Unternehmen CORE
aber trotzdem wünschte, daß er gerettet werde, und wenn möglich unter ehrenvollen Bedingungen. »Professor Ellyard hat eine hohe Meinung von Ihnen, wissen Sie das?«
Cyrus saß auf der Kante eines Holzstuhls. »Ich habe viel in diesem Jahr von ihm gelernt. Ich war in seinem Büro und habe die meiste Zeit für ihn gearbeitet.«
»Und wo Sie auch die Prüfungsfragen gefunden haben.«
»Schon vor Monaten. Sie lagen einfach rum. Er ist ein vertrauensseliger Mensch«, sagte Cyrus. »Ich denke, es ist richtig, jemanden zu trauen, Sir.«
»Ist es das? Sie ›liehen‹ sich eine Abschlußprüfung, von der sie meinten, daß er sie drannehmen würde.«
»Ich hatte bereits alle Prüfungen gemacht, Sir. Ich hatte die Idee, sie neu zu organisieren.«
Der Mann hob interessiert eine Augenbraue. »Sie haben alle versucht?«
»Ich habe sie alle durchgearbeitet, die Aufgaben und Essays. Um ihren Schwierigkeitsgrad einschätzen zu können.«
Der Vorsteher warf einen scharfen Blick auf die Uhr, dann auf Cyrus. »Und dann?«
»Nun … ich überprüfte, was ich gemacht habe. Ich habe sie nicht alle perfekt gelöst. Aber fast.«
»Mr. Hudder – auch wenn es nichts daran ändert –, ich würde Ihnen wirklich gerne glauben, daß Sie die Antworten nicht nachgeschlagen haben. Wie soll ich das?«
»Ich nehme an, dies ist nicht möglich, Sir.«
»Ich habe zur Kenntnis genommen, daß die Universität von Chicago Ihre Bewerbung bereits angenommen hat. Hätten Sie sich nicht einfach reinsetzen und die Fragen beantworten können? Wahrscheinlich hätten Sie ein A bekommen. Aber so haben Sie sich einen unfairen Vorteil verschafft. Warum haben Sie sich das angetan?«
Cyrus starrte ihn dumpf an.
»Ich möchte wissen warum.«
Cyrus sagte nichts. Auf seinen Augen allerdings spürte er einen Druck, den er sofort als das Bedürfnis verstanden hätte zu weinen. Warum nur? Arroganz? Wut? Der Wunsch nach Selbstzerstörung? Er konnte keine Worte finden für die Wahrheit, seine unaussprechliche Trauer für einen Mann und eine Frau, seine Eltern, die er kaum gekannt hatte.
Der Vize-Präsident stand unvermittelt auf. »Sind Sie es, Professor Ellyard?«
»ja, ja«, grummelte der Ältere und schob sich durch die Tür mit dem Glasfenster.
»Ich habe mir schon Sorgen gemacht.«
»Hier haben Sie, was Sie wollten. Es ist nicht in den Unterlagen; er kann davon keine Ahnung haben.« Ellyard legte ein handbeschriebenes Blatt Papier auf den Tisch vor Cyrus. »Nun, ich gehe dann wieder.«
»Das ist die Prüfung?« fragte der Vize-Präsident.
»Das hier, ja. Nicht Ihre Schuld, natürlich«, sagte Ellyard, der von ungefähr auf Cyrus blickte. »Sollte etwas gesagt haben. Nun, ich gehe wieder.«
»Jemand sollte hier bleiben, Professor«, sagte der Vize-Präsident in scharfem Ton. »Ich bin eh schon zu spät. Wer bleibt hier? Wer bewertet das?«
»Oh, das überlasse ich Ihnen«, sagte Ellyard. »Er ist ein sehr kluger Junge. Er besteht mit Auszeichnung. Wenn es nach mir ginge, meine ich. Diese administrativen Dinge … tut mir leid, Junge. Nun, ich gehe.«
»Professor!«
Aber Ellyard stellte sich taub und war verschwunden.
Der Vize-Präsident starrte auf Cyrus. »Schreiben Sie alles auf. Ich werde mich bald mit Ihnen in Verbindung setzen.«
»Sie lassen mich hier allein, Sir?«
»Sie werden hier keine Antworten finden. Ich vertraue Ihnen. Bleiben Sie solange im Zimmer, bis Sie fertig sind. Und lassen Sie dann die Arbeit auf dem Schreibtisch.«
Er ließ Cyrus im Büro, dessen Schatten dunkler wurden, mit der handschriftlichen Prüfung, die Professor Ellyard für ihn vorbereitet hatte. Cyrus betrachtete sie neugierig. Auf dem Blatt befand sich lediglich eine Aufgabe, die in zwei Sätzen erläutert wurde.
Welches ist das tiefste Loch, das in die Erde gegraben werden kann? Erklären Sie knapp die Grenzen, Konstruktion und die technischen Voraussetzungen, die notwendig sind, um das Loch zu graben und zu erhalten.
Cyrus, der keinen Grund hatte, nach Hause zu gehen, nahm sich Zeit und schrieb eine ausführliche Antwort – ausführlich in Theorie und Praxis. Noch vor dem Abschlußtag akzeptierten Ellyard und der Vize-Präsident seine Resultate und erwähnten nie wieder Cyrus’ Indiskretion.
Seine Antwort allerdings war keine endgültige, sie konnte es niemals sein.
»… und er hat niemals die Frage vergessen«, sagte Leidy.
Marta lächelte. »Eine gute Geschichte.« Sie ließ das Dinghi vom Wind abfallen; die Landschaft bewegte sich
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