Unternehmen Delphin
zuviel Whiskey im Bauch!« Crown schloß die Augen. Wenn das wahr ist, reiße ich mir die Admiralsstreifen vom Ärmel und fresse sie auf. Man will mir auf Wake Delphine schicken? Man will wirklich auf Wake eine Seeüberwachung durch Delphine einrichten? Da baut man für viele hundert Millionen Dollar diese elektronischen Unterwasserkugeln – und wo liegt der wahre Stein der Weisen? Im Radarsystem der Delphine! Gott segne die Einfalt, die Großmutter des Glaubens … »Ich komme nicht, Herbert!« sagte Crown und versuchte, seiner Stimme keinen beleidigenden Klang zu geben. »Nur auf Befehl! Und noch eins: Wenn die Delphintruppe nach Wake kommt, lege ich Wert darauf, daß sie eine Antrittsparade vorführt. Welchen Marsch haben sie? ›Es rauscht so wild der Ozean‹ oder: ›Welle, Welle, küß mich mal, mein Weibchen schwimmt vor Afrika‹ …«
»Sie werden sich wundern, William«, sagte Linkerton, keineswegs beleidigt. »Es wird eine Parade geben, und Sie werden so begeistert sein, daß Sie ins Wasser springen und mitschwimmen wollen … So long!«
»Ich bin Admiral und kein Dompteur!« schrie Crown ins Telefon, aber Linkerton hatte bereits aufgelegt.
Warten wir es ab, dachte Crown und trank für die Nacht ein großes Glas kalte Milch. Seit Jahrzehnten tat er das, und seit Jahrzehnten blieb das ein Geheimnis, das Crown auch mit in den Tod nehmen würde – denn es war unvorstellbar, was geschehen würde, erführe man, Admiral Crown trinkt statt Whiskey lieber Milch. Bouwie würde zum Beispiel sofort brüllen: »Und genützt hat's doch nichts, William. Du bist nicht mehr gewachsen!« Und Atkins würde in seiner philosophischen Art sagen: »Laßt ihn, er schlürft die Milch der frommen Denkungsart …«
Noch ist alles inoffiziell, dachte Crown. Und Linkerton ist so ein Vogel, der mir solche Spinnereien unter die Weste jubeln will, nur um mich aufzuregen. Aber ich rege mich nicht auf. Nüchtern betrachtet, ist das doch ein wahrer Blödsinn: Delphine auf der Wake-Insel! Da rechnen die Großmächte die Zahl ihrer Atomsprengköpfe gegeneinander auf, und wir sollen hier mit Delphinen Purzelbäume schlagen. Irgendwo ist auch die Grenze militärischer Blödheit erreicht …
Crown trank sein großes Glas Milch aus, sagte zum Fernsehen: »So'n Scheiß!«, tippte den Bildschirm aus, ging ins Bett und schlief sehr schnell ein. Aber er stöhnte im Schlaf, als würge man ihn ab.
Er träumte von Delphinen … und er war im Meer, in voller Admiralsuniform, und ritt auf solch einem Vieh … und Linkerton rauschte in einem Boot neben ihm her, die amerikanische Fahne in der Hand, und sang die Nationalhymne.
Wer würde da nicht stöhnen …
Die Verlegung nach San Diego verlief reibungslos.
Wochen hindurch hatte Rawlings mit der Admiralität überlegt, welcher Weg der beste sei. Durch die Luft mit den riesigen Atlas-Transportern an den Pazifik, das wäre die schnellste Methode. Man konnte in die Großraumflugzeuge die temperierten Salzwasserwannen einbauen und brauchte für die 6 Delphin-Kompanien, die nach San Diego abkommandiert wurden, drei ›Fluggeräte‹, wie es amtlich so schön heißt. Der Nachteil dabei war, Versuche hatten es ergeben: Delphine können, genau wie Menschen, luftkrank werden. Ihr Nervensystem ist ungeheuer anfällig. Rawlings erklärte das so: »Was früher die Callas unter den Menschen war, ist der Delphin unter den Meeresbewohnern. Sie sind sensibel bis zum Nervenzusammenbruch. Wir müßten jetzt erst wochenlang mit ihnen das Fliegen üben …«
Möglichkeit Nummer zwei war der Wassertransport. Er war der einfachste, aber auch der längste. Ein speziell dafür umgebautes Schiff mit großem Becken mußte von Miami durch den Atlantik, hinunter in den Golf von Mexiko, an Kuba vorbei in die Karibik und dann durch den Panama-Kanal die ganze Pazifikküste hinauf nach San Diego schwimmen – gut und gern, bei voller Kraft, ein Dreiwochen-Törn. Gab es hohe See, dauerte es noch länger. Außerdem konnten bei grober See die Delphine gegen die Beckenwände geschleudert und verletzt werden.
Vorschlag drei bezog sich auf die Spezialwagen, die Rawlings in Fort Lauderdale besichtigt hatte. Das waren fahrbare, beheizte Plastikwannen, aufgehängt an Spezialfedern, die jeden Stoß der Straße auffingen, jede scharfe Kurve ausglichen und jede Berg- und Talfahrt neutralisierten. Sogar den Himmel wollte man durch Plexiglasdächer noch hereinholen, so sehr war man auf die größtmögliche Nervenschonung der Delphine
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