Unternehmen CORE
Bohrlochs intakt war. Der Kern-Floater jedoch, den sie diesen Morgen in das Loch plaziert hatten, war in einer Tiefe von etwa fünfhundert Kilometer kollabiert. Im Bohrloch kam es zu einem Druckstau, der sich nach oben und unten entlud.
Die Schockwelle war stark genug, um die weiter oben angebrachten Ventile aus ihren Verankerungen zu hebeln und den Bohrlochverschluß am oberen Ende der Leitung in den Himmel zu katapultieren; er war schließlich bei der Scheune wieder heruntergekommen; das war der »Flugzeugabsturz«, dessen Zeuge Josie und Luisa geworden waren.
Das Bohrloch war nun vom flüssigen Kern bis zur Oberfläche hin offen; die Lava wurde durch den Druck im Kern in den Himmel geblasen, nur das Gewicht der daraufliegenden Bohrschlammsäule drückte – variierend – dagegen. Die Differenz zwischen dem Gewicht und dem Druck manifestierte sich in der Höhe der Lavafontäne.
Josie blickte hinunter auf die Kontrollebene. Sie alle redeten nun, Onkel Gregor, Queenie Tobou, sein Dad und Marta. Es sah wie ein Streit aus. Josie fragte sich, was man tun konnte, um den Vulkan abzustellen …
»Der Bohrturm ist ein Wrack«, sagte Leidy. »Wir können nichts in das Loch einführen oder etwas herausziehen.«
»Dann müssen wir es verschließen.«
»Brillant.«
»Wenn du eine bessere Idee hast, dann laß hören«, sagte Marta verärgert.
»Natürlich müssen wir es verschließen!« Seine Stimmung schwankte wie die züngelnden Flammen. »Nicht mit Bulldozern. Wir brauchen ein Förderband, das seine Nase in den Vulkan stecken kann und einen Berg Barit darauf schüttet oder einfach Sand.«
»Gut. Organisiere die Logistik. Ich arbeite die Konstruktion aus.«
»Toll«, sagte Gregor Mattasow. »Aber es gibt mehr zu beachten als nur den Druckausstoß. Wir sollten über die Geologie, die physikalischen Auswirkungen nachdenken.«
Marta schüttelte den Kopf, als wollte sie Wasser aus ihrem Ohr schütteln. »Wovon reden Sie?«
»Ein Bohrloch von der Erdoberfläche bis zum Kern stellt eine außergewöhnliche geologische Anomalie dar.«
»Ahh.« Marta hatte ihn niemals besonders gemocht; er war Leidys Freund, nicht ihrer. Sie wandte sich zu Leidy und ließ an ihm ihre Ungeduld aus. »Verdammt, ihr braucht doch auch sonst nicht so lange, um zum Punkt zu kommen.«
»Gregor hat recht. Wir müssen so etwas wie das Gleichgewicht der natürlichen Druck-Temperatur-Kurve wieder herstellen.«
Sie wandte sich an Gregor. »Sie meinen, es abkühlen?«
»Ich fürchte ja.«
»Es muß nicht abkühlen«, sagte Queenie. »Der erste Floater ist noch immer an seinem Ort. Sein Kühlkabel ist intakt – auf der ganzen Länge bis hin zur Oberfläche.«
Leidy erkannte, worauf sie hinauswollte. »Das ist ein heißer Draht«, sagte er.
»Ein heißer Draht …?« Dann sah es auch Marta.
»Die Hitze im Loch ist durch das Kühlsystem an der Oberfläche zu steuern. Wenn es nötig ist, können wir das Loch zufrieren lassen«, sagte Queenie. »Und später mit der Hitze des Kerns wieder auftauen.«
Gregor rollte mit den Augen. »Schlagt drei Kreuze, daß dieser Floater nicht auch noch kaputtgeht.«
»Was immer wir auch machen, wir müssen das Ausströmen der Lava unterbinden«, sagte Leidy.
»Dann beginnt schon mal Sand zu kaufen«, sagte Marta. Sie war immer schnell bei der Sache. »Und versucht, einen guten Preis zu bekommen.«
»Vielen Dank, daß Sie mich empfangen, Dr. Hudder.«
Leidy erhob sich nicht hinter seinem überhäuften Schreibtisch, als der junge Mann im dunklen Anzug sein Büro betrat; er bedeutete ihm, auf der Couch Platz zu nehmen.
Der Mann war sichtlich beeindruckt von dem Spektakel, das durch die Rolläden hinter Leidys Schreibtisch zu sehen war. Drei Straßenzüge weiter erhob sich eine orangerote Fontäne vor dem nachmittäglichen Himmel; ein leuchtend schwarzer Aschekegel hatte sich um den feurigen Auswurf aufgebaut.
»Bedanken Sie sich nicht bei mir«, antwortete Leidy. »Ich wurde dazu gezwungen. Von meinem alten Freund Dink Pearce, der aus seinem wohlverdienten Ruhestand aufgeschreckt ist. Ich versuchte abzulehnen, aber er ließ mich nicht.«
»Ich verstehe, daß Sie viel zu tun haben.« In seinem wollenen Geschäftsanzug sah der Besucher aus, als ob er gewohnt war, sich unbehaglich zu fühlen.
»Das bezweifle ich, Mr. Hickenlooper.« Leidy legte die Beine mit seinen Cowboy-Stiefeln auf den Tisch, faltete die Hände hinter seinem Nacken und bewegte den Kopf von einer Seite zur anderen, als wollte er einen
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