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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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mit jedem Mal zwar näher an die Felswand herankam, gleichzeitig aber auch weiter hinaus, so daß er für jemanden sichtbar wurde, der vielleicht dort oben stand und hinunterblickte.
    »Orca, Trident an Orca, ich habe gerade eine Dummheit gemacht. Siehst du etwas? Siehst du jemand da oben?«
    »Ich sehe dich. Das Schaukeln scheint dir Spaß zu machen, aber haben wir wirklich Zeit für so was? Ich sehe Leute da oben. Sie rennen herum und brüllen in ihre Funkgeräte, aber es steht niemand am Geländer.«
    »Danke«, stöhnte Carl und prallte dann heftig gegen die Felswand, wo er seine Sicherheitsleine ergriff. Dann ließ er den Teil des Seils los, das er als Liane benutzt hatte, hielt das andere fest und rutschte so noch einige Meter hinunter, bevor er mit einem brennenden Ruck an den Unterarmen innehielt. Die Leine über ihm tanzte jetzt durch alle Ösen und fiel an ihm vorbei. Er wechselte erneut das Seil und ließ sich das letzte Stück hinab.
    Luigi sagte nichts, da er voll damit beschäftigt war, dem aufgeregten Funkverkehr des Feindes zu lauschen, während er die Transportsäcke vollpackte und auch die Taucheranzüge hineinstopfte. Carl zog die Leine herunter, rollte sie auf und warf sie in einen der Säcke; die Karabinerhaken bildeten jetzt eine Perlenschnur an der Felswand, die aber erst zehn Meter über dem Sandstrand begann und kurz vor dem Felsvorsprung dort oben endete; es war wenig wahrscheinlich, daß der Feind sie sofort entdecken würde.
    Carl und Luigi nahmen die Riemen und Geschirre ab und streiften sich die Sauerstoffausrüstung direkt über die Tarnuniformen. Dann schleiften sie die Säcke ins Wasser. Bevor sie tauchten, fragte Carl Luigi nach der Lage. Jetzt war das Funkgerät ja verstaut. Luigi gab ihm nur durch Zeichen zu verstehen, daß es dort oben zugehe wie in einem Hühnerhaus, aber nichts deute darauf hin, daß man sie entdeckt habe.
    Dann wurden sie von der kühlen Dunkelheit verschluckt.
    Jetzt erst begann Carl die Schmerzen in der rechten Armbeuge und an den Unterarmen zu spüren. Wahrscheinlich hatte er zahlreiche blaue Flecken bekommen, und eventuell waren auch Spuren des Seils zu sehen. Er würde in der nächsten Zeit Hemden mit langen Ärmeln tragen müssen.

8
    Samuel Ulfsson brachte es nicht über sich, wütend zu werden, obwohl es eine Reihe von Gründen dafür gab. Doch dafür war die Situation viel zu ernst.
    Er las den Bericht des in Rom und anderen Hauptstädten akkreditierten Militärattachés jetzt schon zum zweiten Mal. Es war ein zum Teil beißender Text. Nils Gustaf Sandgren hatte keine sonderlich angenehme Erinnerung an die Begegnung mit Carl Hamilton in Palermo. Am meisten schien ihn jedoch zu irritieren, daß man ihn nach Hause geschickt habe wie irgendeinen Subalternen, und so habe man ihn davon abgehalten, Palermo zur Nachtzeit zu genießen, »wo es vermutlich kühler gewesen wäre«.
    Samuel Ulfsson seufzte. Alle ironischen Zitate »sogenannter Gefahr« und »angebliche Sicherheitsgründe« standen in einem sehr eigentümlichen Gegensatz zu der schlichten Tatsache, daß Nils Gustaf Sandgren entführt worden war, nachdem er seinen Bericht abgeschickt und das Botschaftsgelände in Rom verlassen hatte.
    Überdies war er bei der Entführung mit einer Schutzwache zusammengewesen, der sogenannten Sicherheitspolizei. Hier waren ironische Anführungszeichen eher angebracht. Der einzige Schwede, der in Rom entführt worden war, seitdem die Säpo dort ihre Schutzfunktion übernommen hatte, war also genau der Mann, der sich unter Bewachung befunden hatte, und niemand sonst.
    Samuel Ulfsson hatte einen der Bosse unten im Affenhaus auf Kungsholmen angerufen, wie der Sicherheitsdienst des Reiches vom Nachrichtendienst gemeinhin genannt wurde. Es wäre vollkommen sinnlos gewesen, deswegen Krach zu schlagen oder auch nur den Versuch zu machen, so etwas wie eine Erklärung einzuholen. Es schien sich jedenfalls in der Hauptsache um gewerkschaftliche Erklärungen zu handeln. Denn der Beamte, der an der Reihe gewesen war, ins Ausland zu reisen, hatte das Verdienst, daß er als einziger noch nicht zu einem solchen Auftrag abkommandiert worden war. Der Gewerkschaft zufolge war es eine Frage der Gerechtigkeit gewesen. Ja, solche Rücksichten seien ab und zu nötig, erfuhr Samuel. Rein operativ wäre es vielleicht besser gewesen, einen etwas geschickteren Mann zu entsenden, doch darauf hätte sich die Gewerkschaft nie eingelassen. Immerhin war er mit dem Leben davongekommen, mochten die

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