Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga
Rechts- und Linkskurven, sodass Neil am Ende nicht mehr wusste, wo die Küste war.
„Es ist in jedem Fall ein verhängnisvoller Fehler, wenn man nicht auf den Kompass achtet.“
Das war beiden nun auch klar geworden.
Am Nachmittag saßen sie auf der Schulbank mit noch acht anderen Flugschülern. Sabrina hatte keine Probleme mit dem Lernen, aber Neil tat sich schwer mit dem „theoretischen Kram“, wie er es nannte.
Ein Angebot
Nach bestandener mündlicher Prüfung und vierzig Flugstunden erwarben schließlich Sabrina und Neil die Lizenz zum Fliegen eines Kleinflugzeuges.
Kevin und Franziska zweifelten keinen Moment daran und hatten bereits eine Cessna 441 Conquert bestellt.
Bei der Überreichung der Flugscheine waren Sabrinas Eltern mit dabei.
Kevin rieb sich etwas verlegen das Kinn. „Eigentlich hatten wir geplant, dass wir hier an Ort und Stelle euch das neue Flugzeug überreichen. Aber leider ist da irgendwo eine Panne passiert. Es ist noch nicht hier. Wir haben eben erfahren, dass es noch in Darwin steht.“
Sabrina bekam große Augen. „Oh, Mum, danke.“
Sie umarmte beide. Auch Neil nahm sie in die Arme, wusste er doch, was er ihnen alles zu verdanken hatte.
„Wie lange wird es noch dauern?“ fragte Sabrina schließlich den Leiter der Flugschule. „Das ist doch auf der anderen Seite des Kontinents.“
Dieser hob die Schultern. „Ich weiß es nicht. Aber was halten Sie von der Idee, wenn Sie Ihr Flugzeug selbst in Darwin abholen?“
Sabrina öffnete den Mund, kam aber zu keiner Frage, da ihr Gegenüber wusste, was sie fragen wollte.
„Natürlich bekommen Sie von uns ein Flugzeug. Sie können damit beide nach Darwin fliegen, holen Ihres dort ab, und jeder fliegt ein Flugzeug zurück. Ich müsste sonst zwei Piloten losschicken, das käme mir viel teurer.“
Neil fand das logisch und willigte ein. Auch Sabrina war einverstanden. Mit einem Handschlag besiegelten sie ihr Abkommen.
„Sagen wir kommenden Montag?“, fragte Neil.
Freundlich nickend antwortete der Leiter. „Es soll mir eine Ehre sein. Ich werde ein Flugzeug für Sie bereithalten.“
Und damit verabschiedeten sie sich voneinander.
Ein unangenehmes Gefühl
Sabrina wartete auf die Post.
Es waren wieder zwei Zusagen für das Klassentreffen mitgekommen. Sie war gerade dabei die beiden Namen auf ihrer Liste abzustreichen.
Ohne dass sie es merkte, stand plötzlich Neil hinter ihr.
„Was tust du da?“ fragte er.
Erschrocken drehte sich Sabrina um. „Ich habe wieder zwei Zusagen bekommen. Ist das nicht toll?“
Etwas steif antwortete Neil: „Ja, ich finde es auch schön. Wie viel fehlen noch?“
Sabrina schaute auf ihre Liste und meinte: „Eine Antwort fehlt mir noch. Wie es bei Jeremy auf der Liste aussieht, weiß ich natürlich nicht.“
Wieder dieser Jeremy. Neil schluckte seine Antwort darauf lieber hinunter und sagte nur: „Wann soll es stattfinden?“
Sabrina kramte auf ihrem Tisch und fand einen Kalender. Sie tat so, als wenn sie den Termin nicht wüsste.
„Wir haben den ersten Samstag im Februar ausgemacht.“ Sie schaute auf den Kalender und sagte: „Das wäre eigentlich der 2. Februar, aber der zweite Samstag ist günstiger. Also am 9. Februar 1974. Ich habe dieses Wochenende genommen, weil wir doch die Woche drauf Hochzeitstag haben und Sarah Geburtstag hat. Das ist dir doch recht so?“ Sie schaute fragend zu ihm auf.
Mit gemischten Gefühlen sagte Neil nur knapp: „Ja, warum?“
„Ach, nur so“, kam ebenso knapp die Antwort zurück.
Jetzt wäre doch eigentlich ein Zeitpunkt zum Reden gekommen. Aber beide schwiegen, keiner überwand seine Hemmungen.
Stattdessen sagte Neil: „Ich kam eigentlich rein, weil ich dir sagen wollte, dass sich unsere drei Helfer entschieden haben. Sie beabsichtigen, jeweils eine Cottage für ihre Familien zu bauen.“
Freudig stand nun Sabrina auf. „Das finde ich gut, und wohin sollen sie bauen?“
Neil ging zum Fenster und zeigte in die Richtung der Windmühle.
„Ich dachte, dass sie hinter dem Hügel dort ungestört sind und doch nah genug.“
Er stand hinter Sabrina und roch den Duft ihrer Haare. Er wollte sie in die Arme nehmen, tat es aber nicht.
Sabrina hatte überlegend den Zeigefinger auf ihrem Kinn. „Ja, die Stelle finde ich auch gut.“
Wie gern hätte sie sich mit ihm über das Klassentreffen unterhalten, aber sie wusste nicht, wie er es auffassen würde. Wenn er nur nicht so grundlos eifersüchtig wäre. Sie hatte ihm doch nie einen Grund
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