Unternehmen Grüne Hölle
Knallmüller schwieg. Nach einer
Weile öffnete er den Mund.
„Willst du mich nachträglich noch
verpfeifen?“
„Der Typ bin ich nicht. Hat sich das
noch nicht rumgesprochen? Jetzt entsinne ich mich. Das Schaufenster gehört zu
einem Tabakwarenladen. Hattest wohl nichts mehr zu rauchen?“
Djangos linke Hand tastete zum rechten
Unterarm. Offenbar begann die Schnittwunde wieder zu schmerzen. Er antwortete
nicht. Aber seine verkrampfte Miene verriet genug. Tims Vermutung hatte ins
Schwarze getroffen.
Lächelnd trat Tim zur Längswand der
Bude.
Dort waren die Schußwaffen dekoriert.
Stahl glänzte im Lampenlicht. Aus der Nähe roch er das Öl.
„Ich möchte was ausleihen, Django. Du
hast nichts dagegen, wie?“
„Was?“ plärrte der Zigarettendieb.
„Leihen? Von meinen Sachen? Das geht nicht.“
„Wieso nicht?“
„Jedes Modell ist wertvoll. Ich
verleihe grundsätzlich nicht. Selbst wenn mich der Direx bittet — müßte ich
nein sagen.“
„Du mußt gar nichts. Du mußt allenfalls
deinen Geiz überwinden. Außerdem bin ich nicht der Direx. Ich nehme die kleine
Maschinenpistole dort. Und den großen Revolver. Soll ich sie selbst abnehmen?
Oder packst du mir die Knallerbsen ein? Das heißt, sie knallen ja gar nicht.
Sind nur taube Nüsse. Wie du und deinesgleichen.“
Django schluckte. „Eines Tages kriegst
du mal schrecklichen Ärger.“
„Eines Tages? Den habe ich doch
täglich. Weil ich mich überall einmische. Du hältst dich überall raus, weil du
Bleischrot im Hintern hast und Pulverdampf im Gehirn. Detlef Django Knallmüller
sammelt diesen Schrott und schlägt nachts Schaufenster ein. Was ist nun? Ich
habe nicht ewig Zeit. Vielleicht rührst du dich bald.“
Django kochte vor Wut. Aber er wagte
nicht, sich zu widersetzen.
Tim steckte die beiden Attrappen (Nachbildungen
für Ausstellungszwecke) unter seinen Pullover und schob ab.
Das ADLERNEST war leer. Er warf die
Waffen auf sein Bett.
Als er die Turnschuhe abstreifte,
stürmte Klößchen herein. In jeder Hand hielt er ein graues Gebilde aus
tropfnasser Wolle.
„Tim, wir müssen die Heizung höher
schalten. Damit sie noch trocknen.“
„Damit was trocknet?“
„Unsere Sturmhauben. Ich habe sie
gewaschen. Mit Seife. Seit wir sie das letzte Mal benutzt haben, liegen sie rum.
Voller Staub und Dreck. So geht das nicht, habe ich mir gesagt.“
„So geht was nicht?“
„Der Überfall. Wir müssen durch und
durch glaubwürdig sein. Dazu gehören nicht nur die Waffen — ah, da sind sie ja
— dazu gehört auch das andere Zubehör. Handschuhe. Und die Wollmützen, die nur
Augen und Nase frei lassen — eben unsere Sturmhauben.“
Er quetschte sich durch die drangvolle
Enge der Winzig-Bude und hängte die Sturmhauben über die Zentralheizung.
„Mann, Willi! Das wäre nun wirklich
nicht nötig gewesen. Um einen Raubüberfall zu machen, muß man sich nicht vorher
die Füße waschen. Es ist auch wurscht, ob du beim Frisör warst und mit
geputzten Zähnen kommst. Drohend mußt du wirken. Einschüchtern. Das erreichst
du mit deiner Haltung. Mit deiner Stimme. Und mit dem, was du sagst. Aber,
bitte, fang jetzt nicht an zu üben! Morgen genügt es, wenn du mit deiner
Maschinenpistole fuchtelst.“
„Die kriege ich?“
Tim nickte.
„Stark.“
Klößchen nahm die MP in die Hand.
Nachdem er festgestellt hatte, was hinten und vorn war, legte er an und machte
ein böses Gesicht.
„Rrrrrrr... rat-tatatatat…“ schoß er in
die Gegend und steigerte seine Miene zur furchteinflößenden Grimasse.
„Hätte nicht gedacht, Tim, daß Django
die Dinger rausrückt. An denen hängt doch sein Herz, und niemand darf sie
anfassen.“
„Ich bin diplomatisch ( schlau-berechnend )
vorgegangen. Wenn ich will, beherrsche ich auch das — und nicht nur die
Holzhammermethode.“
„Ist mir neu.“
„Hast du die Sturmhauben heiß
gewaschen?“
„Klar. Mit kaltem Wasser geht der Dreck
nicht raus.“
„Wie heiß?“
„Na, sehr. So daß ich gerade noch
reinfassen konnte. Warum fragst du?“
„Soviel ich weiß, darf diese Wolle nur
mäßig warm gewaschen werden. Sonst läuft sie ein, und unsere Sturmhauben passen
nur noch auf Puppenköpfe.“
„Au Backe! Dann spüle ich sie schnell
noch mal mit kaltem Wasser.“
Klößchen sprach’s, griff sie sich und
flitzte hinaus.
6. Ein unglaublicher ,Zufall 4
Es regnete. Ein grauer Herbsthimmel
drückte auf die Stadt.
Seit neun Uhr befand sich Johanna im
Juweliergeschäft Kantschliff — wie
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