Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
die Hüften aus dem Badezimmer.
    »Hast du schon gesehen, daß das Wasser in diesem Hotel tödlich giftig ist?«, sagte Carl heiter. Er schien plötzlich sehr viel bessere Laune zu haben als an den letzten Tagen.
    »Wieso tödlich giftig?« fragte Joar zweifelnd.
    »Na ja, dieses Schildchen am Badezimmerspiegel. Hast du nicht auch so eins?«
    »Nein, ich bin noch nicht im Bad gewesen«, erwiderte Joar. Er ging in Carls Badezimmer, um sich mit eigenen Augen davon zu überzeugen, was es mit der unwahrscheinlichen Vermutung auf sich hatte. Tatsächlich befand sich am Badezimmerspiegel ein deutlich sichtbares Schildchen, auf dem ein Wasserhahn mit zwei gekreuzten roten Strichen zu sehen war. Darunter ein Text, der nichts anderes bedeuten konnte, als daß das Wasser ungenießbar war.
    »Wahrscheinlich gehören der Mafia die Mineralwasserfabriken der Stadt«, knurrte Joar, als er zu Carl zurückkehrte. Dieser hatte soeben selbst festgestellt, daß der Kühlschrank leer war.
    Es klopfte an der Tür. Ein Kellner erschien mit einem silbernen Tablett und einer einzigen Coca-Cola-Flasche. Es war außerdem die kleinste Coca-Cola-Flasche, die sie je gesehen hatten.
    Joar nahm das Fläschchen lachend in die Hand und gestikulierte wiederholt. Immer wieder sagte er grande, was in San Diego ohne weiteres funktioniert hätte. Hier bekamen sie jedoch nur wie erwartet einen Wortschwall zur Antwort, der darauf hinauszulaufen schien, größere Coca-Cola-Flaschen gebe es nicht.
    »Una dos tres quatro cinco Coca-Cola, por favor«, versuchte Joar, jedoch ohne jede Wirkung. Er hielt fünf Finger hoch, zeigte auf die Coca-Cola-Flasche und machte gleichzeitig bittende Gesten. Er faltete die Hände, zeigte auf den Hals, um auf seinen Durst aufmerksam zu machen, zeigte auf das Tablett mit der einsamen Piccola-Flasche, und schließlich klappte es. Der Kellner schüttelte den Kopf, nahm sein Tablett und verschwand. Joar überreichte Carl die kleine Miniflasche als Siegestrophäe. Dieser leerte den Inhalt mit zwei Schlucken.
    »Wir müssen wirklich hoffen, daß die Gangster sich einen Dolmetscher leisten«, sagte Carl und wischte sich den Mund.
    »Wir sind ein bißchen gehandikapt, findest du nicht auch?«
    »Ja. Wenn es schon so schwer ist, eine Coca-Cola zu bestellen, wie soll es dann mit den Verhandlungen wegen der Geiseln werden? Wir finden uns in der Stadt nicht zurecht, können uns mit einem Wagen nicht bewegen und vermutlich auch gar nicht durchfragen. Was tun wir hier eigentlich?«
    »Wir fangen damit an, daß wir die Umgebung des Hotels erkunden. Wir gehen raus und zeigen uns in der Stadt.«
    »Also Flagge zeigen?«
    »Ungefähr so. Zieh dir etwas an, was der Temperatur entspricht, aber keine engsitzende Kleidung.«
    Joar runzelte die Stirn und wollte sich gerade genauer nach der gewünschten Kleidung erkundigen, als der Kellner mit fünf Coca-Cola-Fläschchen zurückkehrte. Sie mußten ihr Gespräch eine Weile unterbrechen, um mit Hilfe neuer, mehr oder weniger intelligenter Zeichen den Versuch zu machen, Erfrischungsgetränke und Mineralwasser für beide Zimmer zu bestellen. Sie zeigten auf den leeren Kühlschrank, auf den Wasserhahn im Bad und derlei. Joar bezahlte mit einem Zehntausend-Lire-Schein. Dieses Zeichen schien als Erklärung am besten geeignet zu sein.
    »Was hast du vorhin gesagt? Keine engsitzende Kleidung?« wollte Joar wissen, als der Kellner gegangen war und sie nicht mehr über ihre albernen Zeichen lachen konnten.
    »Also«, sagte Carl, der schon mit dem Ankleiden begonnen hatte, um an sich selbst zu zeigen, was er meinte. »Wir müssen wie Schweden aussehen, aber nicht wie Sportler oder Polizisten. Stell dir das Gegenteil von Stålhandske im T-Shirt mit dem SEAL-Emblem vor, etwa so. Wir sollten wie das genaue Gegenteil aussehen.«
    »Dem Feind soll klar sein, daß wir Schweden sind, aber er soll keine Ahnung davon haben, wer wir wirklich sind?«
    »Ungefähr so habe ich es mir gedacht«, erwiderte Carl. Er hielt ein weiches, weites Baumwollsweatshirt mit Kragen und halblangen Ärmeln hoch.
    Die Abenddämmerung war schon angebrochen, aber es war immer noch mehr als dreißig Grad heiß, als sie auf die Straße traten. Schon nach wenigen Minuten Spaziergang begannen sie zu schwitzen.
    Der Verkehr war nicht mehr so dicht wie während der morgendlichen Rush hour, in der sie angekommen waren. Sie gingen um das Hotel herum und stellten fest, daß es nur einen Hintereingang gab. Eine Warenannahme, wie sie vermuteten. Sie

Weitere Kostenlose Bücher