Unternehmen Delphin
seine Frau erwähnte er und den Architekten, mit dem sie durchgebrannt ist.«
»Jaschenko war nie verheiratet«, sagte Major Humphrey ungerührt.
Helen senkte den Kopf. Nun war ihr völlig klar, wie sie belogen und eingefangen worden war. Gerade die Tragödie mit der Frau hatte sie Blacky geglaubt – aber auch Blacky stimmte ja nicht. Das Haar war schwarz gefärbt, die Locken waren künstlich. Gleich heule ich los, dachte sie, und das kann mir keiner übelnehmen.
»Erinnern Sie sich weiter …«
»Da ist nichts mehr«, sagte Helen kläglich. »Gar nichts! Er … er wollte von der Vergangenheit nichts mehr wissen, wollte neu anfangen nach dem Schock mit seiner Frau … Oh, welch ein Schuft!«
Humphrey warf einen Blick zu Dr. Rawlings. Der schüttelte ganz kurz den Kopf. Sie weiß wirklich nichts, sie ist ahnungslos da hineingetappt, hieß das.
»Wir nehmen an«, sagte Major Humphrey und lehnte sich zurück, »daß mit Jaschenkos Tod die Sache nicht erledigt ist, sondern im Gegenteil erst anfängt. Seine Hinrichtung bringt alle Geheimdienste auf den Plan. Jeder wird sich fragen: Was verbirgt sich da hinter der Tarnbezeichnung Delphin, wenn die Sache so heiß ist, daß man tötet? Hier hat der Täter einen groben Fehler begangen: Statt die Spur zu löschen, hat er eine hervorragende Spur gelegt – zu Ihnen, Dr. Morero, und zu jedem von Ihnen, meine Herren! Die Admiralität ist alarmiert; man fragt sich, wie man Sie wirksam schützen kann. Hier hört unser Wissen auf.« Humphrey hob die Schultern. »Man hat uns nicht gesagt, was hinter dem Stichwort Delphin steht.«
»Das ist auch nicht nötig.« Dr. Rawlings warf seinen Bleistift, den er unermüdlich zwischen den Fingern gedreht hatte, auf den Tisch. »Wichtig ist zu wissen, daß wir jetzt mit der ganzen Mannschaft ins Schußfeld des ›dunklen Krieges‹ geraten sind. Das mußte einmal kommen – nur kommt es mir zu früh.« Rawlings beugte sich zu Humphrey vor: »Sonst hat die Admiralität nichts gesagt?«
»Nein.«
»Das wundert mich.« Rawlings legte die Hände aneinander. »Über das wirkliche Projekt Delphin sind nicht mehr als fünfzehn hohe Militärs und der Präsident der Vereinigten Staaten selbst orientiert. Da muß also irgendwo ein Loch sein. Das wäre eine Aufgabe für das CIA …«
»Lieber sitze ich mit dem Hintern auf einem Lagerfeuer«, sagte Major Humphrey, »als diesen Gedanken von Ihnen aufzunehmen.«
»Dann geben Sie ihn weiter zum Chef.«
»Der wird eine Gänsehaut bekommen. Wissen Sie, was Sie da aussprechen, Dr. Rawlings?«
»An diesem Projekt könnten Tausende von Menschenleben hängen, Major. Wenn Ihnen die Vorgesetztenangst auf den Magen schlägt – ich habe sie nicht! Mich halten keine goldenen Ärmelstreifen ab, einen Verdacht zu äußern.« Rawlings erhob sich, auch Humphrey sprang auf. Die Situation hatte sich völlig verändert. Das CIA war als Ermittlungsbehörde gekommen und ging mit einer Anklage im Nacken. Humphrey fühlte sich sehr unwohl. »Ich weiß jedenfalls, was ich jetzt tue!«
»Sich abschotten und die Augen aufhalten …«
»Das reicht nicht.« Rawlings schüttelte den Kopf. »Dieser unbekannte Täter macht mir Sorgen, denn Jaschenko-Fishers Tod war völlig sinnlos. Man liquidiert doch nicht den eigenen Mann nahe vor dem Ziel!«
»Hier sind wir auch ratlos«, sagte Major Humphrey ehrlich. Mit mürrischer Miene verließ er Biscayne Bay und fuhr nach Miami zurück. In seinem Kopf aber blieb wie ein Bleiklotz die schreckliche Tatsache haften: Von dem Projekt wissen nur fünfzehn höchste Offiziere, und einer von ihnen hält nicht dicht! – O du große Scheiße, wenn das auffliegt …
»Was nun?« fragte als erster Dr. Clark, als die CIA-Leute abgefahren waren. »Müssen wir jetzt Panzerwesten tragen?«
»Nicht unbedingt.« Rawlings war sehr ernst. »Jeder muß auf sich aufpassen, und wir alle zusammen passen auf Helen auf. In den nächsten Wochen wird Ruhe sein, aber dann wird man sich wieder an uns heranschleichen. Nur sind wir dann in San Diego – und schutzloser als hier. Helen, ich muß es jetzt sagen: Du kannst nicht mitkommen. Du mußt aus der Sache raus sein, bevor sie richtig gefährlich wird.«
Jetzt endlich weinte Helen und drückte ihr Gesicht an Finleys Brust.
6
Es gehörte zu den bemerkenswertesten Eigenschaften von Marine-Attaché Oberst Ischlinski, sich nur über nichtige Dinge gewaltig aufzuregen. Wurde jedoch irgend etwas tatsächlich so ernst, daß jeder andere sich die Haare gerauft
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