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Unternehmen CORE

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Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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ihn aus dem Gleichgewicht …
     
    »Das war der Weg, den dein Vater weiterging«, erzählte Dink Leidy. »Erst viel zu spät habe ich davon erfahren.«
    Der Ober, der bemerkt hatte, daß sie nichts mehr aßen, griff ihre Teller. »Kaffee oder etwas anderes? Keine Eile.«
    Dink ließ ihm einen solch verächtlichen Blick zukommen, daß er abdrehte.
    Er wandte sich zu Leidy. »Dann warf Northeastern das Handtuch. Ich war nicht im Land – es dauerte zwei Tage, bis ich zurückkam und die Einigung aushandeln konnte. Cyrus wußte es bereits vor mir …«

 
RENO, FEBRUAR 1981
     
    Cyrus schaffte es, HRI über Wasser zu halten, während ihm sein übriges Leben entglitt. Es geschah unmerklich, allmählich, er nahm davon kaum Notiz, bis er in einer dunklen Winternacht spät abends von seinem Büro nach Hause kam. Greta blickte nicht auf, als er das Wohnzimmer betrat.
    »Ein Mann namens Edward hat angerufen.« Ihr Gesicht lag im Schatten; sie schien sich auf einen dünnen französischen Roman zu konzentrieren, dessen Seiten vom warmen Lichtschein der Messing-Stehlampe beleuchtet wurden.
    »Edward?«
    »Er sagte, du kennst ihn.«
    Cyrus ging zur Küche, füllte ein dickes Glas mit Eis aus dem Eisfach des Kühlschranks, ging dann zur Bar und schüttete Gin darüber. Er fragte Greta nicht, ob sie auch etwas wollte. Jeder kümmerte sich in jenen Tagen um sich.
    »Er hat hier angerufen?«
    Sie atmete hörbar aus. »Seine Nummer ist neben dem Telefon.«
    Die Nummer auf dem Zettel unter der Tischlampe war nicht die, die er erwartet hatte. »Das ist ein örtliche Nummer.«
    »Offensichtlich.«
    »Ich werde ihn morgen anrufen«, sagte er, um ihrer Neugierde zu entgehen, die im gelangweilten Tonfall ihrer Stimme durchklang. Er nahm seinen Drink mit zum Armsessel in die gegenüberliegende Ecke des Zimmers.
    Die Glastüren klapperten im Wind – ein harter, beinahe ständig wehender, kalter Luftstrom, der von den Gipfeln der Sierra kam und über die salbeibewachsenen Hügeln hinwegstrich. Ein bekannter Wind, eine Tradition; Mark Twain hatte ihn den Washoe-Zephyr genannt.
    Cyrus nahm die neueste Ausgabe der Time, Greta las ihren Roman.
    Das Telefon klingelte. Sie musterte ihn, als er aufstand.
    »Hallo?«
    »Ich bin im Cibo.«
    »Im Cibola?«
    »Ich hoffe, Sie können sich heute abend einige Minuten für mich Zeit nehmen.«
    »Sie meinen jetzt?«
    »Es tut mir leid. Sobald Sie können.«
    »Es kann nicht warten?«
    Es kam keine Antwort.
    »Wenn es wirklich nicht warten kann …« Cyrus hörte Edwards Anweisungen, dann legte er auf.
    Greta wartete, bis er seinen Mantel angezogen hatte und zur Tür ging, dann sagte sie: »Du könntest mir eine Erklärung geben. Zumindest ansatzweise.«
    »Geschäft. Das ist alles.«
    Ihr Gesichtsausdruck verhärtete sich. »Kein guter Geschäftsmann würde sich so wie du herumstoßen lassen.«
    »Ich habe mich niemals als Geschäftsmann ausgegeben«, sagte er. »Wenn du das dachtest, dann entschuldige bitte.«
    »Cyrus …« Sie zögerte. »Ich habe heute mit Leiden gesprochen. Ich dachte, wir würden vielleicht miteinander reden.«
    »Das hättest du früher sagen können. Warum nicht?« Er blickte sie finster an, unfähig zu sagen, was er dachte: daß er seinen Sohn liebte und sich danach sehnte, zu erfahren, was dieser machte. Daß sie seinen Sohn gegen ihn benutzte.
    »Ich dachte, du würdest vielleicht mit mir reden«, sagte sie.
    Er ging durch die Tür und schloß sie hinter sich – und verstand nicht, daß sie seine Frage beantwortet hatte, die Frage warum.
     
    Der harte Wind schlug gegen den weißen Jeep-Wagon mit dem Hudder Research-Logo an den Türen.
    Als Kind hatte Cyrus in der Nähe der Universität gewohnt, und obwohl sie am Rand der Stadt lag, konnte er in zehn Minuten die Virginia-Street zum Truckee River hinabgehen. Nun wohnte er ebenfalls am Stadtrand und mußte fahren. Reno hatte im Osten Sparks geschluckt, war im Westen die Berghänge hochgeklettert und hatte sich in jede Richtung über die Hügel ausgebreitet; Trailer-Camps und Siedlungen infizierten die Täler und Wiesen. Das Zentrum war ein Sammelsurium aus Betonmonolithen, die mit leuchtenden Lichtern, pastellfarbenen Neonstreifen und bunten Spiegeln und Plastik geschmückt waren. Zu groß für eine kleine Stadt. Und der funkelnde Verkehr war ein Metallfluß in der weiten Nacht des Freeways. Träge floß er dahin.
    Dieser Mendez hatte ihm mit seinem Tod den Sohn geraubt. Mendez hatte sich selbst umgebracht, als er in der alten

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