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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Wahrscheinlichkeit gefesselt und wurden gerade von Vorstellungen von ihrem Tod heimgesucht. Und hier auf dem Hotelbett lag der Landsmann, der sie auf dem Verhandlungsweg wieder ins Leben zurückholen sollte, und bedauerte sich selbst. Und das nur aufgrund seiner verfluchten Treulosigkeit und seiner Unfähigkeit, in seinem Privatleben ein paar selbstverständliche Dinge zu tun und aufzuräumen.
    Das Telefon läutete erneut. Als er resignierend gleich wieder zu versichern suchte, er spreche nur englisch, wurde er in schnellem, flüssigem Englisch mit deutlichem amerikanischem Akzent angesprochen. Er richtete sich schnell im Bett auf, als nähme er Haltung an. Es war nämlich Oberst Da Piemonte höchstpersönlich, der diesmal anrief. Der Oberst schlug ein Essen um zehn Uhr abends vor, und Carl sah sich genötigt zu fragen, ob er tatsächlich richtig gehört habe. Aber ja. Zehn Uhr, nach dem Ende des Arbeitstages also, und zwar in der Residenz. Ein Wagen werde die beiden schwedischen Gäste abholen, jedoch nicht vor dem Hotel, sondern beim Taxistand oben auf der Piazza Verdi, nicht weit vom Hotel. Der Wagen werde exakt elf Minuten vor zehn eintreffen, und das Kennzeichen werde die Zahl dreizehn enthalten. Die Gäste sollten auf dem Weg zum Treffpunkt einige Vorsichtsmaßnahmen treffen.
    »Haben Sie das alles verstanden?«
    Carl wiederholte schnell die Anweisungen. Diese Sicherheitsroutine munterte ihn merklich auf, während er auf seinem Stadtplan von Palermo nach der Piazza Verdi suchte. Als er den Treffpunkt entdeckt hatte, fragte er, ob der Taxistand am Nord oder Südende der Piazza liege, und erhielt die Antwort, es gebe nur einen Taxistand, und der liege am Nordende neben einem Zeitungskiosk. Nach ein paar schnell heruntergeleierten Höflichkeitsfloskeln wurde das Gespräch beendet.
    Als Carl den Hörer auflegte, fühlte er sich überraschend gut gelaunt und begann mit frischer Energie, seine Sachen auszupacken und in den Kleiderschrank zu hängen. Dann zog er sich aus, wühlte ein paar Turnhosen hervor und widmete die folgenden Stunden seinem Körpertraining. Sehne für Sehne und Muskel für Muskel. Es gab ein sehr gut durchdachtes Programm für Orte ohne Geräte wie etwa Hotelzimmer und Gefängniszellen.
    Joar hatte damit begonnen, mehrere Bücher parallel zu lesen, und hatte inzwischen einige Notizblockseiten mit Anmerkungen gefüllt. Was das taktische Auftreten des Feindes betraf, hatte er das Gefühl, die wesentlichen Punkte erarbeitet zu haben. Die Mafia trat brutal und oft sinnlos grausam auf, hatte jedoch in technischer Hinsicht nicht viel zu bieten.
    Die Voraussetzung der meist sehr einfachen Verfahrensweise war jedoch die Tatsache, daß das Risiko, erwischt zu werden, fast gleich Null war.
    So betraten Mafiamörder beispielsweise oft ein Restaurant, zogen ein paar Automatikwaffen hervor und schossen ein paar Magazine auf den oder diejenigen leer, um die es im Augenblick ging. Anschließend sagten die Männer nur Guten Abend und spazierten davon.
    Was daran lag, daß die Augenzeugen alles Mögliche sein wollten, nur nicht Augenzeugen. Diese Urangst schien ebenso ein Bestandteil der Kultur zu sein wie die rationalere Überzeugung, daß Augenzeugen meist nicht mehr lange überlebten.
    Und wenn jemand tatsächlich darauf beharrte auszusagen und außerdem bis zum Prozeß am Leben blieb, hatte er trotzdem nicht viel davon. Neunzig Prozent derjenigen nämlich, die vor Gericht gestellt wurden und wegen Verbindung zum organisierten Verbrechen angeklagt wurden, wie der Begriff lautete, wurden freigesprochen. Die Freisprüche wurden meist mit irgendwelchen Formalien begründet. Beispielsweise hieß es oft, Vernehmungsprotokolle seien nicht vorschriftsmäßig geführt worden. Und in den seltenen Fällen, in denen Mafiamitglieder dennoch verurteilt wurden, blieb ihnen der Gefängnisaufenthalt meist unter Hinweis auf medizinische Gründe erspart. Der Gesundheitszustand der Mafiamitglieder schien äußerst besorgniserregend zu sein, denn verurteilte Mafiaführer konnten ausnahmslos ganze Bündel ärztlicher Zeugnisse vorlegen, in denen versichert wurde, daß sie sterben müßten, wenn sie sich nicht am Meer aufhielten, daß sie verrückt würden, wenn sie in einer Zelle sitzen müßten, oder daß es unabdingbar sei, daß sie jeden Tag ihren Wein trinken und den freien Himmel sehen könnten. Und nach etwa einem Jahr eines solchen Gefängnisaufenthalts, der manchmal in Form eines Hausarrests in einer Villa am Meer

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