Unternehmen Delphin
der Name Ischlinski nirgendwo auf. So blieb Jurij Valentinowitsch Militärattaché an der sowjetischen Botschaft in Washington und wurde nicht zur Persona non grata erklärt.
Seitdem blieb Bonny verschollen. Er meldete sich nie mehr. Nicht ein einziger leiser Wink traf bei Ischlinski ein. Er wird sich auch hüten, dachte Jurij Valentinowitsch grimmig im Hinblick auf diese vergessene Liste. Aber welch ein hervorragendes Talent liegt nun brach!
Es war verständlich, daß Ischlinski auch heute an Bonny dachte. Jetzt fehlte ihm ein Mann wie er. Nur ihm hätte Ischlinski zugetraut, das Rätsel um den Tod des Agenten Richard zu lösen.
Ischlinski holte noch einmal die ›Akte Delphin‹ aus dem Panzerschrank und las sie durch. Danach waren zwei Männer und eine Frau aus der unscheinbaren, kleinen Delphin-Station von Biscayne Bay vom Präsidenten der Vereinigten Staaten in Privataudienz empfangen worden, kamen ungesehen ins Weiße Haus und sollten es auch ungesehen verlassen. Doch hatte der Fotograf, der das Weiße Haus ständig beobachtete, gut reagiert.
Was verbirgt sich hinter den Delphinen, dachte Ischlinski angestrengt. Die durchs Wasser hüpfenden Tiere sind ohne Zweifel nur eine Tarnung. Ist dort ein Geheimlabor entstanden, das neue Kampfgifte erforscht?
Ischlinskis Gedanken begannen wüst zu kreisen. Schließlich entschloß er sich, die Delphin-Sache mit einem verschlüsselten Funkspruch nach Moskau zu melden.
Nach dieser Arbeit zog er eine leichte Leinenjacke an, stieg in seinen Wagen und fuhr zum Mittagessen in das feudale Restaurant ›Arcade‹. Er hatte seine verteufelte Freude daran, zu beobachten, wie ihm ein Mann – sicherlich vom CIA – unauffällig folgte und auch im ›Arcade‹ einen Lunch bestellte.
Ischlinski aß mit großem Appetit, aber beim Hinausgehen blieb er an dem Tisch seines Bewachers stehen und sagte freundlich: »Grüßen Sie Oberst Turnbill von mir!«
Pfeifend und höchst zufrieden verließ er das ›Arcade‹. Der Mann war erledigt.
Einen Jurij Valentinowitsch muß man anders behandeln …
Auf der Wake-Insel war im ruhigen, grünblau schimmernden Wasser der Lagune, in der weiten Bucht vor dem Flugplatz, das erste geschlossene Schwimmdock für U-Boote montiert worden. Aus Fertigteilen zusammengesetzt, die von den riesigen Atlas-Transportern aus Honolulu gebracht wurden und aussahen wie riesige rechteckige Betonwürfel. Eine ihrer Schmalseiten bestand aus einer doppelläufigen, nach oben sich öffnenden Schiebetür. Das waren dicke, verschiebbare Betonplatten, die den gewaltigen Hohlraum schußsicher abschlossen. Experten behaupteten sogar, der mit Stahl versetzte Boden dieses Beton-Schwimmdocks würde auch von einem Torpedo nur angekratzt werden. Völlig revolutionierend allerdings war, daß man dieses Werkstatt-Ungeheuer durch eingebaute Flutkammern ins Meer versenken konnte. Das Dock wurde dann eine vielseitig verwendbare Unterwasserstation für U-Boote. Die U-Boote konnten dort Verpflegung, Frischwasser, Munition, Ersatzteile, neue Mannschaften und Brennstoff aufnehmen. Reparaturen waren überhaupt kein Problem, denn im Inneren der großen Unterwasserhalle lagen ringförmig angelegt die mit Sauerstoff versorgten Räume; sie hatten druckfeste Fenster zur von Scheinwerfern erleuchteten Halle. Über Druckschleusen, die überall angebracht waren, konnte man jederzeit vom U-Boot in die Räume umsteigen.
Admiral Crown, der die Pläne vorher studiert hatte, war zur Einweihung dieses ersten versenkbaren Docks mit einer Barkasse in den riesigen Schlund der Halle gefahren und grüßte hinauf zu den dickglasigen Fenstern, hinter denen sich die Monteure und Ingenieure aufgestellt hatten. Chefingenieur Morrison stand neben Crown in der Barkasse und gab Erläuterungen.
Crown interessierte weniger die technische Seite als die taktisch-militärische. Die letzten Konferenzen in der Basis Pearl Harbour waren wieder beeinflußt gewesen von dem großen, sozusagen schon unsterblich gewordenen Trauma der Amerikaner: dem Überfall der Japaner auf die Pazifikflotte, der Vernichtung der Schiffe durch die Kamikazeflieger. Nie, nie sollte sich Derartiges wiederholen! Da man über Wasser keinen vollen Schutz garantieren konnte, ging man also in die Tiefe. Die U-Boote der Zukunft würden mehr Kampfkraft haben als früher die Zerstörer und Kreuzer und sogar fast deren Größe erreichen. Die sowjetischen U-Boote der Delta-Klasse mit 130 Meter Länge bewiesen es: Mit ihren 8.400 Tonnen über Wasser waren
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