Unternehmen Delphin
bedacht. Der Nachteil hierbei: Auch dieser Überlandtransport, von Florida quer durch die Südstaaten nach Kalifornien, brauchte seine Zeit. Man konnte nicht schnell fahren, und selbst, wenn man mit drei Schichten, also Fahrerwechsel alle acht Stunden, Tag und Nacht fuhr, lagen die günstigsten Berechnungen bei rund vier Tagen einschließlich Rastpausen für Essen und Trinken, Tanken und Wartungen. Irgendwelche Pannen waren dabei nicht berücksichtigt, etwa ein Reifenwechsel oder ein Motorschaden. Bei dem Einsatz von dreißig Wagen aber konnte man davon ausgehen, daß eine Fahrt über 4.000 km Straße nicht ohne Ärger abläuft. Jede Verzögerung traf alle, denn der Konvoi sollte zusammenbleiben.
Nach langen Debatten entschloß man sich dennoch dazu, den Landweg zu nehmen. Selbst wenn man am Ende sechs Tage brauchte – die Sicherheit der Delphine war in diesen Spezialwagen am besten gewährleistet.
»Wenn wir alle 66 Knaben gesund nach San Diego bringen, werdet ihr mich mit einer drei Meter hohen Kerze auf einer Wallfahrt sehen!« sagte Rawlings, als er vom Marinekommando Miami die endgültige Entscheidung mitbrachte. »Trösten sollte uns, daß man in San Diego im Rekordtempo eine Trainingsanlage gebaut hat, die einmalig auf der Welt ist. Was wir auch verlangt haben, man hat's hingesetzt. Vor allem Admiral Bouwie – ausgerechnet dieser Eisenfresser! – war zäh wie ein orientalischer Floh und hat jede geldgebende Stelle gebissen. Aus dem Weißen Haus, vom Präsidenten selbst, kam volles grünes Licht – an Dollars wird es uns nicht mangeln! Nur …«, Rawlings sah die Reihe seiner Mitarbeiter entlang, »ich weiß nicht, ob wir in der festgesetzten Zeit das schaffen, was man von uns und unseren Burschen erwartet. Problemlos einsatzfähig sind von den Sechsundsechzig bis zur Stunde knapp die Hälfte! Und es soll ja bei unserer Stammtruppe nicht bleiben, vielmehr ist geplant, zunächst einmal hundert neue Delphine zur Ausbildung zu schicken.«
»Ich habe mir das durch den Kopf gehen lassen, Steve«, sagte am Abend Dr. Clark zu Rawlings. »Wichtiger, als die Delphine zu trainieren, ist es, neue Mitarbeiter anzulernen. Unser Team von zwölf Mann schafft das nie, zumal ja Helen für San Diego ausfällt. – Ist das übrigens sicher, daß sie nicht mitkommt?«
»Sie muß ausfallen, David. An dich wird sich keiner ranmachen, aber Helen ist immer gefährdet.« Rawlings hob die Schultern. »Was soll ich tun? Natürlich brauchen wir neue Mitarbeiter, ich habe schon im ganzen Land an die Zoos, Aquarien, Universitäten und Delphinarien Anfragen geschickt. Es gibt da drei Kollegen, die man hoch lobt, und wir werden uns natürlich jeden Bewerber ansehen, wir alle, denn sie kommen ja in unser Team, aber …«
»Du redest verzweifelt darum herum, Steve«, sagte Clark hart. »Helen ist ein Verlust für die Arbeit, den wir so schnell nicht aufholen werden, vielleicht nie aufholen können! Sie ist bei den Delphinen einfach unschlagbar. Wenn sie mit ihnen im Wasser ist, gehört sie dazu. Helen ist ein Phänomen. Können wir es uns leisten, darauf zu verzichten?«
»Auch verliebt in Helen wie Finley?« fragte Rawlings mit schiefem Grinsen.
»Nein! Wieso?«
»Fast mit den gleichen Worten löchert mich James seit Tagen. Es hört sich so an, als würde San Diego ohne Helen eine komplette Pleite.«
»Die könnte es werden. Denk an Johns Streik, als man ihn von Helen wegzog. Und es wurde ganz schlimm, als Helen ihn beschimpfte. Nur Finley war in der Lage, mit John wieder in Kontakt zu kommen.«
Rawlings hob hilflos die Schultern. »David Abraham, ihr alle wollt, daß Helen mitkommt …«
»Ja, Steve. Und wir alle passen auf sie auf!«
»Dann müßt ihr euch verkleinern und als Medaillon um ihren Hals hängen. Seid doch vernünftig! Denkt doch mal klar. Helen ist eine Frau und wird sich früher oder später wieder in einen Mann verlieben. Ihr könnt doch nicht jeden Mann an Helens Seite umlegen.«
»Wie meinst du das, Steve?« fragte Clark, plötzlich sehr steif.
»Nur eine Redensart, Abraham.« Rawlings lachte etwas rauh. »Ein dämlicher Witz. Die Fishers laufen nicht reihenweise herum …«
Das große Bassin lag im Mondschein, als Clark, von Rawlings kommend, abschwenkte und zur Übungsbrücke ging. Er hatte dort Finley sitzen sehen, allein und wie versunken. John, der Delphin, warnte sofort durch pfeifende Laute, als Clark noch ganze zehn Meter entfernt war. Das Gehör des Delphins, sein ›Echolot‹ – Clarks Schritte
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