal im Jahr zwei Wochen wegzufahren. Aber immer wo anders hin. Wir kennen doch wirklich nur unsere Farm und ungefähr einen Radius von hundert Meilen drum herum. Dabei ist unser Land so groß und soll sehr schön sein.“
„Kevin, das ist eine gute Idee, aber wir haben doch immer soviel zu tun!“
„Stimmt, du hast Recht. Na, dann verschieben wir eben das Vorhaben um zwanzig Jahre.“
Franziska schaute ihn zweifelnd an und gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf: „Wie meinst du das, du Schuft?“
„Na, da bist du über siebzig und hast sicher Zeit. Deine Arbeit werden andere übernehmen, damit du dich ausruhen kannst.“
„Also, ich frage mich wirklich manchmal, was so alles durch deinen Kopf schwirrt. Nein, so was Verrücktes! In zwanzig Jahren, wer weiß, was dann ist“, antwortete sie kopfschüttelnd.
„Dann? Dann genießen wir unser Leben“, träumte Kevin laut.
„Ich gebe es auf, mit dir über so etwas zu diskutieren.“
„Fein, dann lass uns jetzt noch ein wenig spazieren gehen.“
„Was hältst du vom Baden? Ich habe meine Füße schon lange nicht mehr in die Fluten des Pazifiks gesteckt“, neckte Franziska.
Fasziniert von der Idee, holten sie ihre Badesachen aus dem Hotelzimmer und gingen an den Strand. Dort schmiedeten sie Pläne für die noch verbleibenden Tage.
„Ich sehe in der Ferne die Blue Mountains, sind die sehenswert, oder lohnt es sich nicht, dahin zu fahren?“, fragte Franziska.
„Ich war als Halbwüchsiger mal dort, und es hatte mich tief beeindruckt. Wenn du möchtest, machen wir morgen dort einen Abstecher hin.“
„Na prima, ich freue mich schon drauf.“
Kevin war froh, dass Franziska endlich Interesse an der Umgebung fand und nicht immer an diese Agnes Hardwick dachte.
Am nächsten Morgen fuhren sie mit ihrem Auto in die Blue Mountains. Schon von weitem konnte man den blauen Dunst erkennen, in den die Berge gehüllt waren.
„Der blaue Dunst kommt von den Ausdünstungen der Eukalyptuswälder. Daher hat das Gebirge auch seinen Namen erhalten.“
Sie besichtigten einen der größten Canyons der Welt, den Jamieson Valley. Er beherbergt die bizarre Felsformation ‚Three Sisters’. Sie sind ein Teil vom Gebirge des Great Dividing Ranges, und diese bilden eine natürliche Barriere zwischen der Küstenregion und den
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