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Unternehmen CORE

Unternehmen CORE

Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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Atelier umgewandelt hatte. Stahlflaschen mit Gas und schwere Metallplatten standen an die Wände gelehnt, Schweißwerkzeuge lagen auf der Werkbank und vor der Garagentür befand sich ein großes Industriegebläse, das die Abgase durch ein dreißig Zentimeter breites Loch nach draußen saugte.
    Der Boden war mit einem halben Dutzend rostiger Eisenskulpturen vollgestellt, die durch die einzige Birne an der Decke schwach beleuchtet wurden.
    »Das ist eine Tetrahelix«, sagte sie und wies auf die facettierte, gewundene Säule aus oxidiertem Metall, die in der Mitte des Betonbodens stand. Sie fischte eine Zigarette aus der Packung, während sie die Arbeit betrachtete. »Hätte ich gewußt, daß bereits jemand vor mir so etwas gemacht hatte – eine große, oben in Kanada – und dafür einen Haufen Geld erhalten hat, dann hätte ich mir die Arbeit gespart.« Sie zündete die Zigarette mit einem roten Plastikfeuerzeug an.
    »Beeindruckend.« Der Metallturm schien gleichzeitig sanft gewunden und zerklüftet zu sein; das Stück sah aus, als hätte sie mit ihm gerungen, hätte es niedergezwungen und ihm seine Gestalt aufgedrängt. Er betrachtete die anderen Werke; die meisten glichen in ihrem Aufbau – sie bestanden aus zusammengeschweißten Metallpolygonen – dem ersten. Alle waren beeindruckend, wenn auch nicht ästhetisch überzeugend. »Stark«, sagte er. »Schön, manche.«
    »Sie sind ehrlich.« Sie lachte. »Sie wissen wahrscheinlich nicht einmal, daß das Wort ›schön‹ in der Kunstwelt einen verächtlichen Beigeschmack besitzt.«
    »Sie zeugen von einem hohen Maß an rationaler Durchdringung. Nicht nur vage Gefühle.«
    »Sind Gefühle das?«
    »Ich gebe mir Mühe«, sage er.
    »Verzeihen Sie den schlampigen Ausdruck, aber mögen Sie sie denn?«
    Er fühlte sich gedrängt. »Einige von ihnen, auf den ersten Blick«, antwortete er. »Vielleicht komme ich später zu der Erkenntnis, daß ich manche lieber mag. Ich bin kein Kunstkritiker.«
    »Das werden Sie.« Sie ging zur Tür.
    »Geben Sie mir noch eine Minute.«
    »Die Mädchen sind zurück, glaube ich. Ich höre Ruths Wagen.«
    »Dann eine Sekunde.« Als er die Skulpturen betrachtete, bemerkte er, was sie inspiriert hatte. Sie waren kristalline Strukturen, wirkliche molekulare Strukturen, die um ein Vielfaches vergrößert und in platonischer Einfachheit wiedergegeben wurden. »Sie sagen, Sie seien ein Experimentalphysiker?«
    »Das bin ich.«
    »Das ist nicht die ganze Geschichte.«
    »Die Zeit ist um, Leidy.« Sie drückte ihre kaum angerauchte Zigarette in einem vollen Aschenbecher auf der Werkbank aus. »Die Kinder sind da.«
    Sie gingen ins Haus, als die Eingangstür knallte. Martas Töchter fielen über sie her und blickten an ihr vorbei zu Leidy, der in der Küche stand. Das ältere Mädchen, Linda, ignorierte ihn geflissentlich, während Luisa, mutiger, zu ihm rannte und ihm ans Knie schlug.
    »Warum sind Sie?«
    »Warum bin ich was, meine Kleine?«
    »Mommy mag Sie nicht«, sagte sie und schaute zu ihm auf. Ihr Gesicht war zu einer Grimasse verzerrt, dann brach sie in gellendes Gelächter aus.
    »Okay. Ich gehe jetzt.«
    »Warum?«
    »Weil es spät ist und Zeit für euer Abendessen.«
    »Warum?«
    Er schaute sie an. »Du und mein Junge würden gut miteinander auskommen, glaube ich.«
    »Warum? Warum? Warum? Warum?«
    Er seufzte und schleppte sie in den Flur. Sie klammerte sich an sein Hosenbein und ritt auf seinem Schuh. Marta hatte die ältere Tochter nach oben geschickt.
    »Ich denke, ich gehe lieber. Ich will nicht mein Flugzeug verpassen.«
    Marta schaute ihn mit einem seltsamen Gesichtsausdruck, beinahe verärgert, an. »Sie können den Flug ändern.«
    Der an sein Bein geklammerte Hausaffe schrie, »Warum?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Jetzt, da ich darüber nachdenke, meine ich gar nichts.«
    »Ich werde Sie anrufen«, sagte Leidy.
    »Warum?«
    »Mal sehen«, sagte Marta. »Ich soll mit Ihnen nicht reden.«
    »Was kümmert das Sie?« sagte er.
    Er betrachtete ihre dunkelbraunen Augen, ihre weißen Zähne. Sie schüttelte schnell den Kopf.
    Mit ihrer Hilfe befreite er sich von dem überdrehten Kind und ging zur Tür.
    »Gut, rufen Sie mich an, wenn Sie in Nevada sind«, sagte sie.
    »Kalifornien.«
    »Ja, natürlich, Kalifornien.« In ihm schrillten die Alarmglocken. Marta schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln, er trat hinaus und schloß hinter ihr die Tür.
     
    Vom Flughafen rief er Dink in seinem Apartment in Manhattan an.
    »Irgendwelche

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