Unternehmen Delphin
Rawlings blickte Helen wieder an und schüttelte erneut den Kopf, als könne er die Tatsache, daß sie hier war, immer noch nicht begreifen. »Zieh dich an, Helen, ich präsentiere dich einfach Admiral Linkerton. Ich glaube, das ist das Beste.«
Es klärte sich an diesem Abend alles und besser, als Rawlings es erwartet hatte. Linkerton lachte über Helens Streich so sehr, daß er rote Augen bekam, und sagte dann: »Ich regle das, Miß Morero. Vor soviel Energie muß auch Bouwie kapitulieren!« Aber Rawlings flüsterte er später zu: »Was machen wir mit ihr, wenn das Bataillon ›Sea Lords‹ zum Einsatz verlegt wird? Da kann sie auf gar keinen Fall mit!«
»Vier Wochen sind noch lang, Sir.« Rawlings hob die Schultern. »Im Notfall muß sie mit.«
»Nach Wake?«
Nun war es heraus. Linkerton lächelte schief und legte Rawlings die Hand auf den Arm:
»Vergessen Sie es sofort wieder, Doktor. Und keinen Ton darüber. Bitte!«
Wake, dachte Rawlings später, als er allein in seinem noch leeren Haus auf der einsamen blauen Couch saß und nicht schlafen konnte. Die Wake-Insel – dieses Sandkorn im Nordpazifik. Die Navy-Basis, von der kaum jemand spricht, die kaum jemand kennt.
Was ist auf Wake los? Wieso ist diese Insel für die Delphine eine ›Front‹?
Am anderen Tag trafen die neuen Offiziere ein: Ein Commander Rick Norton, der ein zur Delphinstation umgebautes Spezialschiff befehligte. Captain Hugh Yenkins, der als Kommandeur das Bataillon ›Sea-Lords‹ übernehmen sollte. Und – wütend bis zur Zungenspitze – Admiral William Crown, der Chef von Wake. Er hatte schon in Honolulu bei Admiral Ronald Atkins getobt und begrüßte Linkerton mit dem Ausruf: »Wo sind sie, die ›Delphin-Idioten‹?«
Nach knapper, ziemlich steifer Begrüßung standen sie alle am Rande des riesigen Bassins und starrten auf die herumschnellenden, glänzenden, schönen Leiber. Finley ließ seine Signalpfeife trillern – sofort formierten sich die einzelnen Kompanien, schwammen hintereinander und paradierten dann, die Chefs an der Spitze, an den Offizieren vorbei. Linkerton, der das kannte, war begeistert.
»Bekomme ich jetzt Delphinflossen an meine Uniformjacke und an die Mütze einen Delphinschnabel?« knurrte Crown. »Linkerton, ich hatte lange Wochen Zeit, das zu überlegen: Man kann nicht von mir verlangen, daß ich diese Wassernixen kommandiere.«
»Denken Sie an den Film im Weißen Haus, William.«
»Da draußen auf Wake sieht die Wirklichkeit anders aus! Ich habe nie das Maul aufgemacht, auch wenn mir vieles dämlich erschien. Was wir da erproben, ist eine ungeheure Aufstockung unserer Schlagkraft zur See – aber keiner kann mir erzählen, daß wir dazu dressierte Fische brauchen!«
»Delphine, Sir«, warf Rawlings ein. »Säugetiere, wie wir …«
»Jetzt fängt der wieder damit an!« rief Crown entsetzt. Er blickte zu Commander Norton und Captain Yenkins und erkannte ihre Ratlosigkeit. »Nun, meine Herren, wie gefallen Ihnen Ihre neuen Kameraden? Wird schwer sein, ihnen Skat oder Black Jack beizubringen.«
»Ich habe nur die Aufgabe, sie zu transportieren und zu ernähren, Sir«, antwortete Norton kühl. »Ein absonderliches Kommando, aber immerhin ein Kommando.«
»Man muß sich daran gewöhnen«, meinte Captain Yenkins. »Eine Kompanie Ledernacken wäre mir natürlich lieber.«
»Wie dem auch sei – wir werden unser Bestes tun!« Admiral Crown hob grüßend die Hand zur Mütze, weil Ronny, der Chef der I. Kompanie, vor ihm aus dem Wasser stieg und pfiff. »Was sagt er?«
»Aye-aye, Sir«, meinte Finley.
»Gehen wir!« Crown wandte sich brüsk ab. »So weit ist es mit mir gekommen, daß ich einen Delphinzirkus veranstalte; wehe, meine Herren, wenn ich mal meine Memoiren schreibe. Da ziehe ich vom Leder …«
Allein zurück am Bassin blieb nur ein Sergeant und blickte still versunken auf die Delphine, deren Kompanieformationen sich jetzt auflösten. Helen, die ihn schon länger beobachtet hatte, trat zu ihm.
»Was denken Sie jetzt, Sergeant?« fragte sie.
»Ich heiße Ted Farrow … Miß Doktor, das sind herrliche Burschen!«
»Das sind sie, Ted.«
»Wird eine Freude sein, mit ihnen zu arbeiten.«
»Dann sind Sie hier der einzige Mariner, der so denkt.«
»Wissen Sie, ich bin ein Tiernarr«, sagte Farrow sehr ernst. »Und ich weiß, daß jedes Tier eine Seele besitzt. Wir Menschen wollen das bloß nicht wahrhaben. Auch die Delphine da haben eine Seele …«
»Wenn Sie so denken, Ted, ist viel
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