Unterwegs in der Weltgeschichte
vorgetragenen BuÃansinnen nicht verschlieÃen konnte. Am 27. Januar 1077 entlieà er Heinrich IV. aus dem Kirchenbann und hob die Exkommunikation auf.
Wie ist dieser Gang nach Canossa, der sich in unserem Sprachgebrauch immer noch als Inbegriff für demütigende oder beschwerliche Bittgänge wiederfindet, zu bewerten?
»The Winner Takes It All« galt für dieses Szenario jedenfalls nicht. Beide Seiten interpretierten die Angelegenheit auf ihre Weise: Für die Kirche war es der groÃartigste Machtbeweis, den je ein Kirchenfürst zustande gebracht hatte. Anders die Chronisten von Heinrich, der weitgehend wieder im Besitz seiner Handlungsfähigkeit war: Sie stellten das Ganze als einen genialen Schachzug ihres Monarchen dar, der dem Königshaus der Salier das Ãberleben sicherte.
Wie auch immer: Heinrich kehrte nach Deutschland zurück und erwartete die ihm zugesagte Unterstützung durch die Fürsten. Doch die hatten eigene Pläne und Rudolf von Rheinfelden inzwischen zum Gegenkönig ernannt. Er sollte in den nächsten Jahren Heinrichs gefährlichster Gegner werden, und es kam zu diversen kriegerischen ZusammenstöÃen zwischen den feindlichen Lagern, die aber keine Klarheit brachten. Auch Papst Gregor blieb in der Königsfrage unentschieden und hoffte auf eine Vereinbarung der Fürsten, die aber nie zustande kam. Erst am 7. März 1080 auf der »Fastensynode« gab Papst Gregor VII. seine abwartende Haltung auf, sprach erneut eine Bannung über Heinrich aus und erklärte Rudolf zum rechtmäÃigen König. Hatte die erste Exkommunikation 1076 das königliche Lager auseinanderbrechen lassen, bewirkte der erneute Bann das Gegenteil. Durch königstreue Bischöfe unterstützt, lieà Heinrich im Juni 1080 auf der Synode in Brixen ein kanonisches Verfahren gegen Gregor einleiten und auÃerdem einen Gegenpapst wählen. Sein Name war Wigbert, seit 1072 Erzbischof von Ravenna, der sich nun Clemens III. nannte.
Zu Heinrichs Gunsten entwickelten sich auch die Geschehnisse im Oktober 1080. Bei einer neuerlichen Schlacht gegen Rudolf von Rheinfelden an der WeiÃen Elster in Thüringen wurde dieser tödlich verletzt. Zwar war der Widerstand der Fürsten damit noch nicht ganz gebrochen, aber Heinrich ging nun sein Ziel, Kaiser zu werden, aggressiver an. Trotzdem brauchte er noch einige Jahre und zwei kriegerische Anläufe, um Rom zu besetzen und sich und seiner Gemahlin Bertha am Ostersonntag 1084 von Clemens III ., der ebenfalls inthronisiert wurde, die Kaiserkrone aufsetzen zu lassen. Gregor VII. starb verbittert und zurückgezogen am 25. Mai 1085 in Salerno.
Wieder zu Hause, lieà Heinrich seinen Sohn Konrad 1087 in Aachen zum König krönen, um der salischen Dynastie die Nachfolge zu sichern. Was eigentlich gut gemeint war, stellte sich in den nächsten Jahren allerdings als Unglück heraus. Als Heinrich sich 1090 wieder einmal in Italien aufhielt, bildeten deutsche und italienische Fürsten eine Koalition und versperrten ihm die Rückkehr nach Deutschland. Völlig überraschend fiel im Frühjahr 1093 auch Konrad von ihm ab, und im Jahr darauf floh seine zweite Gemahlin Adelheid â Bertha war 1087 verstorben â in das Lager der italienischen Gegner. Konrad wurde in Mailand zum König von Italien gekrönt und nahm Kontakt zu Papst Urban II. auf, der ihm die Kaiserkrone in Aussicht stellte.
Heinrich war tief getroffen, ächtete Konrad und lieà seinen zweiten Sohn Heinrich in Aachen zum König wählen. Zwar erledigte sich die erste Vater-Sohn-Tragödie bald durch Konrads frühen Tod 1101, dafür nahm die zweite nun ihren Lauf: Es dauerte nicht lange, bis auch dieser Sohn, Heinrich V. , sich gegen seinen Vater stellte, ihn gefangen nahm und seine Abdankung erzwang (1105). Ein Jahr später starb Heinrich IV. im Alter von 55 Jahren in Lüttich. Seine letzte Ruhe fand er im Dom zu Speyer.
Einige Jahre mussten ins Land gehen, bis sich Heinrich V. und Papst Calixt II. 1119 endlich wegen der Investiturstreitigkeiten zu Verhandlungsgesprächen trafen. Das Ergebnis war das »Wormser Konkordat« von 1122, mit dem eine vorläufige Einigung erzielt wurde. Heinrich V. akzeptierte den kirchlichen Anspruch auf die Investitur der Bischöfe und Ãbte in ihr geistliches Amt. Sie wurden aber nach wie vor in ihre weltlichen Herrschaftsrechte vom Kaiser eingesetzt. Dieser Kompromiss beendete
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